Aus Kammern und Verbänden

Mit vereinten Kräften gegen die Tabakabhängigkeit

Am 21. Juli fand im Ulmer Stadthaus das Suchtforum 2004 zur Tabakabhängigkeit statt, das von der Landespsychotherapeutenkammer in Kooperation mit der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg sowie mit Unterstützung durch das Landesgesundheitsamt und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung organisiert wurde. Verschiedene Referenten erläuterten medizinisch-pharmazeutische, psychologische und gesellschaftliche Aspekte der Tabakabhängigkeit. Darüber hinaus bestand das Angebot einer interaktiven Wissensvermittlung an verschiedenen Stationen, die jeweils Teilgebiete des Themas Tabakabhängigkeit veranschaulichten. Unter anderem konnte man den Gehalt an Kohlenmonoxid im eigenen Blut bestimmen lassen und an einem Quiz teilnehmen.

Bestandsaufnahme

Die große Bedeutung des Konsums von Tabak konnte anhand von Zahlen eindrucksvoll belegt werden. Jährlich werden von 16,7 Mio. Konsumenten 145 Mrd. Zigaretten geraucht, was einem Gesamtwert von 21,6 Mrd. Euro entspricht. Damit übertreffen Zigaretten alle anderen legalen und illegalen Suchtmittel bei weitem.

Eine bedenkliche Entwicklung stellt vor allem die deutliche Abnahme des Einstiegsalters dar, das von 22 bis 25 Jahre (1970) auf 13,6 Jahre (2001) gesunken ist. Damit ging ein Anstieg der Raucherquote bei den 12 bis 15-Jährigen auf 19,5% einher. Ungewöhnlich ist dabei, dass Mädchen etwas über die Hälfte zu dieser Gesamtquote beitragen, während in allen anderen Altersgruppen der Anteil der männlichen Raucher stets den der weiblichen übertrifft.

Gesundheitliche Folgen

Die gesundheitlichen Folgen des Rauchens sind hinlänglich bekannt – allen voran diverse Krebserkrankungen sowie Atemwegs-, Gefäß- und Herzkrankheiten. Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums sterben täglich 300 Menschen an den Spätfolgen des Tabakkonsums.

Ein besonderes Augenmerk gilt auch dem Rauchen während der Schwangerschaft, da der Fötus für den durch das eingeatmete Kohlenmonoxid ausgelösten Sauerstoffmangel besonders empfindlich ist. Ein vermindertes Geburtsgewicht sowie eine erhöhte Rate von Fehlgeburten und Komplikationen vor und nach der Geburt sind die Folge. Neben den Rauchern selbst sind auch alle in ihrer Umgebung betroffen. So ist beispielsweise laut einer Studie der britischen St. Georg's Medical School bei Passivrauchern ein um 50 bis 60% erhöhtes Risiko von Herzerkrankungen zu verzeichnen.

Entstehung von Suchtverhalten

Angesichts dieser Palette gewichtiger Argumente gegen das Rauchen stellt sich die Frage, weshalb der Tabakkonsum dennoch so weit verbreitet ist. In diesem Zusammenhang werden häufig die große gesellschaftliche Akzeptanz des Rauchens und eine raffinierte Werbung genannt. Hinzu kommt ein geringes Selbstwertgefühl als entscheidender Auslöser für jedes Suchtverhalten und, gerade bei Jugendlichen nicht zu unterschätzen, ein Gefühl der Verunsicherung bezüglich der eigenen Identität. Schließlich wird oft nicht richtig wahrgenommen, dass die suchterzeugende Wirkung von Nicotin der von Heroin und Kokain entspricht.

Prävention

Vorbeugende Maßnahmen richten sich vor allem an Kinder und Jugendliche, da 80% der Raucher vor dem 18. Lebensjahr beginnen. Hier kann man ansetzen, indem man ein gesellschaftliches Klima zugunsten des Nichtrauchens schafft, über die gesundheitlichen Folgen des Rauchens aufklärt und den Zugang zu Zigaretten erschwert.

