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BAH-Jahresversammlung: Auch der G-BA steht vor Herausforderungen

BERLIN (ks). Nicht nur die Arzneimittelhersteller haben in diesem Jahr mit den Folgen der Gesundheitsreform zu kämpfen – auch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) stellt das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vor Herausforderungen. Dies betonte der Vorsitzende des G-BA, Rainer Hess, bei der Jahresversammlung des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) am 22. September in Berlin.
Foto: DAZ/Sket
„Druck kommt auch aus der Politik“: G-BA-Vorsitzender Hess.

Der BAH-Vorsitzende Johannes Burges hatte in seiner Eröffnungsrede erklärt, das GMG habe im Arzneimittelbereich "so rigoros abkassiert", dass es hier im Ergebnis "nur Verlierer" gebe (siehe AZ Nr. 40/2004, S. 8). Auch der G-BA macht den Herstellern zu schaffen. Die BAH-Mitglieder trifft vor allem der Erstattungsausschluss rezeptfreier Arzneimittel – ihnen ist daher daran gelegen, dass der G-BA seine Ausnahmeliste für weiterhin zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähige OTC-Präparate erweitert.

Aber auch die Festbetragsgruppenbildung durch den G-BA wird vom BAH kritisiert. Der Verband hat daher verschiedene Aktivitäten gegen diese Vorgaben des GMG gestartet – unter anderem hat er eine Verfassungsbeschwerde gegen den prinzipiellen Ausschluss nicht-verschreibungspflichtiger Medikamente aus der GKV-Erstattung miterarbeitet.

Spannungen in alle Richtungen

Hess machte deutlich, dass auch der G-BA nicht spannungsfrei arbeite. Zweifellos bestehe zwischen Herstellern und Selbstverwaltung ein Spannungsverhältnis: "Noch nie hat ein Bundesausschuss so viele Kompetenzen gehabt, den Leistungskatalog einzuschränken", so Hess. Doch auch in der Beziehung des G-BA zur Politik und den Leistungsempfängern gebe es "massive Spannungen". So werde mit jeder Entscheidung der Druck auf den G-BA stärker, wenn die Politik mit dieser nicht einverstanden ist, erklärte der Ausschussvorsitzende. "Wenn es ans Eingemachte geht, tritt die Politik wieder auf den Plan." So geschehen bei der Chroniker- und Fahrtkosten-Regelung sowie der Ausnahmeliste für OTC-Präparate.

Hess wies darauf hin, dass der Gesetz- oder Verordnungsgeber die Entscheidungen des G-BA nicht selbst übernehmen könne: Viel zu lange würde der parlamentarische Entscheidungsprozess dauern, während flexibles und zeitnahes Handeln erforderlich sei. Was das Spannungsverhältnis zu den Leistungsempfängern betrifft, erläuterte Hess, dass dem G-BA etwa im Zusammenhang mit dem Erstattungsausschluss von rezeptfreien Arzneien immer wieder Einzelschicksale geschildert würden. Diese ließen den Ausschuss nicht unberührt – doch auf der anderen Seite habe der G-BA einen Gesetzesauftrag zu erfüllen.

So sieht Hess die Regelungskompetenz des G-BA z. B. überschritten, wenn es um die finanziellen Belastungen der Eltern 13- bis 17-jähriger Jugendlicher gehe. Man müsse in solchen Fällen fragen, ob die ökonomische Belastung ausreicht, um Änderungen vorzunehmen. Doch dies könne nur der Gesetzgeber selbst klären.

Einheitliche Entscheidungsgrundlagen geben Planungssicherheit

Hess erläuterte weiterhin, dass der G-BA gemeinsam mit dem Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit methodisch einheitliche Grundlagen für die Nutzenbewertung von Arzneimittel schaffen werde. Einer der ersten Aufträge, die das derzeit noch in der Errichtung befindliche Institut erhalten werde, "wird mit Sicherheit eine Nutzenbewertung sein", so der G-BA-Vorsitzende. In diesem Bereich müssten schnell Erfahrungen gesammelt werden.

Ein einheitliches Bewertungs- und Entscheidungskonzept wendet der G-BA auch bei den Festbeträgen, der OTC-Ausnahmeliste und den Leitlinien für Disease-Management-Programme an, erklärte Hess weiter. Nicht zuletzt wegen der Patientenvertreter, die seit diesem Jahr mit im Bundesausschuss sitzen, sei dies notwendig. Es sei aber auch im Interesse der Arzneimittelhersteller, wenn etwa bei den Festbetragsgruppenbeschlüssen stets die gleiche Entscheidungsgrundlage zitiert werde. Sollte wegen dieser ein Beschluss gerichtlich beanstandet werden, so gelte dies für auch für alle anderen Beschlüsse, betonte Hess. Dies gebe den Herstellern Planungssicherheit.

Änderungen in Planung

Eine Änderung der Entscheidungsgrundlagen wird schon bald stattfinden, kündigte Hess an. Im Oktober will der G-BA unter anderem festlegen, dass nicht nur Endpunktstudien, sondern auch Fachinformationen und Zulassungsunterlagen belegen können, dass ein Arzneimittel eine therapeutisch relevante Verbesserung ist. Dies ist etwa bei Arzneimitteln gegen seltene Krankheiten von Bedeutung. Zudem werde bei der OTC-Ausnahmeliste das Nebenwirkungsmanagement nochmals "gründlich überarbeitet", erklärte Hess. Dabei soll etwa das Wort "erheblich" anderen Kriterien weichen. Die bisherigen Beschlüsse des G-BA seien durch die vorgesehenen Änderungen jedoch nicht tangiert, unterstrich Hess.

Trotz all dieser Herausforderungen ist Hess zuversichtlich, dass der Ausschuss den Erwartungen gerecht werden wird: "Wir wollen beweisen, dass die Selbstverwaltung handlungsfähig ist".

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