Aus Kammern und Verbänden

AK Schleswig-Holstein: Sorgen der Apotheker an der Basis

tmb | Auf der Kammerversammlung am 15. September in Kiel berichteten mehrere selbstständige Apotheker Schleswig-Holsteins über erhebliche Umsatzrückgänge bei niedrigpreisigen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Ursache sei die zunehmende Abgabe von Ärztemustern an die Patienten. Auch die Zukunft der Individualapotheken in einem ungünstigen Umfeld bereitet vielen Kollegen Sorge.
Foto: DAZ / tmb
Kammerpräsident Volker Articus.

Ärztemuster hebeln Kalkulation aus

In der offenen Fragestunde der Kammerversammlung monierten einige Apotheker, dass in manchen Praxen die Ärztemuster "waschkörbeweise" zu finden seien und dass die vorgeschriebene Grenze von höchstens zwei Musterpackungen pro Artikel oft nicht beachtet werde. Dies untergrabe die Grundlage des Berechnungsmodells für die neue Preisbildung. Die Verstöße seien schwer nachweisbar, doch könne nicht akzeptiert werden, wenn Ärzte aus Großpackungen auseinzeln und Patienten Arzneimittel ohne Beipackzettel erhalten.

Die ABDA und die Kooperationen

Außerdem ging es in der Fragestunde um das Verhältnis der ABDA zu Apothekenkooperationen. Ulrich Ströh, Kiel, beklagte hierbei die mangelnde Sensibilität der ABDA. Noch im Juni hat sie die Kooperationen in gleicher Weise wie den Versandhandel als "Gegner" bezeichnet. Die ABDA missachte damit, dass inzwischen über die Hälfte der selbstständigen Kollegen einer Kooperation angehören. Für andere Delegierte ist dies ein "Rückfall" in die Achtziger- oder Neunzigerjahre.

Für Kammerpräsident Volker Articus ist dagegen die Zielsetzung der Kooperationen entscheidend. Kooperationen, die für die Apotheker ein heilberufliches Leitbild wie die ABDA verfolgen, seien mit solchen Äußerungen nicht gemeint. Außerdem dürften die Kooperationen nach Einschätzung von Vizepräsident Holger Iven nicht zur Zersplitterung der Apothekerschaft führen.

Unsichere Zukunft für Individualapotheken

In seinem Bericht beschrieb Articus den Stand der gesundheitspolitischen Diskussion zur Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung. Angesichts des politischen Druckes, der bei einer solchen Reform zu erwarten ist, werde diese bis nach der Bundestagswahl vertagt. Dennoch haben die Apotheken schon vorher neue Einschnitte zu befürchten. Articus verwies dazu ausdrücklich auf den Bericht "Kanzler fordert weitere Reformen für Apotheken" in AZ 38.

Außerdem zitierte er aus einem Gutachten zur Arzneimittelversorgung, das im Auftrag der Allianz AG erstellt wurde. Dort wurde, ausgehend von offensichtlich falschen Angaben über den Anteil der Vertriebskosten an den Arzneimittelausgaben, für das Jahr 2020 eine Apothekenzahl von 18 500 prognostiziert, während bei angeblichen Effizienzsteigerungen durch die Zulassung von Handelsketten nur noch 16 000 Apotheken zu erwarten wären.

Offensichtlich werde der Apothekenmarkt als interessanter Wachstumsmarkt für Handelsketten gesehen, die auf eine Zulassung solcher Handelsformen drängen. Daher seien alle Apotheker als Botschafter gefragt, die Politiker immer wieder mit Hintergrundinformationen zu versorgen. Auch Parteien, die sich für den Erhalt der Individualapotheken aussprechen, müssten weiterhin mit Informationsmaterial versorgt werden.

Die beschriebene Entwicklung könnte nach Einschätzung von Iven zu Apothekenmangel und zu reduzierten Apothekenöffnungszeiten führen. Doch sei das Gesundheitssystem auch nicht zu sanieren, wenn es nur noch eine Apotheke gäbe, die ganz Deutschland per Versand versorgen würde. Vielmehr müsse die Krankenversicherung in ein abgestuftes System mit Grund- und Wahlleistungen umgebaut werden.

Es wurde aber auch kritisch hinterfragt, ob die ABDA angesichts solcher Herausforderungen hinreichend wirksame Zukunftskonzepte entwickelt habe. Mit Blick auf die anstehenden ABDA-Wahlen sei zu fragen, ob es gut sei, wenn alle Führungskräfte über 60 Jahre alt sind. Jüngere Personen würden naturgemäß längerfristige Perspektiven berücksichtigen.

PKA-Ausbildung reformbedürftig

Vor dem Hintergrund dieser problematischen Zukunftsaussichten wurde kontrovers über den Vorschlag einer Ausbildungsplatzinitiative diskutiert. Einerseits sei die Ausbildung ein gesellschaftlicher Auftrag, andererseits sei es fraglich, ob die ausgebildeten PKAs überhaupt Chancen auf Arbeitsplätze hätten. Auch zur Frage, inwieweit Apotheken langfristig PKAs benötigen werden, wurden unterschiedliche Auffassungen deutlich.

Für Dr. Roswitha Borchert-Bremer, Lübeck, liegt das Problem primär in der nicht mehr zeitgemäßen PKA-Ausbildung, deren Inhalte überarbeitet werden müssten. Iven schlug eine zweijährige rein kaufmännische Ausbildung vor, nach der gute Absolventinnen einen einjährigen pharmazeutischen Teil anschließen könnten. Ströh forderte, die Kammer sollte nicht nur an die Apotheker appellieren, sondern die Gebühr für die Eintragung in die PKA-Rolle streichen, um ein Signal zur Entlastung der ausbildenden Apotheken zu geben. Übrigens soll auf dem Deutschen Apothekertag erwartet. Dort soll über eine mögliche Aufwertung des PTA-Berufes, aber auch über eine Zusammenlegung des PKA- und des PTA-Berufes diskutiert werden.

Norddeutscher Apothekertag

Ein Zukunftsprojekt, das der Hamburger Kammerpräsidenten Rainer Töbing angeregt hatte, ist ein Norddeutscher Apothekertag von Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Die Delegierten der schleswig-holsteinischen Kammerversammlung begrüßten den Vorschlag im Interesse einer engeren Zusammenarbeit der Kammern, insbesondere bei der Fortbildung. Auf einem Norddeutschen Apothekertag könnten zukunftsrelevante Themen effektiver als im großen Plenum des Deutschen Apothekertages diskutiert werden. Er soll erstmals von der Kammer Schleswig-Holstein ausgerichtet werden und voraussichtlich in Lübeck stattfinden.

Abschließend berichtete Justitiar Dr. Stefan Zerres über den Jahresabschluss 2003 des Versorgungswerkes der Apothekerkammer Schleswig-Holstein. Die Delegierten folgten dem Vorschlag, den Rechnungszins von 4% auf 3,9% zu senken. Für die folgenden Jahre sind weitere Senkungen in 0,1%-Schritten bis auf 3,5% geplant, um die niedrigen Kapitalmarktzinsen zu berücksichtigen. tmb

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