Recht

T. Graefe et al.Arzneimittelversand nach neuem Recht

Der Apotheker, der neben dem Versandhandel auch den Betrieb seiner Offizinapotheke weiterhin zu organisieren und zu leiten hat, wird sich vor allem die Frage stellen, inwiefern er den zusätzlichen Aufwand im Rahmen des Versandhandels nicht "in eigener Person", sondern durch externe Dienstleister bewältigen kann. Diese Delegation bzw. Auslagerung von Aufgaben wird klassisch als Outsourcing (Outside Resources Using) bezeichnet. Dabei steht die Problematik im Vordergrund, dass bei der Übertragung von Zuständigkeiten auch Verantwortungsverlagerungen und Haftungsverschiebungen eintreten bzw. bestimmte Aufgaben wegen ihres personellen Bezugs nicht übertragbar sind.

Darüber hinaus wird für den Apotheker bedeutsam sein, inwieweit er durch das Outsourcing von Dienstleistungen Synergieeffekte nutzen kann indem beispielsweise nicht nur seine Hauptapotheke, sondern auch die von ihm betriebenen Filialapotheken – die gemäß § 1 Abs. 2 ApoG n. F. zulässig sind – die externe Dienstleistung für sich nutzbar machen.

Ziel des nachfolgenden Beitrags ist es, einige dieser Aspekte speziell für den Versandhandel betreibenden Apotheker darzustellen.

Einsatzmöglichkeiten externer Dienstleister

Die Inanspruchnahme der Arbeitskraft und in vielen Fällen sicherlich auch des spezifischen Know-hows von externen Dienstleistern bietet sich im Rahmen des Versandhandels vor allem bei folgenden Aufgaben an:

  • Betreiben des Content-Management-Systems im Falle einer Internetversandapotheke,
  • Anfragenmanagement, z. B. bei Rückfragen durch den Kunden, insbesondere bei zusätzlichem Beratungsbedarf,
  • Entgegennahme und Systematisierung der Bestellungen,
  • Liefervorbereitung, insbesondere Information des Kunden bei eventuellen Verzögerungen,
  • Prüfung und Abwicklung der Zahlung, einschließlich einer eventuellen Bonitätsprüfung des Kunden,
  • Rezeptorganisation,
  • Abwicklung der Lieferung, insbesondere ordnungsgemäße Verpackung, erforderlichenfalls Kühlung, Aushändigung an benannte empfangsberechtigte Personen, gegebenenfalls kostenlose Zweitzustellung, Sendungsverfolgung,
  • Gegebenenfalls Management von Kundenbindungsinstrumenten.

Diese Aufgaben und Arbeitsschritte müssen nicht notwendigerweise in den Apothekenräumen selbst geschehen, sondern können von ausgelagerten Räumlichkeiten aus erfolgen.

Dass die Erweiterung des Apothekengeschäftsbetriebs um eine Versandabteilung in den meisten Fällen neue räumliche Kapazitäten erfordern wird, hat sich auch in der Regelung des § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 ApothBetrO n. F. niedergeschlagen: Dieser gestattet es dem Apotheker "in angemessener Nähe" zu den Apothekenbetriebsräumen ausgelagerte Räumlichkeiten einzurichten, in denen insbesondere der Versand, der elektronische Handel und die damit zusammenhängende Beratung untergebracht werden.

Ist Outsourcing beim Versandhandel überhaupt zulässig?

§ 7 ApoG statuiert die Verpflichtung des Apothekers, seine Apotheke persönlich und in eigener Verantwortung zu leiten. Dieses so genannte Leitbild des "Apothekers in seiner Apotheke", das vor allem die Qualitätssicherung der Arzneimittelversorgung gewährleisten und das Vertrauen der Kunden stärken soll, gilt nicht nur für den Betrieb einer Offizinapotheke, sondern in gleichem Maße für den Arzneimittelversand.

Dies kann allerdings nicht bedeuten, dass sich der Apotheker nicht dritter Dienstleister bedienen darf. Er ist weder physisch in der Lage, noch hat er im Rahmen seiner pharmazeutischen Ausbildung das notwendige Know-how erworben, den Arzneimittelversand – insbesondere über das Internet – selbst zu managen und vollständig zu überwachen.

Bereits die vorerwähnte Zulassung der Einrichtung ausgelagerter Betriebsräume zur Durchführung des Arzneimittelversandes (§ 4 Abs. 4 Satz 2 ApothBetrO n. F.) spricht für die Zulässigkeit des Outsourcings in diesem Zusammenhang: Typischerweise handelt es sich dabei um die örtliche Auslagerung von Leistungssegmenten, die aus Kapazitäts- und/oder Kostengründen nicht mehr "in house" erbracht werden können.

