Meinungsumfrage

G. Nagel et al.Beeinflusst die Patientenkompetenz de

Hängt der Verlauf einer Krebserkrankung ausschließlich von der richtigen medizinischen Tumortherapie ab oder auch vom Patienten und seinen Selbstheilungskräften? Diese Frage haben wir 2661 Betroffenen und im Gesundheitswesen Tätigen gestellt. Das jeweils vorherrschende Meinungsbild variiert in einzelnen Personengruppen, doch ist es bei Krebspatienten und dem Apothekenpersonal sehr ähnlich. Den Meinungen liegen keine objektiven, wissenschaftlich belegten Daten zugrunde, sondern bestimmte subjektive Denkstile. Derartige Denkstile wirken sich auch auf die Präferenz bestimmter Therapien und Arzneimittel aus. Für das beratende Apothekenpersonal ist es daher wichtig, solche Denkstile von Patienten(gruppen) zu kennen.

Was heißt Patientenkompetenz?

Eine frühere Umfrage der DAZ hatte ergeben, dass Mittel der Komplementärmedizin von Krebspatienten hauptsächlich aus den Motiven der Eigeninitiative in der Krankheit und zur Abwehrstärkung angewendet werden [1]. Die Verknüpfung beider Motive weist auf die Grundüberzeugung von Patienten hin, dass sie selbst durch die Anregung ihrer eigenen Heilkräfte den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen können [2].

Auch die moderne und bereits populäre Vorstellung von der Patientenkompetenz (s. Kasten) bezieht sich auf diese Grundüberzeugung [3]. Wir reden daher im Folgenden von der prognostischen Relevanz der Patientenkompetenz.

Der Begriff des kompetenten, sein Schicksal mitbestimmenden Patienten ist verwandt mit dem in den letzten 10 bis 20 Jahren bekannter gewordenen Salutogenese-Modell von Antonovsky [4]. Dieser hatte Holocaust-Überlebenden besondere Fähigkeiten zugeschrieben, unter Extrembedingungen durchzuhalten. Hierbei hatte er den Begriff des Kohärenzsinns eingeführt, der Gemeinsamkeiten mit den heute viel gehörten Begriffen Patientenkompetenz, Selbstregulation, Self-Empowerment, dispositionaler Optimismus, Selbstwirksamkeit, Vitalkompetenz hat.

Was bewirkt die Patientenkompetenz?

Ob die Patientenkompetenz Einfluss auf den Verlauf einer Krebserkrankung nimmt, ist unter Medizinern umstritten. 1989 hatten Spiegel und Mitarbeiter erstmals mitgeteilt, dass Frauen mit Brustkrebs, die psychosozial optimal integriert waren, im Durchschnitt länger lebten als Frauen, bei denen dies nicht der Fall war [5]. In der Folge haben insbesondere Psychoonkologen die prognostische Bedeutung bestimmter Persönlichkeitsmerkmale für den Krankheitsverlauf analysiert. Dabei konnten weder die Ergebnisse von Spiegel reproduziert noch die oft postulierte prognostische Relevanz der Faktoren Stress, Depression, aktives Coping (Strategie zur Krankheitsbewältigung) bestätigt werden [6, 7].

Grossarth-Maticek und Koautoren sorgten dann im Jahr 2001 mit ihrer Mitteilung für Aufsehen, dass das Mistelpräparat Iscador die Selbstregulation von Patienten und damit auch den Verlauf der Krebserkrankung günstig beeinflusst [8]. Seitdem besteht besonders großes öffentliches Interesse am Thema Patientenkompetenz und Prognose.

Unsere Arbeitsgruppe hat sich mit Unterstützung der Stiftung Patientenkompetenz zum Ziel gesetzt, wissenschaftliche Programme zur Erforschung und Förderung der Patientenkompetenz durchzuführen [9, 10]. Diesem Ziel diente auch eine im Jahr 2004 durchgeführte Umfrage, deren Ergebnisse wir hier teilweise bekannt machen.

