Selbstmedikation

Die richtige Pflege für gereizte Haut

cl | Wenn die Diagnose "Neurodermitis" feststeht, so befinden sich die Betroffenen in ärztlicher Behandlung. Daneben können Patienten aber sehr viel allein und auch einiges falsch machen – Beratung tut not. Was kann in der Apotheke im Rahmen der Selbstmedikation empfohlen werden? Wo sind die Grenzen der Selbstmedikation – wann ist es besser, den Patienten zum Arzt zu schicken?

Die Behandlung des atopischen Ekzemes verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen bestehende Symptome gelindert und zum anderen neue Schübe möglichst hinausgezögert werden. Im Rahmen der Selbstmedikation stehen hierfür niedrig dosierte Glucocorticoide, Präparate zur lokalen Juckreizstillung, Gerbstoffe sowie Antihistaminika zur Verfügung. Darüber hinaus spielt die Hautpflege und die Vermeidung allergener und hautreizender Substanzen eine herausragende Rolle (s. Beratungsschema).

Ein besonderes Merkmal der Haut von Atopikern ist ihre extreme Trockenheit. Daher steht die Hautpflege im Mittelpunkt der Bemühungen, um neue Krankheitsschübe zu vermeiden. Alle angewandten Präparate müssen individuell auf ihre Verträglichkeit geprüft werden. Es empfiehlt sich Salben, Cremes oder Badezusätze zu verwenden, die möglichst wenige Zusätze von hautreizenden Duftstoffen, antibakteriellen Substanzen oder Konservierungsmitteln enthalten, um das Risiko einer Irritation der Haut zu senken. Empfindet ein Patient ein Mittel als hautreizend oder unangenehm, sollte er es unverzüglich absetzen.

Regelmäßige schonende Hautreinigung

Für die Hautreinigung stehen milde pH-neutrale, eventuell rückfettende Präparate zur Verfügung. Die Hautreinigung sollte regelmäßig aber nicht zu häufig erfolgen. Hier gibt es sicher wieder individuelle Unterschiede, allerdings wird eine Dusche am Tag meist nicht als übertrieben eingestuft – vor allem, wenn dabei einige Dinge beachtet werden:

  • lieber duschen als baden,
  • lauwarmes Wasser (ca. 32 °C, nie über 37 °C) verwenden, um die Reizung der Haut gering zu halten (evtl. Thermometer benutzen),
  • nicht zu lange baden oder duschen (5 bis 10 min, bei Kleinkindern kürzer),
  • keine Waschlappen oder sonstige kratzende Reinigungshilfen verwenden,
  • Fingernägel kurz halten,
  • Haut vorsichtig mit einem Handtuch trocken tupfen, nicht reiben,
  • Hautpflege unmittelbar anschließen.
An Hand dieses Beratungsschemas kann mit gezielten Fragen der effektive Wirkstoff zur Behandlung der individuellen Beschwerden des Patienten im Rahmen der Selbstmedikation ausgewählt werden.

 

Hautpflege zur Hydratisierung der Haut

Ob Fettsalben, Ölbäder oder Harnstoffsalben – alle Maßnahmen zur Hautpflege zielen darauf ab, den Hydratisierungsgrad der Haut zu erhöhen. Fettsalben und Ölbäder entfalten dabei ihre Wirkung über einen Okklusionseffekt, d. h. sie schließen das Wasser in der Hornschicht der Haut ein und verhindern den Verlust von physiologischen Feuchthaltefaktoren (NMF, natural moisturing factor). Die Stärke des Okklusionseffektes wird durch den Anteil der lipophilen Phase bestimmt, die für die Ausbildung eines schützenden Filmes verantwortlich ist. Eine Besonderheit sind harnstoffhaltige Zubereitungen, bei denen der Wirkstoff zusätzlich Wasser in der Haut bindet. Aufgrund ihrer teilweise starken Reizwirkung dürfen solche Präparate nicht auf geschädigte Haut aufgebracht werden.