Noch nicht geklärt ist in diesem Zusammenhang, was unter der vom Gesetz ausdrücklich geforderten "angemessenen Nähe" zu den bisherigen Geschäftsräumen der Apotheke zu verstehen ist. Sicherlich ist diese Nähebeziehung vor dem Hintergrund der Gewährleistung einer sicheren Arzneimittelversorgung sowie dem vorstehend erwähnten Postulat der eigenverantwortlichen Leitung der Apotheke durch den Apotheker zu bewerten.

Der Apotheker darf also nicht aufgrund der Entfernung zu den Betriebsräumen, von denen aus der Versandhandel erfolgt, an einer Einflussnahme auf die Geschäftsabläufe des Versandhandels gehindert sein.

Demnach bleibt festzuhalten, dass der Apotheker externe Dienstleister einsetzen darf, solange er vertraglich sicherstellt, dass die ihn treffenden Verpflichtungen an diese Dritten durchgestellt und deren Einhaltung gewährleistet werden.

Dies lässt sich in weniger sensiblen Bereichen, die beispielsweise vordergründig die Systematisierung der Bestellungen und die Logistik der Auslieferung betreffen, sicherlich problemloser gestalten, als in den Bereichen, die originär mit dem Berufsbild des Apothekers und dem pharmazeutischen Handel verbunden sind.

Zu diesen letzteren, sensibleren Bereichen zählen beispielsweise die pharmazeutische Beratung und die Sicherung der Arzneimittelversorgung. Des weiteren sind speziell beim Outsourcing von Dienstleistungen stets datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten.

Outsourcing der pharmazeutischen Beratung?

Der Gesetzgeber hat zur Gewährleistung der Sicherheit der Arzneimittelversorgung die Verpflichtung des Apothekers vorgesehen, auch beim Versandhandel eine unmittelbare persönliche Beratungsmöglichkeit für den Kunden zu schaffen: § 11 a Nr. 2 d ApoG n. F. verpflichtet den Apotheker, die Beratung durch pharmazeutisches Personal in deutscher Sprache zu ermöglichen.

Darüber hinaus darf gemäß § 17 Abs. 2 a a. E. ApothBetrO n. F. die Arzneimittelversendung nicht erfolgen, wenn zur sicheren Anwendung des Medikaments ein persönliches Informationsgespräch nötig ist.

Dieser Vorbehalt der persönlichen Beratungspflicht bedeutet für das Outsourcing im Rahmen des Versandhandels folgendes:

Der Bestell- und Liefervorgang der Arzneimittel darf nicht in einer Weise automatisiert durch einen ausgelagerten Dienstleister geschehen, die es dem Apotheker unmöglich machen würde, vor der Versendung zu prüfen, ob nicht ein persönliches Informationsgespräch erforderlich ist. Dies bedeutet, dass die eingehenden Bestellungen vom Apotheker jedenfalls persönlich im Hinblick auf das bestellte Arzneimittel und den bestellenden Kunden zu prüfen sind.

Denkbar ist, dass bei bereits länger bestehenden Beziehungen zu Kunden, die beispielsweise als Chroniker stets das selbe Medikament benötigen, eine Vorabprüfung durch den Apotheker – d. h. also vor der Versendung des Medikaments – entfallen kann, wenn und soweit der Kunde tatsächlich stets nur das gleiche Medikament bestellt.

Des Weiteren ist die vorgeschriebene Beratung ausdrücklich nur durch pharmazeutisches Personal zu erbringen. Die Beratungsleistung darf deswegen nicht einfach auf beispielsweise ein Callcenter ausgesourct werden, dessen Mitarbeiter kein eigenes pharmazeutisches Know-how besitzen, sondern deren Wissen sich auf die Verpackung des Arzneimittels, den Beipackzettel sowie eventuell öffentlich zugängliche Studien beschränkt.

Outsourcing und Datenschutz

Dass im Rahmen des Arzneimittelversandes ein vielfaches Mehr an personenbezogenen Daten des Kunden betroffen ist, als beim bisherigen Offizinapothekengeschäft, war bereits Gegenstand des fünften Teiles der vorliegenden Beitragsserie.

Dort wurde insbesondere hervorgehoben, dass aufgrund der nicht gänzlich freiwilligen Preisgabe der Daten durch den betroffenen Kunden, der auf den Bezug eines bestimmten Arzneimittels angewiesen ist, bei der Erlaubnis der Datenverarbeitung dem "schutzwürdigen Interesse des Betroffenen" ein maßgebliches Gewicht zukommt.

