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Vorwurf der Kassen: Ausweichreaktionen der Ärzte?

BERGISCH GLADBACH (im). Ärzte umgehen den gesetzlichen Leistungsausschluss für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, indem sie zunehmend verschreibungspflichtige Alternativen auf Rezept verordnen. Zu diesem Schluss kommt der Bundesverband der Innungskrankenkassen auf Grund einer Analyse von Arzneimittelverordnungsdaten des ersten Halbjahres 2004.

Es gebe Hinweise darauf, dass Ärzte bei gleicher Indikation nunmehr auf verschreibungspflichtige Mittel zurückgreifen: Insbesondere bei den Antiallergika wurden statt der bewährten nicht-verschreibungspflichtigen Standardarzneimittel gezielt verschreibungspflichtige Scheininnovationen verordnet, lautete der Vorwurf der Innungskrankenkassen in einer Pressemitteilung vom 28. September.

So werden seit Januar Präparate mit dem Wirkstoff Levocetirizin verstärkt verschrieben, die Anzahl der verordneten Tagesdosen habe sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdoppelt. Die Anzahl der verordneten Tagesdosen des Antiallergikums Desloratadin habe sich um 27 Prozent erhöht. Auch die Verordnungen für das Rheuma- und Schmerzmittel Dexibuprofen seien drastisch angestiegen, obwohl jahrelang bewährte und verträgliche Arzneimittel verfügbar seien. Dexibuprofen nennt der IKK-Bundesverband eine fragwürdige Scheininnovation.

Besonders problematisch sei die um 62 Prozent gestiegene Verordnungszahl einer Oxytetracyclin-Hustenlöser-Kombination. Diese Zusammensetzung aus Antibiotikum und einem pflanzlichen Schleimlöser stamme aus der Frühzeit der Antibiotikatherapie und habe zu Recht jahrelang ein Nischendasein in den Apotheken gefristet. Auch diese vom Pharmamarketing beworbene Kombination werde offenbar eingesetzt, um ein anderes, nicht mehr verordnungsfähiges Medikament desselben Herstellers zu ersetzen, vermuten die Kassen.

"Die Ärzte, die den Vermarktungsstrategien der Pharmaindustrie erliegen, handeln gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Außerdem ist die Verordnung von nicht bewährten oder veralteten Arzneimitteln, für die es etablierte Therapiealternativen gibt, nicht im Sinne des Patientenschutzes," sagte Rolf Stuppardt, Vorstandsvorsitzender des IKK-Bundesverbandes, in Bergisch Gladbach.

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