Das Projekt "Be smart – don't start" arbeitete beispielsweise damit, einen positiven Gruppendruck zugunsten des Nichtrauchens zu erzeugen. Die Aktion wurde europaweit in Schulklassen der 6. bis 8. Jahrgangsstufe durchgeführt, unter anderem im Gymnasium Blaubeuren, dessen teilnehmende Klassen das Projekt vorstellten. Gesetzliche Bestimmungen zielen auf die Einschränkung der Werbung und die Verfügbarkeit von Zigaretten. So müssen bis 2007 Zigarettenautomaten von den Herstellern so umgerüstet werden, dass die Bedienung durch Jugendliche unter 16 Jahren ausgeschlossen ist.

Beitrag des Apothekers zur Entwöhnung

Laut Jahrbuch Sucht 2004 hat bereits ein Drittel der Raucher mindestens einmal erfolglos versucht aufzuhören. Eine umfassende und kompetente Beratung erscheint daher umso wichtiger. Sucht wird heute nicht mehr als Willensschwäche ausgelegt, sondern als Krankheit betrachtet, bei der ein Anspruch auf angemessene Behandlung besteht.

Im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit können Apotheker sowohl über gesundheitliche Risiken des Rauchens aufklären und auf Wechselwirkungen mit gleichzeitig gegebenen Medikamenten hinweisen als auch den Ausstiegswilligen in seinem Vorhaben unterstützen.

Gerade für die letztgenannte Tätigkeit scheint die Apotheke prädestiniert. Sie ist flächendeckend präsent, ganztägig geöffnet und gewährleistet eine kompetente und anonyme Beratung. Zudem gilt die Hemmschwelle dem Apotheker gegenüber als gering, so dass hier eventuell sogar der erste Schritt in Richtung Entwöhnung getan werden kann.

Zur Beratung gehört zum Beispiel die Wahl des richtigen Nicotinersatzpräparates und Hinweise für dessen richtige Anwendung, da besonders hier von den Patienten häufig Fehler gemacht werden. Darüber hinaus sollte auf eventuell notwendige Dosisveränderungen gleichzeitig gegebener Medikamente hingewiesen und die Kontaktaufnahme zum Arzt und einer psychologischen Beratungsstelle angestoßen werden, so dass alle Möglichkeiten für einen Erfolg der Entwöhnung ausgeschöpft werden. cl

Referenten des Suchtforums:

Prof. Dr. Gustav Drasch, Institut für Rechtsmedizin der LMU München Hans-Peter Eppler, Fachapotheker Offizinpharmazie, Arbeitskreis Sucht der LAK Baden-Württemberg, Laichingen Dr. Christiane Fahrmbacher-Lutz, Vorstandsmitglied der Bayer. Akademie für Suchtfragen, Augsburg Gerda Fuchs-Holderried, Lehrerin, Projekt "Be smart – don't start", Blaubeuren Helmut Fuchs, Lehrer, Projekt "Be smart – don't start", Blaubeuren Dr. Günther Hanke, Präsident der LAK Baden-Württemberg Detlev Kommer, Präsident der Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg Dipl. Sozialpädagoge Ralf Mann, Abteilungsleitung SO IV Jugendarbeit, -förderung , -schutz der Stadt Ulm Hilde Mattheis, MdB, Wahlkreis Ulm Dr. Ernst Pallenbach, Apotheker im Klinikum Villingen-Schwenningen, Vorsitzender des Arbeitskreises "Sucht" der LAK Baden-Württemberg Dr. Kilian Rapp, MPH, Arzt, Universität Ulm Dipl. Pädagogin, Dipl. Gesundheitswissenschaftlerin Anne Röhm, Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg Martin Siebert, Lehrer, Projekt "Be smart – don't start", Blaubeuren

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