Arzneimittel und Therapie

Gichtarthritis: Etoricoxib schnell und lang wirksam

Mit Etoricoxib (Arcoxia®) wurde ein weiterer selektiver Cyclooxygenase-2-Hemmer in Deutschland zugelassen. Seit Mitte September ist er auf dem Markt. Etoricoxib kann bei Arthrose, rheumatoider Arthritis und – neu für einen COX-2- Hemmer Ų bei akuter Gichtarthritis eingesetzt werden. Die Wirkung setzt rasch ein und hält lange an.

"Schmerz entsteht im geschädigten entzündlichen Gewebe", vermutete man früher. Inzwischen weiß man, dass fast gleichzeitig mit der Reizung peripherer Schmerzrezeptoren auch die Empfindlichkeit im Rückenmark steigt. Die Cyclooxygenase-2 (COX-2) spielt nicht nur im peripheren Entzündungsgebiet, sondern vor allem bei der Schmerzweiterleitung im Hinterhorn des Rückenmarks eine wichtige Rolle.

Besonderheiten der neuen Substanz

Der neue COX-2-Hemmer Etoricoxib ist chemisch gesehen wie Rofecoxib ein Sulfon. Celecoxib, Valdecoxib und Parecoxib besitzen dagegen Sulfonamid-Struktur. Etoricoxib zeichnet sich durch die höchste COX-2-Selektivität aus. Nach oraler Einnahme wird Etoricoxib rasch und praktisch vollständig resorbiert. Bereits nach 0,5 bis 1 Stunden ist die maximale Plasmakonzentration erreicht. Etoricoxib wird vor allem durch CYP-3A4 in der Leber metabolisiert. Die Eliminationshalbwertszeit ist mit 20 bis 30 Stunden höher als die anderer COX-2-Hemmer. In Deutschland wurde Etoricoxib für folgende Indikationen in der angegebenen Maximaldosis zugelassen:

  • Arthrose: einmal täglich 60 mg
  • rheumatoide Arthritis: einmal täglich 90 mg
  • Gichtarthritis: einmal täglich 120 mg

Arthrose gehört zu den häufigsten Schmerzursachen in Europa. So gab in einer telefonischen Befragung ein Drittel von 4300 Schmerzpatienten Arthrose als Grund der Schmerzen an. Zwei Drittel von ihnen bewerteten die Schmerzbelastung als kaum erträglich.
 

Etoricoxib

Etoricoxib bei aktivierter Arthrose

Etoricoxib wurde bei Arthrosepatienten in mehreren klinischen Studien mit so genanntem Flare-Design geprüft (flare = Flackern, heftige Reaktion, Schmerzzunahme): Die Patienten hatten in einer Auswaschphase alle nicht-steroidalen Antiphlogistika abgesetzt. Hierdurch wurde die Arthrose aktiviert; sie litten an starken Schmerzen, die auf einer visuellen Analogskala von 0 (kein Schmerz) bis 100 mm (starke Schmerzen) durchschnittlich 60 bis 70 mm erreichten.

In einer zweiteiligen randomisierten Doppelblindstudie wurde Etoricoxib an 617 Erwachsenen mit Kniegelenksarthrose geprüft. In der 6-wöchigen plazebokontrollierten Phase nahmen die Patienten einmal täglich Plazebo oder Etoricoxib in einer der Dosierungen 5, 10, 30, 60 und 90 mg ein. Anschließend wurden die drei höchsten Etoricoxib-Dosierungen acht Wochen lang mit dem nicht-steroidalen Antiphlogistikum Diclofenac, dreimal täglich 50 mg, verglichen. Ein Teil der Patienten wurde insgesamt 52 Wochen behandelt.

Primäre Endpunkte der Wirksamkeit waren die Schmerzlinderung gemäß WOMAC-Schmerzsubskala (WOMAC = Western Ontario and McMasters Universities Osteoarthritis Index), die globale Bewertung des Therapieansprechens durch den Patienten und die globale Bewertung des Erkrankungsstatus durch den Prüfarzt. In der plazebokontrollierten Phase erwies sich 60 mg Etoricoxib als maximal wirksam.

