Aus Kammern und Verbänden

Kolloquium: Integrierte Versorgung aus Sicht der Beteiligten

Wie geht es weiter mit der Integrierten Versorgung? Hochrangige Vertreter von Ärzten, Apothekern, Krankenkassen und Politik aus Hessen äußerten dazu in einer Diskussionsrunde ihre Meinung. Dabei zeigte sich schnell: Der Weg für entsprechende Modelle ist (nicht zuletzt dank einer zweijährigen Anschubfinanzierung) geebnet, die Umsetzung jedoch weniger einfach. Vorbehalte, Verwaltungsbürokratie sowie mangelnde Kommunikation bleiben Hemmschuhe.

 

Nutzen für die Krankenkassen

Das Grundprinzip der Integrierten Versorgung ist löblich: Der Patient soll sektorenübergreifend und interdisziplinär von allen Behandlungspartnern nach einem abgestimmten Behandlungskonzept therapiert werden. Die Qualitätsverbesserung der medizinisch-pharmazeutischen Versorgung der Patienten soll zugleich Kosten ersparen.

Den Krankenkassen geht es zurzeit darum, Partner zu gewinnen, attraktive Versorgungsangebote zu schaffen, Qualitätsstandards festzulegen, Konditionen und Preise mit den Leistungserbringern zu verhandeln und entsprechende Verträge abzuschließen. Verhandlungen werden zurzeit vor allem in den Indikationsbereichen Endoprothetik, Neurologie, Kardiologie, Karzinom-Erkrankungen sowie stationsersetzende Konzepte geführt.

Hausapotheker wünschen sich mehr Akzeptanz

Eine strukturierte Betreuung, wie sie jetzt mit dem Hausapothekenmodell erstmalig in einem Vertrag fixiert ist, praktizieren die Apotheker schon lange. Zurzeit nimmt in Hessen jede zweite Apotheke an dem Hausapothekenmodell der Barmer Ersatzkasse teil. Sie qualifizieren sich heute und künftig durch Fortbildung in Indikationen, bei denen die Integrierte Versorgung ansetzt: den chronischen Erkrankungen wie Asthma/COPD, Diabetes und den Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

"Die Apotheken gehören natürlich auch dazu." 
MdB Dr. Erika Ober

Allerdings meinen die Apotheker, dass die Ärzte mehr dazu beitragen könnten, dass ihre Patienten das Modell der Hausapotheke akzeptieren. Sie könnten ihnen die Ängste vor der Bereitstellung der medizinischen Daten an die Apotheke nehmen, die für Medikationsprofile sowie Neben- und Wechselwirkungsanalysen wichtig sind. Auch die Ärzte selbst sollten den Apotheker stärker als Arzneimittelfachmann und als Kooperationspartner im Gesundheitswesen wahrnehmen. Nicht zu unterschätzen für den Therapieerfolg sei auch die emotionale Wärme, die den Patienten in der Apotheke entgegengebracht wird.

Ärzte haben viele Bedenken

Die Ärzte sehen ein Hauptproblem der Integrierten Versorgung in dem enormen Verwaltungsaufwand, den die Organisation entsprechender Behandlungspfade zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor allen Beteiligten auferlegt. Ihnen gefällt auch nicht, dass die Patienten, die an integrierten Versorgungsprogrammen teilnehmen, für finanzielle Vergünstigungen die freie Arztwahl zumindest teilweise aufgeben müssen. Zudem sei es für die Ärzte schwierig, Behandlungsgarantien auf vertraglicher Basis abzugeben.

Politik fordert zügige Umsetzung

Die Politiker hoffen, dass die Integrierte Versorgung, die bereits seit Mitte der Siebzigerjahre konzipiert wurde, nun endlich umgesetzt wird. Zurzeit werden viele Anträge zur Integrierten Versorgung gestellt, die dem Anspruch nicht gerecht werden, weil sie nicht zu einer nachweislich besseren Qualität der Behandlung führen.

Integrierte Versorgung impliziert, dass die Fronten zwischen den Sektoren ambulant und stationär endlich überwunden werden. Ein Haupthindernisgrund dafür ist nach wie vor die sektorale Budgetierung. Dennoch sollten sich niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser dem Thema mehr öffnen.

 

Die Diskussionsteilnehmer Gesundheitspolitisches Kolloquium mit Barmer Landesgeschäftsführer Gerhard Potuschek, Ärztekammerpräsidentin Dr. Ursula Stüwe, Apotheker Dr. Detlef Eichberg, MdB Dr. Erika Ober (SPD), veranstaltet vom Förderverein für ärztliche Fortbildung in Hessen e.V. am 15. September in Darmstadt.

 

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