Arzneimittel und Therapie

Studie: Kardiovaskuläres Risiko nach Nierentransplantation

2500 Menschen erhalten in Deutschland jedes Jahr eine "neue" Niere. Die meisten fürchten die direkten Folgen der Organtransplantation wie beispielsweise Abstoßungsreaktionen. Das größte Risiko aber sind kardiovaskuläre Erkrankungen. Die ALERT-Studie untersuchte, was Fluvastatin bei dieser Hochrisikogruppe leisten kann.

Etwa zwei Drittel der Patienten, die ein Nierentransplantat erhalten, sterben an Herzinfarkt oder Schlaganfall, 40 Prozent bereits innerhalb der ersten beiden Jahre nach Transplantation. Kardiovaskuläre Ereignisse gelten denn auch als das größte Risiko für Nierentransplantierte.

Schon vor dem Eingriff leiden die meisten Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz auch unter Hypertonie, Herzinsuffizienz oder koronarer Herzkrankheit (KHK). Nach einer Transplantation verstärken sich die Risikofaktoren. So liegt die Hochdruckrate bei bis zu 90 Prozent; eine KHK verläuft schneller und maligner.

Seltener kardiale Todesfälle

Die ALERT(Assessment of Locol in Renal Transplantation)-Studie untersuchte prospektiv, ob sich der HMG-CoA-Reduktasehemmer Fluvastatin (Locol®, Cranoc®) auch bei der Hochrisikogruppe der Transplantationspatienten günstig auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt.

2102 Patienten, die seit mindestens sechs Monaten mit einem Nierentransplantat lebten und das Immunsuppressivum Ciclosporin erhielten, wurden doppelblind und randomisiert mit 40 mg Fluvastatin pro Tag oder Plazebo behandelt. In der Folgezeit wurde die Statindosis auf täglich 80 mg erhöht. Das Follow-up lag zwischen fünf und sechs Jahren. Erhöhte Cholesterinwerte waren keine Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie. So lag der Gesamtcholesterinwert zu Studienbeginn zwischen 155 und 348 mg/dl. Der Blick richtete sich vorrangig auf die Inzidenz eines erstmalig auftretenden Major Adverse Cardiac Event, kurz: MACE. Dazu gehörten kardialer Tod, nicht-tödlicher Myokardinfarkt, koronare Bypassoperation und perkutane Koronarintervention.

Das Ergebnis: Die kumulative Inzidenz kardialer Todesfälle lag unter Fluvastatin nach sechs Jahren um 38 Prozent niedriger als unter Plazebo. Dabei war im ersten Jahr kein Unterschied zu sehen, danach nahm die Mortalität stetig ab. Ähnlich war der Effekt auf die kombinierte Zahl kardialer Todesfälle und erstem nicht-tödlichen Herzinfarkt.

Sie wurde durch Fluvastatin um 35 Prozent reduziert. Dagegen verfehlte der Einfluss auf die MACE-Gesamtinzidenz die statistische Signifikanz (– 17 Prozent). Dennoch: der Benefit für den Patienten war deutlich zu erkennen. Die ALERT-Studie stützt den bereits in LIPS (Locol Intervention prevention study) belegten günstigen Einfluss von Fluvastatin bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten. LIPS zeigte, dass Fluvastatin die Mortalität und Komplikationsrate nach erstmalig durchgeführter perkutaner Koronarintervention senkt.

Cave Interaktionen!

Ein wichtiger Aspekt bei der Behandlung von Transplantationspatienten ist neben der Wirksamkeit des therapeutischen Regimes das Risiko von Interaktionen. Klinisch relevant sind Wechselwirkungen mit Calcineurininhibitoren wie Ciclosporin. Statine haben hier kaum Einfluss auf die Gesamtkonzentration des Immunsuppressivums, erhöhen jedoch den frei verfügbaren Anteil. Es wird daher empfohlen, zu Beginn oder beim Absetzen einer Statintherapie das ohnehin notwendige Ciclosporin-Monitoring häufiger durchzuführen. Umgekehrt kann Ciclosporin durch Interaktionen an relevanten Transportmechanismen die systemische Statinkonzentration erhöhen, die für die Nebenwirkungen relevant ist.

Hier gibt es allerdings wesentliche Unterschiede zwischen den Statinen. So wurde bei Pravastatin eine Erhöhung der Plasmaspiegel um das 20fache gefunden, bei Fluvastatin dagegen nur um das bis zu Dreifache (siehe Abbildung). Grundsätzlich gilt hier: Wechselwirkungen sind vor jeder Kombinationstherapie abzuklären. Die Statintherapie sollte einschleichend begonnen und auf Vorboten der Myopathie geachtet werden. Denn eine Rhabdomyolyse tritt immer in den ersten Wochen der Therapie auf. Und es gibt keinen Grund, Statine gleich zu Beginn hochdosiert zu geben.

Quelle

Prof. Dr. H. Neumayer, Berlin; Prof. Dr. W. Motz, Karlsburg; Prof. Dr. W. Haefeli, Heidelberg: Pressekonferenz "ALERT-Studie: weltweit größte Studie nach Nierentransplantation", München, 5. Juni 2003, veranstaltet von der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.

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