In der aktiv kontrollierten Phase war einmal täglich 60 mg Etoricoxib ebenso wirksam wie dreimal täglich 50 mg Diclofenac. In einer Studie an 516 Arthrosepatienten schätzten bereits vier Stunden nach der ersten Einnahme deutlich mehr Patienten mit einmal täglich 60 mg Etoricoxib das Therapieansprechen als gut oder exzellent ein als Patienten mit dreimal täglich 50 mg Diclofenac (32% gegenüber 19%).

Wirksamkeit bei rheumatoider Arthritis

Bei rheumatoider Arthritis (chronischer Polyarthritis) sind viele Gelenke vom Entzündungsschmerz betroffen. Einmal täglich 90 mg Etoricoxib wurde in zwei 12-wöchigen Phase-III-Studien mit Plazebo und zweimal täglich 500 mg Naproxen verglichen (Randomisierungsverhältnis 2 : 2 : 1). Die primären Wirksamkeitsendpunkte (Zahl schmerzhafter Gelenke, Zahl geschwollener Gelenke, Beurteilung des Ansprechens durch Patient und Prüfarzt) besserten sich mit beiden aktiven Behandlungen gegenüber Plazebo. In der internationalen Studie war das Ansprechen auf Etoricoxib mit Naproxen vergleichbar, in der amerikanischen Studie überlegen (Abb. 1). Über Gründe für den Unterschied zwischen den Studienergebnissen, wie eine bessere Versorgungslage europäischer als amerikanischer Patienten mit DMARDs und Glucocorticoiden, kann nur spekuliert werden.
 

Abb. 1: Die Beurteilung der Schmerzen durch den Patienten ist uneinheitlich: In einer internationalen Studie war das Ansprechen auf Etoricoxib mit Naproxen 
vergleichbar, in einer amerikanischen Studie war Etoricoxib überlegen.


Extreme Schmerzen: Gichtanfall

Erstmals wurde ein COX-2-Hemmer bei akuter Gichtarthritis geprüft. Die akute Gichtarthritis, die sich als 8 bis 14 Tage dauernder Gichtanfall äußert, zeichnet sich durch eine starke Entzündung und extreme Schmerzen aus. Meist ist das Großzehengrundgelenk betroffen, und der Patient kann nicht einmal eine Bettdecke auf dem Fuß ertragen. Bisher wurde der akute Gichtanfall mit Colchicin, alternativ auch mit Indometacin oder bei gastrointestinaler Unverträglichkeit mit Glucocorticoiden und Morphin behandelt.

In zwei internationalen randomisierten Doppelblindstudien an Patienten mit akuten Gichtanfällen (n = 150 und n = 189) wurde einmal täglich 120 mg Etoricoxib mit dreimal täglich 50 mg Indometacin acht Tage lang verglichen. Die Schmerzen, die die Patienten auf der Likert-Skala beurteilten, nahmen unter beiden Medikationen vergleichbar ab. Vier Stunden nach der ersten Einnahme hatten rund 30% der Etoricoxib- und rund 20% der Indometacin-Patienten nur noch leichte oder gar keine Schmerzen. Nach fünf Behandlungstagen waren es rund 80%, nach acht Tagen fast 90% aller Patienten.

Zusammengefasst ergeben die Daten zur gastrointestinalen Sicherheit aus allen klinischen Etoricoxib-Studien im zeitlichen Verlauf eine Reduktion schwerwiegender gastrointestinaler Nebenwirkungen um 55% gegenüber nicht-selektiven nicht-steroidalen Antiphlogistika. Es gibt keinen Hinweis auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter Etoricoxib. Outcome-Studien, wie sie für Rofecoxib vorliegen, fehlen für Etoricoxib noch.

Susanne Wasielewski, Münster

Quelle

Prof. Dr. Dr. Kay Brune, Erlangen; Prof. Dr. Josef Zacher, Berlin; Prof. Dr. Henning Zeidler, Hannover: Pressekonferenz "Neue Therapieoptionen bei Gelenkerkrankungen", Düsseldorf, 10. September 2004, veranstaltet von der MSD Sharp & Dohme GmbH, Haar.

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