Inhalt des Fragebogens

Im ersten Schritt ging es uns darum, mehr darüber zu erfahren, wie verbreitet die Idee der prognostischen Relevanz der Patientenkompetenz ist und welche Denkstile ihr zugrunde liegen. Die zentrale Frage und die Antworten im Fragebogen waren deshalb so formuliert:

Wovon hängt nach Ihrer Überzeugung das Ergebnis der Krebsbehandlung (die Krankheitsprognose, gemeint ist der Krankheitsverlauf nach einer Krebstherapie) ab? a) ausschließlich von der medizinischen Tumortherapie (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie) b) sowohl von der Tumortherapie als auch von Kräften der Selbstheilung des Patienten (Selbstregulation, Patientenkompetenz) c) keine eigene Meinung

Die angesprochenen Personen konnten die Möglichkeiten a), b) oder c) ankreuzen und darüber hinaus freitextliche Kommentare abgeben. Der Fragebogen enthielt ferner einen Fragenkomplex zum Gebrauch von Mitteln der Komplementärmedizin im Rahmen der Patientenselbsthilfe, über den wir an anderer Stelle ausführlich berichten werden. In einem dritten Abschnitt des Fragebogens wurden Angaben zum Alter, Geschlecht sowie zur beruflichen Stellung der befragten Person erbeten. Schließlich war anzukreuzen, ob der/die befragte Person selbst krebskrank ist/war oder nicht.

Einem Teil der Befragten wurde der Fragebogen nicht ausgehändigt, sondern im Stile eines persönlichen Interviews vorgelesen. Dabei ging es vor allem darum, Begründungen für die persönlichen Auffassungen pro oder contra prognostische Relevanz der Patientenkompetenz zu hören.

Zielgruppen und Anlässe der Befragung

Insgesamt haben wir 2661 Personen befragt. Dabei handelte es sich um Patienten, Angehörige von Krebspatienten, Ärzte und medizinisches Personal, Apotheker(innen) und Apothekenangestellte, Krebsforscher, Medizinjournalisten sowie Personen aus der im onkologischen Bereich engagierten Pharmaindustrie, darunter vor allem in der Pharmaforschung und im Außendienst tätige Personen. Zur Erfassung eines größeren Kreises von medizinischen Laien wurden Fragebögen über Selbsthilfegruppen und Laienorganisationen verteilt.

Zur Durchführung unserer Befragung wurden Anlässe gewählt, an denen die hauptsächlich avisierten Zielgruppen in größerer Zahl anzutreffen waren. Dadurch konnten mehrere Interviewer gleichzeitig tätig werden. Diese Anlässe waren der Norddeutsche Zytostatika-Workshop am 24. Januar 2004 in Hamburg, der Deutsche Krebskongress vom 27. Februar bis 1. März 2004 in Berlin, die Interpharm vom 19. bis 21. März 2004 in Frankfurt sowie die bisherigen Veranstaltungen des BVA (jetzt: ADEXA)-Netzwerks Patientenkompetenz zum Thema Beratungskompetenz im Jahr 2004 in Chemnitz, Hannover, Bremerhaven, Mainz, Berlin, München und Ludwigshafen.

Heterogenes Meinungsbild

Die Ergebnisse der schriftlichen Befragung zeigen, dass die Auffassungen der einzelnen Personengruppen über die prognostische Relevanz der Patientenkompetenz zum Teil erheblich voneinander abweichen. Die Antwort c), keine Meinung, gaben so wenige Personen, dass wir sie bei der Gesamtauswertung vernachlässigen konnten.

Patienten und deren Angehörige glauben nahezu 100%ig an die prognostische Relevanz der Patientenkompetenz. Daher gibt es auch keine erwähnenswerten Unterschiede bezüglich Geschlecht und Alter der Befragten. Einschränkend muss allerdings gesagt werden, dass nur Patienten in gutem Allgemeinzustand und darunter vor allem Frauen mit Brustkrebs, Männer mit Prostatakarzinom sowie Frauen und Männer mit Magen-Darm-Tumoren befragt wurden. Hospitalisierte Patienten in schlechtem Allgemeinzustand wurden nicht erfasst.

Auch über 90% der Ärzte für Allgemeinmedizin, Apotheker und Apothekenangestellten sowie der Personen mit psychosozialen Berufen waren der Auffassung, dass die Patientenkompetenz den Verlauf der Krebserkrankungen mitbestimmt. Die entsprechenden Zahlen betragen für Pflegende und Medizinjournalisten 77 bis 85%.

