DAZ Feuilleton

Ausstellung: Vulpiaden – alles über Füchse

In einer Sonderausstellung des Naturkundemuseums Leipzig sind bis zum 31. Oktober "Vulpiaden" aus der Privatsammlung Friedrich von Fuchs zu sehen. Es geht um den Fuchs als zoologische Spezies Vulpes vulpes und als Fabeltier sowie seine Darstellung in der Literatur und in Kunstwerken aus Porzellan, Elfenbein, Meerschaum, Glas und anderen Materialien.

Wer kennt ihn nicht, Reineke Fuchs: Ob als "Jäger" auf der Lauer, als blutrünstiger Hasenmörder oder frömmelnder Pilger im Büßergewand. Reue und Askese heuchelnd, versucht das hinterlistige Fabeltier, die Arglosigkeit und Naivität anderer Tiere zu seinem Vorteil auszunutzen. Mit dem Sieg über Isegrim, seinen ärgsten Widersacher, imponiert er schließlich allen Tieren in König Nobels Reich. Aufgrund seiner "Heldentat" wird Reineke sein umfangreiches Sündenregister verziehen und zum Happy End ernennt ihn der Löwe zum Reichskanzler.

Ein Rotfuchs im Familienwappen, das König Ludwig I. von Bayern 1826 einem seiner Vorfahren verlieh, regte Friedrich von Fuchs an, "Vulpiaden" zu sammeln. Seit 1967 fahndet der Kunsthandwerker aus dem nordhessischen Linden-Leihgestern nach themenrelevanten Büchern und Kunstgegenständen. Vor fünfzehn Jahren eröffnete er in seiner "Villa zum Fuchsbau" ein privates Museum, und 1996 wurde seine Sammlung im Guinness-Buch der Rekorde erwähnt. Mittlerweile umfasst die Sammlung über 2000 Objekte, von denen das Naturkundemuseum Leipzig eine Auswahl mit etwa 250 Exponaten zeigt.

Tiere mit menschlichen Schwächen

Die Geschichte von den "menschelnden" Tieren ist uralt, doch wohl bis heute aktuell geblieben – spiegelt sie doch die Gesellschaft mit all ihren Lastern und Schwächen wider. Kein Wunder, dass Autoren unterschiedlicher Epochen den Stoff immer wieder neu bearbeiteten. Mitte des zwölften Jahrhunderts schrieb Nivardus die lateinische Tierdichtung "Ysengrimus". Etwa fünfzig Jahre später entstand der altfranzösische "Roman de Renart", und kurz darauf verfasste Heinrich der Glichezare "Reinhart Fuchs".

1498 wurde – vermutlich aus der Feder eines Klerikers – das mittelniederdeutsche satirische "Reinke de Vos" als Bearbeitung des mittelniederländischen "Van den Vos Renaerde" gedruckt. Dank der Drucktechnik konnte das Thema nun in großen Auflagen unters Volk gebracht werden. Mitte des 18. Jahrhunderts bearbeitete Johann Christoph Gottsched die niederdeutsche Dichtung neu. Die Prosa des aus Königsberg stammenden Gelehrten und Schriftstellers regte dann Johann Wolfgang von Goethe an, sich mit der Fabel auseinander zu setzen: 1794 erschien sein Epos "Reineke Fuchs" mit 4312 Hexameter-Versen.

Kaulbach inspirierte die Kunsthandwerker

Friedrich von Fuchs hat über zweihundert literarische Kostbarkeiten über den Fuchs zusammengetragen. Highlights sind ein Faksimile-Druck des "Reinke de Vos" von 1498, eine Erstausgabe von Goethes "Reineke Fuchs" sowie eine weitere Ausgabe von 1846 mit Stahlstichen nach Vorlagen von Wilhelm von Kaulbach. Gerade dessen Illustrationen waren im 19. Jahrhundert immer wieder begehrte Motive für Kunsthandwerker. So gelang es Friedrich von Fuchs zum Beispiel, eine Kollektion Flaschenkorken aus der Zeit zwischen 1850 und 1860 zu erwerben. Die Elfenbeinskulpturen stellen Reineke Fuchs als Arzt sowie den König Nobel dar.

Weitere Kostbarkeiten in der Abteilung "Elfenbein" belegen, dass der Fuchs auch unabhängig von seinem vermenschlichten Charakterbild ein beliebtes Motiv war und heute noch ist. Spazierstockgriffe aus der Biedermeierzeit sind mit dem Kopf von Vulpes vulpes verziert. Ein Netsuke-Knopf für japanische Kimonos aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stellt eine sitzende Füchsin als Glückssymbol dar.

Füchse als Parfumflacons und Pillendosen

Sehr breit gefächert ist die Sammlung von Porzellanskulpturen, die Füchse größtenteils als geradezu "liebenswürdige" Tiere darstellen. Aus Bronze oder Zinn gegossene Füchse sind robust genug, um als Gebrauchsgegenstände genutzt zu werden. Etwa als Briefbeschwerer und Schreibgarnituren. Die Silberskulptur eines Fuchses mit Ente, in einer unbekannten ungarischen Werkstatt um 1840 hergestellt, ist eine Rarität: Der abnehmbare hohle Kopf diente einst als Pillendose. Kurios ist ein feuervergoldeter sitzender Fuchs aus Österreich um 1880, der mit einem Parfumflacon aus Rubinglas versehen wurde.

Als Fuchs (auch: Fux) bezeichnet man auch ein junges Mitglied einer Studentenverbindung in der Probephase; darauf spielt ein Verbindungsbecher an, der als Fuchskopf gestaltet ist. Weitere Kuriosa rund um Vulpes vulpes: ein Fuchsgesicht als venezianische Karnevalsmaske, ein Fuchskopf als alemannische Fastnachtsmaske um 1900, Füchse als Handpuppen, Türklopfer und Briefklammerhalterung. In kostbare Trinkgläser wurden Dekore mit Füchsen geschliffen. Auch einen mundgeblasenen Brautkrug aus Böhmen um 1850 ziert ein Fuchs mit Wildente im Fang.

Das Hobby "Vulpiaden" zu sammeln ist gar nicht so exotisch, wie es zunächst scheint: Friedrich von Fuchs ist Mitglied der Association Internationale de Renards, der fast achtzig Wissenschaftler und Sammler aus aller Welt angehören. Alle zwei Jahre veranstalten sie einen Kongress, auf dem sie die neuesten Erkenntnisse über Reineke Fuchs und sein Umfeld diskutieren. Abseits vom Fachsimpeln hat der Sammler dann auch Gelegenheit, nach neuen Objekten Ausschau zu halten.

Reinhard Wylegalla

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