DAZ aktuell

Hamburger Apothekerverein: Arzneikurierkonzept endgültig als rechtswidrig erkan

HAMBURG (tmb). Der Rechtsstreit mit der Ärztegenossenschaft Hamburg über einen aufwändig beworbenen Arzneimittelkurierdienst ist mit einem vollständigen Sieg für die Position der Apotheker beendet worden. Die unterlegene Ärztegenossenschaft hat ihre Berufung gegen eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg zurückgezogen und die Urteilsgründe akzeptiert. Daraufhin erließ das Gericht am 13. Juli ein Anerkenntnisurteil.

Das Landgericht Hamburg hatte in einem Urteil vom 10. Februar seine einstweilige Verfügung vom 14. Januar bestätigt (siehe Bericht in DAZ 11, S. 28). Der Genossenschaft war untersagt worden, ein Konzept zu bewerben und durchzuführen, bei dem der "Arznei Kurier Hamburg" die Praxisgebühr der Patienten übernimmt, wenn diese ihre Arzneimittel über den Kurierdienst beziehen. Das Verfahren richtete sich gegen die Ärztegenossenschaft Hamburg, der etwa 200 Allgemeinmediziner angehören. Bei den teilnehmenden Ärzten war den Patienten angeboten worden, Lieferverträge abzuschließen. Daraufhin sollten die Ärzte die Rezepte an den Hamburger Arzneimittelkurier faxen. Dieser würde die Patienten beliefern und dem Arzt innerhalb von 14 Tagen die Praxisgebühr bezahlen. Anfang des Jahres war dieses Konzept in Hamburg mit beträchtlichem Medienaufwand propagiert worden.

Gegen das Urteil, das nach einer mündlichen Verhandlung ergangen war, hatte die unterlegene Ärztegenossenschaft zunächst Berufung eingelegt. Vor dem anberaumten Verhandlungstermin für das Hauptsacheverfahren war es zu einem Schriftwechsel zwischen den Parteien gekommen. Schließlich zog die Ärztegenossenschaft ihre Berufung zurück und unterwarf sich in allen Punkten dem Urteil vom 10. Februar. Daraufhin untersagte das Landgericht der Ärztegenossenschaft Hamburg am 13. Juli in einem Anerkenntnisurteil, für einen zuzahlungsfreien Zugang der Patienten zum Hausarzt aufgrund eines Arzneiliefervertrages zwischen dem Patienten und der Arznei Kurier Hamburg GmbH zu werben oder dieses Konzept durchzuführen. Bei Zuwiderhandlung kann ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro im Einzelfall verhängt werden. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die unterlegene Ärztegenossenschaft.

Weitreichende Begründung

Aus den Urteilsgründen zur mündlichen Verhandlung ergeben sich Konsequenzen, die weit über das in Hamburg beworbene Konzept hinausgehen dürften. Denn das Gericht hatte diverse Rechtsverstöße festgestellt, die vielfältige juristische Angriffspunkte gegen mögliche Nachahmer deutlich machen. Demnach ist der Anfang des Jahres angepriesene Kurierdienst rechtswidrig, unabhängig von der Frage, ob dessen Tätigkeit als Versandhandel oder als Lieferservice eingestuft wird. Als Versandhandel könnte nur eine Versandapotheke mit entsprechender Genehmigung tätig werden, die aber als Apotheke keine Absprache über Patientenzuweisungen treffen dürfte. Doch auch eine "Absprache" zwischen einem Lieferservice und einer Ärztegenossenschaft müssten sich die Ärzte zurechnen lassen, das Abspracheverbot könne so nicht umgangen werden. Dies ergibt sich sowohl aus dem Apothekengesetz als auch aus der ärztlichen Berufsordnung.

Als weitere Begründung hatte das Gericht in seinem Urteil vom 10. Februar den Verstoß gegen die Vorschrift der Apothekenbetriebsordnung über Rezeptsammelstellen gesehen. Dieser Aspekt dürfte mittlerweile vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit der Drogeriemarktkette dm mit einer niederländischen Versandapotheke zusätzliche Bedeutung haben. Denn auch in dem Hamburger Urteil wurde diese Vorschrift auf Betreiber bezogen, die nicht Apotheker sind.

Außerdem hatte das Landgericht Hamburg auf die gesetzgeberische Intention des § 28 (4) SGB V verwiesen. Demnach solle die Praxisgebühr nicht nur der Finanzierung dienen, sondern auch eine Steuerungswirkung bei den Patienten entfalten und überflüssige Arztbesuche verhindern. Dem laufe die Übernahme der Praxisgebühr durch einen Kurierdienst zuwider.

Warnung für Nachahmer

Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, der den antragstellenden Wettbewerbsverein beauftragt hatte, zeigte sich gegenüber der DAZ erfreut, dass dem "rechtswidrigen Treiben ein Ende gesetzt wurde". Nach seiner Einschätzung sollte das Hamburger Urteil allen eine Warnung sein, die ein Geschäft mit dem Erlassen der Praxisgebühr machen wollten und sich davon große Medienwirkung versprächen oder sich sonst in ein Fahrwasser begeben wollten, das mit den Gesetzen kollidiert.

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