Bei den Onkologen, Krebsforschern und Mitarbeitern des Pharmaaußendienstes glaubten hingegen lediglich zwischen 41 bis 86% der Befragten an die prognostische Relevanz der Patientenkompetenz. Weibliche Onkologen glauben im Allgemeinen häufiger daran als ihre männlichen Kollegen, und jüngere Onkologen häufiger als ältere. Männliche Onkologen über 40 Jahren standen diesem Thema besonders skeptisch gegenüber (Zustimmung nur 45%); bei ihnen handelte es sich mehrheitlich um Ärzte, die in führenden Positionen als Hochschullehrer, Chefärzte oder Oberärzte an Kliniken tätig sind. Krebsforscher(innen) unter 40 Jahren gaben nur zu 41% an, an die prognostische Relevanz der Patientenkompetenz zu glauben.

Gründe für die jeweilige Meinung

In den Interviews haben wir vor allem nach den Gründen gefragt, warum die Personen von der Relevanz oder Irrelevanz der Patientenkompetenz als prognostischem Faktor für den Krankheitsverlauf überzeugt waren. Patienten, Angehörige, psychosoziale Berufsgruppen, Journalisten und die Mehrzahl der Apothekenangestellten haben mehrheitlich folgende Auffassungen vertreten:

  • Abwehrmodell: Krebs sei kein verhängnisvolles Schicksal, dem der Mensch hilflos ausgeliefert ist, sondern ein Geschehen, dessen Verlauf vom betroffenen Patienten zumindest teilweise selbst beeinflusst werden kann.
  • Beeinflussbarkeit der Abwehr: Die gegen Krebs gerichtete Abwehr könne durch geeignete Maßnahmen gestärkt werden. Als Patientenkompetenz wurde von Patienten die Fähigkeit bezeichnet, die für sich selbst besten Entscheide für den individuellen Weg oder die Auswahl der Mittel zur Stärkung dieser Abwehr zu finden.
  • Kasuistiken: Vor allem Fallberichte sprächen für die prognostische Relevanz der Patientenkompetenz: spontane Tumorrückbildungen; Heilungen oder Besserungen von Patienten, die von der Medizin aufgegeben waren; Erfolge der Tumortherapie in Abhängigkeit des Allgemeinzustandes und der Widerstandskraft des Patienten; Besserungen durch komplementärmedizinische Therapieversuche, Wunderheilungen bei Wallfahrten usw.
  • Glaubenssätze: Am häufigsten werden hierzu die Sätze zitiert "Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott"; "Der Glaube versetzt Berge". Es gab auch Befragte, die in diesem Zusammenhang auf die (vor allem amerikanische) Literatur zur spirituellen Heilkraft, zum Beispiel die Bedeutung des Gebetes füreinander, verwiesen haben.

Bei Apothekern und Apothekenangestellten bestätigte sich in den Interviews die Analogie des Denkens und Argumentierens zu den Denkstilen der Patienten. Darüber hinaus haben sie oft auf die Selbstwirksamkeit hingewiesen:

  • Selbstwirksamkeit: Das Credo eines Kunden sei Garant für Compliance, diese sei wiederum unabdingbar für jeden Therapieerfolg. Compliance habe damit zu tun, dass man von der Richtigkeit des Tun überzeugt ist, denn dieses Überzeugtsein sei eine positiv motivierende Kraft zum Erfolg.

Die befragten Krebsmediziner und Krebsforscher teilten die Idee der prognostischen Relevanz der Patientenkompetenz nur zu etwa 50%. Die andere Hälfte der Befragten lehnte die Vorstellung der prognostischen Relevanz der Patientenkompetenz aus folgenden Gründen ab:

  • Spontanremissionen: Diese seien zwar in seltenen Fällen möglich, es gebe aber keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Spontanremissionen etwas mit Körperabwehr zu tun haben.
  • Methodische Aspekte: Patientenkompetenz sei kein wissenschaftlich anerkanntes, messbares, gezielt steuerbares Konstrukt, mit dem man in der Praxis arbeiten könne.
  • Fehlschläge der Immuntherapie: Trotz enormer Anstrengungen, Immuntherapien gegen Krebs zu entwickeln, seien bis heute fast alle derartige Versuche fehlgeschlagen.
  • Krebs als genetisch bedingtes, autonomes Geschehen: Namentlich ältere Kliniker und Forscher haben noch gelernt, dass Krebs ein autonomes, eigenen biologischen Gesetzen gehorchendes Geschehen ist. Jüngere Kollegen hingegen zitieren molekularbiologische Modelle der Karzinogenese; Abwehrprozesse würden in diesen Modellen keine Rolle spielen.
  • Ergebnisse psychoonkologischer Interventionen: Diese hätten bezüglich einer Beeinflussung der Krebsprognose bisher nicht überzeugt.
  • Subjektive Abwehrhaltungen: Das Konzept der Patientenkompetenz als prognostisch relevanter Faktor werde auch abgelehnt, weil es die Idee der ärztlichen Therapiehoheit bedrohe.
  • Einfluss des Patienten auf das Therapieresultat: Wenn ein Einfluss des Patienten auf die Krebsprognose anerkannt wird, dann aus folgendem Grund: Wenn der Patient nicht das tue, was der Arzt sagt, könne auch die Therapie nicht wirken (Compliance als Patientengehorsam). Ferner würden natürlich bestimmte Patientenfaktoren den Therapieerfolg mit bedingen: metabolische Prozesse; Begleiterkrankungen; Pharmakogenetik; Prognosemarker der Krebserkrankung selbst.

Verschiedene Denkstile – ein Resultat der Sozialisation?

Warum verschiedene Personengruppen in so unterschiedlichem Maße an die prognostische Bedeutung der Patientenkompetenz glauben, müsste noch näher untersucht werden. Wahrscheinlich entspricht die populäre Überzeugung für die Wirksamkeit der Patientenkompetenz einer tief verwurzelten Haltung, die uns durch Erziehung und Sozialisation beigebracht worden ist; dass der Mensch nämlich trotz seiner Abhängigkeit von Gott, Natur und Schicksal in der Lage ist, aus eigenen Kräften auf seine Geschicke Einfluss zu nehmen.

In diesem Sinne wird in der Befragung auch der Volksmund zitiert: "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg"; "Der Glaube versetzt Berge"; "Dem Tüchtigen hilft Gott". Und schließlich habe ja auch schon jeder am eigenen Leibe Genesung aus eigener Kraft und ohne medizinische Hilfe erfahren; Genesung von Grippe, Verletzungen, Depressionen, Stoffwechselstörungen usw.

Auch die von Krebsmedizinern und Krebsforschern überdurchschnittlich häufig vertretene Auffassung, dass die Krebsprognose ausschließlich eine Frage der richtigen Tumortherapie sei, dürfte das Resultat eines Erziehungs- und Sozialisationsprozesses sein. Der Machbarkeitsglaube und die Auffassung, durch die Aufklärung der biologischen Prozesse bis in ihre molekularen und submolekularen Verästelungen letztlich alle Lebensvorgänge erklären (und in Zukunft vielleicht auch steuern) zu können, prägen Denkstile und Handlungsmodelle der Medizin und Forschung.

Bei Medizinern, die noch der Tradition der patriarchalischen Medizin verhaftet sind, mag hinzukommen, dass der Patient ohnehin nur das Objekt des Handelns und nicht als Partner-Heiler eingestuft wird. Für diese Annahme spricht, dass in unserer Umfrage vor allem ältere, männliche Onkologen nicht von der Patientenkompetenz als einer Kovariablen des medizinischen Therapieerfolgs überzeugt waren.

Denkwandel bei persönlicher Betroffenheit

Unter den befragten Krebspatienten befanden sich 44 Ärzte, Apotheker, Krebsforscher. Von einer Ausnahme abgesehen, glaubten alle an die eigenen Fähigkeiten, Einfluss auf den Krankheitsverlauf nehmen zu können. Mit diesen Fähigkeiten waren nicht etwa die Compliance, Pharmakogenetik oder biologische Prognosemarker gemeint, sondern ausdrücklich die "Kräfte der Selbstheilung". Oder wie es ein Radioonkologe mit einem Magenkarzinom formulierte: "Das Ding kriegt mich nicht unter, dazu bin ich zu stark". Dass sie so viel häufiger an die Selbstheilungskräfte bei Krebs glauben als ihre (diesbezüglich) gesunden Akademikerkollegen, lässt auf einen durch die persönliche Betroffenheit bedingten Denkstilwandel schließen.