Hinweise für die Verwendung von Pflegepräparaten:

  • die Hautpflege dem Entzündungszustand täglich neu anpassen,
  • zur Entnahme von Cremes Spatel oder Löffel verwenden, um Verunreinigungen zu vermeiden,
  • Zubereitungen mit starkem Okklusionseffekt – d. h. mit einem hohen Fettanteil – nicht an Stellen anwenden, wo eine starke Hitzeentwicklung und Schweißbildung vorliegt (Körperfalten),
  • Salben nicht zu dünn auftragen, um eine Hautreizung zu vermeiden,
  • nach der Verwendung von Hautpflegemitteln keine Seifen anwenden.

Entzündete Areale bei der Pflege aussparen

Pflege- und Hautreinigungsmittel sind im Allgemeinen nicht zur Anwendung auf geschädigter Haut geeignet. Entzündete Hautpartien bedürfen einer anderen Behandlung als gesunde Areale, bei denen die Pflege im Vordergrund steht. Hier kommen stattdessen wirkstoffhaltige Präparate zum Einsatz. Unter diese Rubrik fallen z. B. niedrig dosierte Hydrocortisonacetat-Cremes zur Entzündungshemmung. Diese sind allerdings nur schwach wirksam. Trotzdem gelten die bei Glucocorticoiden üblichen Vorsichtsmaßnahmen:

  • nicht mit Pflastern oder Mull abdecken, da es sonst zu einer Resorptionserhöhung kommen kann,
  • nicht länger als acht Wochen (Erwachsene) bzw. drei bis vier Wochen (Kinder) verwenden,
  • Behandlung ausschleichend.

Substanzen zur Stillung des Juckreizes

Zur systemischen Therapie des Juckreizes stehen Antihistaminika zur Verfügung. Ihre Wirkung ist, was die Verbesserung der Symptome des atopischen Ekzems angeht, allerdings bisher umstritten. Eine Gabe kann vor allem im Zusammenhang mit anderen allergischen Erkrankungen sinnvoll sein. Viele Antihistaminika verlängern die Reaktionszeit, wodurch die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr oder zur Bedienung von Maschinen beeinträchtigt werden kann. Ältere Substanzen, die stärker sedierende Eigenschaften besitzen, sollten vor dem zu Bett gehen eingenommen werden.

Für die topische Anwendung eignen sich Oberflächenanästhetika und synthetische Gerbstoffe. Beide verringern den unerträglichen Juckreiz, unterscheiden sich aber im Wirkmechanismus. Während bei Oberflächenanästhetika die Weiterleitung von Nervensignalen durch eine Hemmung spannungsabhängiger Na-Kanäle unterbunden wird, zeigen synthetische Gerbstoffe eine komplexe Wirkung, die sowohl auf ihren Eiweiß koagulierenden Eigenschaften als auch auf der direkten Wechselwirkung mit entzündungsvermittelnden Enzymen und Stoffen beruht. Allerdings eignen sich nicht alle diese Präparate für den Einsatz bei akuten entzündlichen Prozessen. Bei unklaren Symptomen, schweren Neurodermitis-Schüben oder wenn über einen längeren Zeitraum keine Verbesserung erfolgt, sollte ein Arztbesuch empfohlen werden. 

Literaturtipp

Selbstmedikation für die Kitteltasche Leitlinien zur pharmazeutischen Beratung

Lennecke, Kirsten; Hagel, Kirsten; Przondziono, Klaus Bagatelle oder schwerwiegende Erkrankung? Durch gezielte Fragen klären Apotheker und PTA Möglichkeiten und Grenzen der Selbstmedikation ab. Der große Erfolg der ersten Auflage zeigt, dass die Frage- und Empfehlungsschemata zu 100 Indikationen der Selbstmedikation ihren festen Platz im Beratungsgespräch gefunden haben. Die zweite Auflage reagiert auf die Veränderungen im Arzneimittelmarkt. Basisinformationen zu Arzneistoffen, Präparatebeispiele und Zusatztipps: alle auf aktuellem Stand! Ein "Muss" für jede Apotheke, die Standards in der Beratung setzen will. 2. Auflage 2004. 254 S. Kartoniert. 19,50 Euro, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart. ISBN 3-7692-3488-X

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