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Am heutigen Donnerstag fällt der Startschuss für eine neue Ära im Versandhandel mit Arzneimitteln: bei eBay, dem wohl größten deutschen Online-Marktplatz für Güter und Dienstleistungen, wird der Arzneimittelverkauf und -kauf ermöglicht. Nachdem eBay vor einigen Monaten in den Schlagzeilen war, als einige unseriöse Anbieter obskure Geschäfte mit bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über eBay abwickelten und ab und an Privatleute ihre nicht gebrauchten Arzneimittel auf dem elektronischen Marktplatz versilbern wollten, hat das Unternehmen rasch gehandelt und solchen nicht legalen Arzneimittelgeschäften durch bestimmte Sicherheitsstufen einen Riegel vorgeschoben.

Erklärtes Ziel von eBay: beim Arzneimittelhandel gelten die rechtlichen Bestimmungen, d. h. Arzneimittel dürfen nur über Apotheken vertrieben werden. Was liegt da näher, als Apotheken dazu einzuladen, über eBay Arzneimittel anzubieten und zu vertreiben? Gedacht, getan. eBay richtete auf seinem Marktplatz eine Kategorie "Beauty und Gesundheit" ein mit der Unterkategorie "Medikamente". Dort können Apotheken ab sofort nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel zum Kauf anbieten. eBay will dabei streng nach den gesetzlichen Vorschriften für den Arzneimittelversandhandel vorgehen. Zugelassen werden für diesen Bereich nur Apotheken, die über die behördliche Erlaubnis zum Arzneimittelversand verfügen (die Bescheinigung muss vorgelegt werden), der teilnehmende Apotheker muss sich außerdem über das "Postident-Verfahren" ausweisen.

Außerdem muss sich der teilnehmende Apotheker verpflichten, alle gesetzlichen Bestimmungen, die in Deutschland an den Arzneiversand gestellt werden, einzuhalten (z. B. Heilmittelwerbegesetz, Sendungsverfolgung). Auf einer eigenen eBay-Seite, genannt "Mich-Seite", muss die Apotheke ihre Kontaktdaten angeben. Das bei eBay übliche Bewertungsprofil, das Käufer dem Verkäufer ausstellen, muss außerdem aus datenschutzrechtlichen Gründen auf die private Seite des Anbieters gestellt werden, damit Nutzer nicht sehen können, wer was bei dieser Apotheke gekauft hat.

eBay will damit Apothekern den Zugang zum Online-Handel erleichtern. Ein Apotheker, der sich bereits eine Erlaubnis zum Versandhandel mit Arzneimitteln besorgt hat (es sollen bereits 600 Genehmigungen ausgestellt worden sein), kann nach Abwicklung der Anmeldeformalitäten bei eBay sofort OTC-Arzneimittel dort anbieten und vertreiben. Er kann außerdem einen eigenen Shop anlegen, in dem er ein noch größeres Angebot feil hält, oder auf seine eigene Internetseite verlinken lassen.

Wenn Sie bei eBay mitmachen wollen, sollten Sie sich natürlich auch die Konditionen ansehen. Immerhin verlangt das virtuelle Kaufhaus im Durchschnitt 5% des Verkaufspreises als Provision. Außerdem müssen Sie Päckchen packen, innerhalb von zwei Tagen liefern und die übrigen Bedingungen für Versandapotheken erfüllen. Das sind schon einmal Kosten, die erwirtschaftet sein wollen.

Jetzt stellt sich die Frage, warum ein Kunde ein Arzneimittel über eBay bei Ihnen kaufen soll. Als echter eBay-User dürfte er sich finanzielle Vorteile erwarten, das Arzneimittel muss günstiger sein als anderswo. Mit der einzeln bestellten 20er Packung Aspirin wird das Geschäft nicht zu machen sein. Als eBay-Apotheker wird man sich etwas einfallen lassen müssen: Arzneimittel nur in größeren Stückzahlen? Oder eine Komplettausstattung für die Haus- oder Reiseapotheke zum Sonderpreis? Oder besondere Angebote im apothekenexklusiven Kosmetikbereich, z. B. das Wellness-Paket für zu Hause mit Maske, Schaumbad, Tag- und Nachtcreme? Oder werden bei eBay letztendlich auch Versteigerungen von Arzneimitteln laufen wie bei anderen Waren üblich? Sie bestimmen als Apotheker den Mindestpreis und die Laufzeit der Gebote – für höherpreisige Arzneimittel oder Kosmetika durchaus denkbar.

Wenn ein international tätiges Online-Unternehmen (über 16 Millionen Besucher im Mai 2004, Handelsvolumen 1,25 Mrd. US-Dollar im dritten Quartal 2003) dem Arzneimittelmarkt eine Plattform bietet, könnte dies den in Deutschland noch lahmenden Internethandel mit Arzneimitteln ankurbeln. Es könnte auch Auswirkungen auf die OTC-Preise haben, wenn Kunden die Angebote im Netz besser vergleichen können. Apotheker Welf Vogel aus Magdeburg ist ein "eBay-Apotheker" der ersten Stunde, er macht mit seinem Internetgeschäft, das er vor drei Jahren mit freiverkäuflichen Arzneimitteln begonnen hat, nach eigenen Angaben bereits den Umsatz einer herkömmlichen Apotheke, wie er selbst sagt.

Die Frage bleibt, ob die Kunden verstärkt eBay als Einkaufsplattform für OTC-Arzneimittel annehmen werden. Hier scheinen sich die Verbraucher in zwei nahezu gleich große Lager zu teilen, die Befürworter von Internet-Apotheken und deren Ablehner, wie eine aktuelle Umfrage am Institut für Handelsforschung an der Uni Köln ergeben hat. Wer Internet-Apotheken ablehnt, bemängelt die fehlende Fachberatung und Vertrauen in die Versandapotheke. Die Befürworter dagegen schätzen Kostenersparnisse und vor allem den Bequemlichkeitsaspekt. Wenn das so ist, dann hat die Präsenzapotheke bisher versäumt, ausgiebig zu kommunizieren, dass sie die Arzneimittel nach Hause bringt – noch am gleichen Tag. Die Entwicklung der Kategorie Beauty und Gesundheit bei eBay wird mit Spannung zu verfolgen sein.

Peter Ditzel

Arzneimittel shoppen bei eBay

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