In diese Richtung weist auch noch ein anderes Ergebnis der Befragung dieser Patientengruppe. In über 90% der Fälle hatten sie nämlich ein persönliches Fitnessprogramm entwickelt, worin sich alles fand, was wir auch sonst aus der Patientenselbsthilfe kennen: Neuordnung des Lebensstils, körperliche Trainings- und Ausdauerprogramme, Umstellung der Ernährung, auf Stressabbau und Willensstärkung abzielende mentale Übungen, Einnahme irgendwelcher unkonventioneller Arzneimittel.

Einfluss von Denkstilen auf die Wahl von Medikamenten...

Das Ergebnis des zweiten Teils unserer Umfrage zur Anwendung unkonventioneller Mittel in der Selbsthilfe werden wir an anderer Stelle referieren. Hier sei lediglich darauf verwiesen, dass Denkstile sogar mitbestimmen, welche Medikamente Krebspatienten bevorzugen. Dies kam bezüglich der Anwendung bestimmter Zytostatika, von Hormonen und Immuntherapie, vor allem aber am Beispiel der Mistelpräparate und Antioxidanzien zum Ausdruck.

Mistelpräparate sind die in der komplementärmedizinischen Onkologie am häufigsten angewendeten Mittel. Unter ihnen hat das aus der anthroposophischen Medizin stammende Iscador wiederum die größte Verbreitung. Die in unserer Umfrage häufigste Begründung dafür ergab, dass Iscador von der Produktphilosophie her besonders gut zu den Denkstilen und Handlungsmustern von Patienten passt, die mit dem Begriff der Eigenkompetenz und Selbstregulation argumentieren.

Nicht weniger populär bei Krebspatienten sind Antioxidanzien, insbesondere Selenpräparate. Unter diesen wurde in unserer Umfrage von Patienten und Apotheken ausschließlich das Präparat Selenase namentlich benannt. Begründet wird dies von Apothekerseite nicht nur mit Argumenten der Arzneimittelsicherheit, Bioverfügbarkeit und wissenschaftlichen Datenlage zur Wirksamkeit, sondern auch mit der Tatsache, dass sich Kunden gezielt für die Anwendung dieses Präparates entschieden hätten. Die von uns diesbezüglich befragten Patienten gaben an, solche komplementärmedizinischen Mittel zu bevorzugen, deren Wirksamkeit besonders gut dokumentiert sein.

... und ihre Berücksichtigung in der Beratungsapotheke

Wie unsere Umfrage gezeigt hat, sind die Auffassungen der Apothekerschaft zum Thema Patientenkompetenz und Krebsprognose im Prinzip ganz ähnlich wie die entsprechenden Auffassungen von Patienten und deren Angehörigen. Theoretisch gesehen gibt es von daher auch keine bessere Anlaufstelle für Kunden, die eine persönliche Orientierung suchen, als die Apotheke.

Demgegenüber wird die Kunst und Technik des Eingehens auf Patienten/Kunden und deren Denkstile und Handlungsmotive insbesondere von jüngeren Apothekenangestellten oft nur unzureichend beherrscht. Wir wissen dies aus den Auswertungen unserer Schulungskurse zur Beratungskompetenz, die wir im Rahmen des Netzwerks Patientenkompetenz seit dem Jahr 2000 regelmäßig durchführen.

In unserer Gesellschaft ist der Trend zum kompetenten Patienten/Kunden unverkennbar. Diese Kunden mischen sich in ihre eigenen Angelegenheiten oft mit erstaunlichem Fachwissen ein, verweisen auf ihr Recht, gemäß eigenem Denkstil auch selbst etwas für sich und ihre Genesung zu tun, und wollen dazu sogar die Auswahl der von ihnen eingenommenen Medikamente mitbestimmen. Derartige Patienten suchen bevorzugt das Beratungsgespräch in der Apotheke.

