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OTC-Preise: Apotheker reagieren richtig

BONN (im). Die Apothekerschaft hat sich richtig verhalten, als sie die freigegebenen Preise für OTC-Arzneimittel nicht absenkte, sondern stabil hielt und keine "Rabattitis" in Gang setzte. Die Forderung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt an die Pharmazeuten, im Wettbewerb auf günstige OTC-Preise zu setzen und Patienten bevorzugt auf billige Arzneimittel hinzuweisen, ist betriebswirtschaftlich gesehen unsinnig. So lautete die Reaktion von Dr. Andreas Kaapke vom Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln (IfH) auf ein Interview der DAZ mit Schmidt.

Darin hatte die Ministerin empfohlen, angesichts "hoher Preise" bei den nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die Kranken auf preiswerte Präparate zu verweisen, um sie so an die eigene Apotheke zu binden (s. DAZ Nr. 40/2004, S. 59). Zugleich hatte Ulla Schmidt die Befürchtung zurückgewiesen, durch Ramsch- und Sonderangebote könnte der Mehrverbrauch von Medikamenten gefördert werden. Kaapke erklärte, damit hätte Schmidt ihre eigene Argumentation ausgehebelt. Da sich der Umsatz mathematisch aus der Multiplikation von Preis und Menge ergibt, müsste der von einem Apotheker initiierte Preisverfall gleichwohl durch Mengenausweitung kompensiert werden, um denselben Umsatz zu erreichen.

Was bei Nutella und anderen Lebensmitteln aber gelinge – bei Sonderangeboten steigt die Nachfrage danach zu Lasten anderer Produkte – schlage bei Arzneimitteln fehl. Hier findet keine Substitution statt, sondern der Verbraucher kauft die Medikamente gegen aktuelle Beschwerden und nicht über seinen Bedarf hinaus.

Arznei als besondere Ware

Die "Preiselastizität", worunter der Mehrkauf als mögliche Reaktion der Kunden auf niedrige Preise zu verstehen ist, findet sich demnach nicht im Arzneimittelbereich, da der Patient Billigpreise nicht goutiert. Es gebe keine Signalpreise wie zum Beispiel bei Kaffee, das heißt, der Verbraucher hat bei Arzneimitteln keine Marktkenntnis, Medikamenten-Preise sind in aller Regel nicht im Gedächtnis gespeichert. Untersuchungen zufolge wussten Patienten direkt nach einem Kauf von OTC-Präparaten zwar den Namen und die Darreichungsform, aber nicht den Preis des gerade erstandenen Mittels.

Daher haben sich die Pharmazeuten mit ihren stabilen OTC-Preisen laut Kaapke betriebswirtschaftlich gesehen emanzipiert und richtig reagiert. Sie seien nicht der Versuchung erlegen, bei der jetzt freien Preisgestaltung der OTC-Präparate die Preise deutlich zu senken .

Wettbewerb nicht nur um Preise

Grundsätzlich hält der Ökonom die Reduktion des Wettbewerbs auf den Preis für falsch. Im Gesundheitswesen müsse es stattdessen einen dauerhaften Wettbewerb um heilberufliche Kompetenzen, Dienst- oder Zusatzleistungen sowie Beratungstätigkeiten geben, wie er im übrigen im Apothekensektor schon vorhanden sei. Lasse sich die Bundesgesundheitsministerin zu stark nur von Kostensenkungen leiten, so Kaapke, seien Qualitätsmängel unweigerlich die Folge.

Preiswettbewerb geht auch nach oben

Der Geschäftsführer des IfH wies auch darauf hin, dass Wettbewerb bei Preisen etwa von OTC-Arzneimitteln immer Abweichungen nach oben und nach unten bedeutet. Ulla Schmidt dagegen verbindet mehr Konkurrenz auf diesem Gebiet nur mit sinkenden Preisen. Grundsätzlich empfiehlt Ökonom Kaapke auf die "Preiswürdigkeit" bei Strategien zu achten. Bei einem günstigen Preis-Leistungsverhältnis zahlt ein Verbraucher demnach auch einen mittleren bis hohen Preis, wenn er dafür eine Topleistung erhält. Darauf zu setzen sei sinnvoller als auf "Preisgünstigkeit" mit Billigstpreisen zu schielen.

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