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Bundessozialgericht: Hersteller müssen Arzneimittelstudien selbst bezahlen

KASSEL (ks). Klinische Arzneimittelstudien müssen allein von den Herstellern bezahlt werden Ų Krankenkassen dürfen sich an den Kosten nicht einmal anteilig beteiligen. Das entschied am 22. Juli das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Die Erprobung von Medikamenten sei keine reguläre Behandlung und die Heilung nicht vorrangiges Ziel, erklärte das BSG zur Begründung. "Vielmehr wird in Kauf genommen, dass sich der Zustand des Patienten nicht verbessert oder sogar verschlechtert." (Urteil vom 22. Juli, Az: B 3 KR 21/03 R)

In dem entschiedenen Fall hatte die Uniklinik Mainz 1994 und 1995 bei einer psychiatrischen Behandlung ein nicht zugelassenes Arzneimittel in einer Doppelblindstudie erprobt sowie eine Dosisfindungsstudie mit einem zur Behandlung von Depressionen nicht zugelassenen Präparat durchgeführt. Die Zustimmung der Ethikkommission und der betroffenen Patienten lag vor, die jeweilige Krankenkasse wurde aber nicht informiert.

Nach Presseberichten über angebliche Doppelvergütungen ließ die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) die Angelegenheit untersuchen und lehnte eine Finanzierung des weit über ein Jahr andauernden Krankenhausaufenthalts überwiegend ab. Ohne Erfolg forderte die Klinik zunächst in erster und zweiter Instanz vollständige Kostenerstattung. Die DAK machte hingegen für 459 Tage einen Erstattungsanspruch in Höhe von 177 000 DM geltend und rechnete diesen gegen laufende Krankenhausabrechnungen auf. An diesen Tagen hätten die Maßnahmen der Arzneimittelstudien im Vordergrund gestanden, so die Kasse.

Nun entschied das BSG, dass die DAK gar nichts hätte bezahlen müssen. Die Gegenansprüche der Krankenkassen bestünden zu Recht. Während Krankenkassen bei klinischen Studien zu Behandlungsmethoden durchaus an der Finanzierung beteiligt werden könnten, gelte dies für Arzneimittelstudien nicht. Bei Letzteren gehe der Gesetzgeber davon aus, dass der Markt für die Hersteller genügend Anreize bietet, Arzneimittel zu entwickeln und zu vertreiben, so die Sozialrichter.

Die dabei anfallenden Forschungs- und Entwicklungskosten könnten über die grundsätzlich keiner Bindung unterliegenden Verkaufspreise wieder amortisiert werden. Zu den Entwicklungskosten gehörten auch Arzneimittelstudien, die darauf zugeschnitten sind, verlässliche Aussagen über die Wirksamkeit eines Arzneimittels zu erlauben. Die Heilung oder Besserung des Patienten sei dabei nicht – wie bei der Krankenbehandlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne – vorrangiges Ziel. Vielmehr werde in gewissem Umfang in Kauf genommen, dass sich der Zustand des Patienten verschlechtert oder nicht in dem Maße bessert, wie es bei der alleinigen Verwendung bewährter Arzneimittel der Fall wäre.

Die gänzlich andere Qualität einer Studie schließe es bei Arzneimitteln aus, dass sich die Krankenversicherung auch nur anteilig an der Finanzierung beteiligt. Das Gericht verweist darauf, dass der Gesetzgeber es den Krankenkassen nicht einmal erlaubt habe, sich an diesbezüglichen Modellvorhaben zu beteiligen.

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