Solange es sich nicht um die Verarbeitung anonymisierter und in bestimmten Fällen pseudonymisierter Daten handelt, ist die Datenverarbeitung im Rahmen des Versandhandels demnach nur mit der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen zulässig. Er ist dabei auf die gesamte beabsichtigte Verwendung der Daten ebenso wie auch potentielle Übermittlungsempfänger hinzuweisen.

Vor allem letzter Aspekt ist beim Outsourcing von Versandhandelsdienstleistungen wesentlich. Der Versandhandel betreibende Apotheker muss vor Beginn der Datenweitergabe sowie deren Verarbeitung durch externe Dienstleister klargestellt haben, welche Daten jeweils an welche externe Stelle und zu welchem Zwecke übermittelt werden. Nicht erforderlich ist, dass jedes einzelne Datum detailgenau bezeichnet wird.

Maßgeblich für die erforderliche "informierte Einwilligung" ist, dass der Betroffene erkennen kann, auf welche bestimmbaren Daten sich seine Erklärung und damit auch die Übermittlung an externe Dienstleister bezieht. Diese Bestimmbarkeit ist für den Kunden in der Regel durch allgemeine Kategorisierung wie beispielsweise "Rezeptdaten" oder "Abrechnungsdaten" in ausreichendem Maße gewährleistet.

Es ist zu empfehlen, auch die Kontaktdaten sowie gegebenenfalls eine Ansprechperson bei dem jeweiligen Outsourcingnehmer zu benennen. Dies ist im Sinne der Datentransparenz erforderlich, damit der Kunde die ihm gesetzlich zustehende Auskunft über seine verarbeiteten Daten einholen kann.

Darf der Apotheker, der eine Versandapotheke betreibt, zusätzlichen Aufwand im Rahmen des Versandhandels an externe Dienstleister vergeben und wenn ja, welche Aufgaben? Im Zentrum steht dabei stets die Problematik, dass bei der Übertragung von Zuständigkeiten auch Verantwortungsverlagerungen und Haftungsverschiebungen eintreten bzw. bestimmte Aufgaben wegen ihres personellen Bezugs nicht übertragbar sind. Darüber hinaus wird für den Apotheker bedeutsam sein, inwieweit er durch das Outsourcing von Dienstleistungen Synergieeffekte nutzen kann.

Begleitend zur Artikelserie finden Sie unter www.apobase.net ein Modell eines Internet-Versandshops für Apotheken. Der Mustershop bietet eine rechtlich kommentierte, vor allem aber visualisierte Auseinandersetzung mit den Regelungen über den Arzneimittelversand.

Arzneimittelversand nach neuem Recht Bisher erschienene Folgen: Teil 1: Bestandsaufnahme (DAZ 2003, Nr. 46, S. 68) Teil 2: Grundlage zur Umsetzung einer Internetapotheke – Strukturen und Abläufe (DAZ 2003, Nr. 47, S. 77) Teil 3: Arzneimittelversand und Heilmittelwerbegesetz (DAZ 2003, Nr. 48, S. 70) Teil 4: Sicherung der Arzneimittelversorgung (DAZ 2003, Nr. 49, S. 78) Teil 5: Datenschutz und Datennutzung in der Versandapotheke (DAZ 2003, Nr. 50, S. 65) Teil 6: Informationspflichten für den Arzneimittelversand (DAZ 2003, Nr. 51/52, S. 77) Teil 7: Internetapotheke: Information und Haftung (DAZ 2004, Nr. 1-2, S. 54)

Fazit: Outsourcing Das Outsourcing bestimmter Dienstleistungen im Rahmen des Versandhandels ist angesichts des dadurch entstehenden erhöhten Arbeitsaufwandes zumindest teilweise unerlässlich. Es ist dem Apotheker auch trotz seiner Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung nicht grundsätzlich untersagt, externe Dienstleister auch in ausgelagerten Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen.

Er muss jedoch in den vertraglichen Beziehungen zu diesen Dritten sicher stellen, dass die ihnen im Zusammenhang mit dem Versandhandel obliegenden Pflichten beachtet werden Ė entweder durch den Apotheker selbst oder dem Outsourcingnehmer. Des weiteren ist der Versandhandel betreibende Apotheker datenschutzrechtlich verpflichtet, den betroffenen Kunden die externen Übermittlungsempfänger seiner Daten zu benennen.

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