Ob in der Apotheke aber die Kommunikation mit dem kompetenten Kunden gelingt, hängt in besonderem Maße davon ab, ob das beratende Personal dem Kunden in der ihm vertrauten Welt des Denkens, in seiner Sprache, in seinen Emotionen zu begegnen versteht. Daher ist dies auch ein wichtiges Thema für die Aus- und Fortbildung des pharmazeutischen Personals.

Hängt es allein von der Tumortherapie ab, ob ein Krebspatient wieder gesund wird? Kann er selbst mithelfen, den Krebs zu besiegen, so wie das Tour de France-Sieger Lance Armstrong scheinbar vorgemacht hat? Die Frage ist wissenschaftlich nicht beantwortet, doch fast jeder – ob persönlich betroffen oder nicht – hat dazu eine dezidierte Meinung. Eine Umfrage unter mehr als 2000 Patienten, Ärzten, Apothekern und anderen Berufstätigen des Gesundheitswesens ergab für die einzelnen Personengruppen ein sehr differenziertes Meinungsbild.

Definition

Unter Patientenkompetenz versteht man die Fähigkeit des Patienten,

  • sich den Herausforderungen der Erkrankung zu stellen,
  • sich auf die eigenen und fremden Ressourcen zur Krankheitsbewältigung zu besinnen,
  • diese Ressourcen zu nutzen,
  • dabei auch persönliche Bedürfnisse zu berücksichtigen,
  • eigene Zielvorstellungen zu verfolgen und
  • Autonomie zu wahren.

Krebskranke Legende

Für viele gilt er als Beweis, dass der Wille den Krebs besiegen kann: Beim US-amerikanischen Radsportler Lance Armstrong war 1996 Hodenkrebs mit Metastasen in Lunge und Hirn festgestellt worden. Seine Chancen auf Heilung standen mehr als schlecht.

Die Krankheit riss ihn jäh aus einer Laufbahn, die seit der Kindheit nur eine Richtung gekannt hatte: steil nach oben. Die bei Radsportlern häufige Krebsform stieß Armstrong praktisch über Nacht aus dem Sattel. Von der Nr. 1 der Weltrangliste wurde er zum scheinbar hoffnungslosen Fall.

Doch Armstrong verliert sein Ziel nie aus den Augen – er entscheidet sich für eine besonders aggressive Form der Chemotherapie statt einer Operation, damit seine volle Lungenfunktion erhalten bleibt. 1998 startet er ein zunächst erfolgloses Comeback, die Radsportwelt schreibt ihn daraufhin völlig ab. Doch schon ein Jahr später gewinnt der fanatisch ehrgeizige Amerikaner seine erste Tour de France. Seither hat Armstrong jedes Jahr das wichtigste Radrennen der Welt gewonnen, insgesamt sechs Mal – damit ist er der erfolgreichste Radsportler aller Zeiten.

Über den Krebs sagt Armstrong heute, es sei "das Beste, was ihm je passieren konnte". Der Kampf gegen die Krankheit habe ihn verändert. Er sei ein besserer Mensch geworden, der den wahren Sinn des Lebens sieht und jeden Tag genießt. Mit seiner "Lance Armstrong Foundation" versucht er, anderen krebskranken Menschen etwas von seinem Mut und Optimismus abzugeben.

Patienten und Apotheker einer Meinung

Nahezu 100% der von Krebs persönlich oder in der Familie betroffenen Personen glauben, dass der Verlauf von Krebserkrankungen nicht nur von der richtigen medizinischen Therapie, sondern auch von den eigenen intrinsischen Kräften der Abwehr und Krankheitsbewältigung abhängt. Diese Meinung teilt auch die überwiegende Mehrzahl der Apotheker und Apothekenangestellten sowie der Allgemeinärzte, Pflegenden, psychosozialen Berufsgruppen und Medizinjournalisten.

Von den in der Krebsmedizin und Krebsforschung tätigen Akademikern sowie den Repräsentanten onkologisch engagierter Pharmaunternehmen waren nur 41 bis 86% der Befragten dieser Meinung.

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