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Großbritannien: Kunde König

LONDON (jr). Ein britischer Verbraucherverband warf den Apothekern zu Beginn des Jahres schlechte Beratungsleistungen und mangelnde Sorgfalt bei der Abgabe von Medikamenten vor. Mit Serviceprogrammen wie face2face, Konsultationszonen und Kundentests gehen zwei der größten Apothekenketten nun in die Offensive, zum Wohle der Kundschaft und des eigenen Ansehens.

Auf dem hart umkämpften britischen Apothekenmarkt zeigen die Negativschlagzeilen über den von Verbraucherschützern als mangelhaft bezeichneten Service Wirkung. Während die Lösungen zur Behebung des Negativimages vielschichtig ausfallen, ist das Ziel der Wettbewerber stets dasselbe der zufriedene Kunde.

Moss Pharmacy: persönlicher Kontakt

Die Kette Moss Pharmacy startete ihre Testreihe mit dem Serviceprogramm face2face, das vor allem auf den persönlichen Kontakt zwischen Apothekern und Patienten abstellt. Während der Kunde bisher nach vielfach langem Schlangestehen lediglich das herausgesuchte Medikament übergeben bekam, setzt Moss Pharmacy nun auf Kommunikation. Ein eigens dafür eingeführtes System aus Nummernapparat, separaten Bedienungsschaltern und Medikamentenkarussell stützt sich auf die Erfahrungen, die Apotheker in Norwegen sammeln konnten. Der Patient zieht eine Wartenummer und wird schnellstmöglich an den Bedienungsschalter gerufen. Dort wird die Medikation besprochen, während der Apotheker am direkt angeschlossenen Medikamentenkarussell die Medizin zusammenstellt.

Das Karussell ist mit 450 der am häufigsten ausgegebenen Medikamente bestückt und erspart lange Wege in Räume hinter den Bedienungsschaltern und ermöglicht einen intensiveren Kontakt zur Kundschaft. Nicht zuletzt wird erwartet, dass dadurch die fehlerhafte Medikamentenausgabe verringert wird, die vielfach für Aufsehen in der Öffentlichkeit sorgte. Der Kunde, der oftmals über einen langen Zeitraum mit seiner Medikation vertraut ist, kann nunmehr in die Zusammenstellung seiner Medikamente einbezogen werden, und vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei.

Um die intensivere Kundenbetreuung auf beiden Seiten des Bedienungsschalters so angenehm wie möglich gestalten zu können, wurden Apotheker wie technisches Personal in Trainingskursen zu Kundenservice und Teamarbeit geschult. Zusätzlich delegierte das Unternehmen mehrere Apotheker nach Norwegen, wo sie sich mit dem Ablauf des neuen Serviceprogramms vertraut machen konnten. Die Testreihe ist auf sechs Monate festgelegt, danach wird Moss Pharmacy die Effekte auf Wartezeiten, Verkaufs- und Abgabezahlen, Sicherheit und vor allem Kundenzufriedenheit auswerten. Sollte sich das Konzept wie in Norwegen bewähren, würden weitere Apotheken der Kette das Serviceprogramm übernehmen.

Lloydspharmacy: Konsultationsbereiche

Wettbewerber Lloydspharmacy startete indessen eine im ganzen Land ausgestrahlte Fernsehwerbungskampagne, in der auf speziell eingerichtete Konsultationsbereiche hingewiesen wird. In ihnen können Patienten ungestört mit Anliegen und Problemen an die Apotheker herantreten. Das Unternehmen will vor allem jene Kunden ansprechen, die den Gang zur Apotheke aus Angst vor Öffentlichkeit scheuen, darunter Menschen mit Gewichtsproblemen, Potenzstörungen oder Haarausfall. Insgesamt warten 1182 der 1364 Apotheken der Kette Lloydspharmacy mit Konsultationsbereichen auf, die auch zu Diagnosetests und allgemeinen Gesundheitsberatungen zur Verfügung stehen.

Neben der Überprüfung des Blutdrucks oder einem Test auf Diabetes nehmen sich die Apotheker dort der Risikobewertung in Bezug auf Herz-Kreislauf-Krankheiten an, beraten zur Medikationshandhabung, zur hormonellen Empfängnisverhütung oder zum Vorhaben, das Rauchen einzustellen. Lloydspharmacy zeigt sich zuversichtlich, dass die Kampagne als Teil eines Marketingbudgets von vier Millionen Pfund Wirkung zeigt. Schon immer habe sich das Unternehmen der Gesundheit der Bevölkerung verpflichtet gefühlt, nun werde es auch ausgesprochen, so ein Vertreter der Kette.

Die Zielrichtung der vielfältigen Maßnahmen namhafter Apothekenketten ist unschwer zu erkennen. Ein negatives Image kann sich kein Apotheker mehr leisten, schon gar nicht auf einem von zunehmender Liberalisierung gekennzeichneten Apothekenmarkt wie dem britischen.

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