Arzneimittel und Therapie

Neue Strategien beim Zervixkarzinom-Screening

Englische Forscher schlagen eine neue Screening-Methode auf Gebärmutterhalskrebs vor. Der erste Schritt ist nicht mehr wie bislang eine zytologische Untersuchung, sondern die Suche nach dem humanen Papillomvirus, das eine wichtige Rolle bei der Entwicklung eines Zervixkarzinoms spielt. Erst bei positivem Virusbefund werden zytologische Untersuchungen durchgeführt.

Zur Vorsorgeuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs wird routinemäßig eine zytologische Untersuchung durchgeführt. Seitdem aber bekannt ist, dass humane Papillomviren (HPV) – insbesondere Viren vom Typ 16 und 18 – bei der Entstehung eines Zervixkarzinoms beteiligt sind, rückt die virologische Diagnostik zunehmend in den Vordergrund, zumal die mangelnde Sensitivität zytologischer Ergebnisse in mehreren Studien gezeigt wurde.

Darüber hinaus ist der genetische Nachweis von humanen Papillomviren in Abstrichen aus dem Gebärmutterhals sehr empfindlich, um hochgradige zervikale intraephiteliale Neoplasien (CIN; das CIN-System unterscheidet milde, mittelschwere und schwere Dysplasien CIN 1, 2, 3 sowie ein Carcinoma in situ CIN 4) oder glanduläre Neoplasien zu erkennen.

Allerdings kann der Nachweis von humanen Papillomviren auch zu falsch positiven Resultaten führen, da mit diesem Test auch transitorische HPV-Infektionen erfasst werden. Daher muss ein Vorgehen entwickelt werden, wie Frauen mit einem HPV-positivem Befund ohne oder mit grenzwertigen zytologischen Veränderungen betreut werden sollen.

In der HART-Studie (HPV in Addition to Routine Testing) wurde die Aussagekraft des zytologischen und virologischen Screenings miteinander verglichen und ein Management bei HPV-positiven Befunden entwickelt.

Die HART-Studie

Zwischen 1998 und 2001 nahmen an der multizentrischen Studie 11 085 Frauen im Alter von 30 bis 60 Jahren teil. Frauen, bei denen ein positiver HPV-Test oder ein grenzwertiger zytologischer Befund vorlag, wurden randomisiert und zwei Gruppen zugeteilt. Bei der einen Gruppe wurde sofort eine Kolposkopie durchgeführt, die Teilnehmerinnen der zweiten Gruppe wurden während der folgenden zwölf Monate beobachtet, wobei weitere virologische und zytologische Untersuchungen (inklusive Kolposkopien) durchgeführt wurden. Nach einer statistischen Auswertung der gesammelten Daten konnten folgende Aussagen getroffen werden:

  • Der Test auf humane Papillomviren war empfindlicher als grenzwertige oder schlechte zytologische Befunde (97,1% vs. 76,6%), aber geringfügig unspezifischer beim Aufsuchen maligner Zellen (93,3% vs. 95,8%).
  • Bei 825 randomisierten Frauen zeigte sich, dass eine Beobachtung über 12 Monate hinweg so effektiv war wie eine sofortige Kolposkopie.
  • Bei anfänglich HPV-positiven Patientinnen war nach zwölf Monaten bei 45% der Frauen mit negativer Zytologie und bei 35% mit grenzwertiger Zytologie kein HPV-Virus mehr nachweisbar. Weder bei diesen Frauen noch bei HPV-negativen Frauen mit grenzwertigen zytologischen Befunden entwickelte sich innerhalb des Beobachtungszeitraums ein Karzinom.

Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass ein HPV-Test als erstes Screening verwendet werden kann. HPV-positive Frauen sollten dann zytologisch untersucht werden. Führt diese Untersuchung zu normalen oder grenzwertigen Befunden (Letzteres in ca. 6%), sollte nach 12 Monaten erneut getestet werden. Bei diesem Vorgehen könnte sich der Nachweis von CIN 2/CIN 3 verbessern lassen, ohne zusätzliche Kolposkopien durchführen zu müssen.

Paradigmenwechsel beim Screening?

Bislang basiert das Screening auf Zervixkarzinome noch immer auf einem morphologisch-basierten Ansatz (in Deutschland der PAP-Test; in angelsächsischen Ländern wurde die Papanicolaou[PAP]-Klassifikation weitgehend durch das CIN-System abgelöst).

Mehrere Studien und die Ergebnisse der HART-Studie weisen aber darauf hin, dass die virologische Diagnostik relevanter ist. Bei negativen virologischen und morphologischen Befunden können die Screening-Interval-le wahrscheinlich verlängert werden; in welchen Abständen dann eine Vorsorgeuntersuchung erfolgen sollte, muss noch geklärt werden.

Die Erkenntnis, dass Gebärmutterhalskrebs durch ein sexuell übertragbares Virus zustande kommt, hat Konsequenzen: Eine Prävention ist möglich, wobei die Verantwortung bei beiden Sexualpartnern liegt.

Epidemiologische Daten zum Zervixkarzinom

  • zweithäufigster Tumor der Frau; 5% aller Karzinome bei Frauen
  • in Deutschland 15 bis 20 Fälle/100000 Frauen/Jahr, durchschnittliches Alter 35 bis 50 Jahre; 25% der erkrankten Frauen sind jünger als 25 Jahre
  • Seit der Einführung des Zervixzytologie-Screenings im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen hat die Inzidenz des Zervixkarzinoms stetig abgenommen. Sie hängt von sozioökonomischen Faktoren und vom Kulturkreis ab (Inzidenz weltweit zwischen 5 und 50 Neuerkrankungen/100 000 Frauen/Jahr)
  • Die Beobachtungshäufigkeit präinvasiver Läsionen der Zervix ist aufgrund verbesserter Screeningprogramme stetig angestiegen; in Deutschland 50 000 zervikale intraepitheliale Neoplasien (CIN) pro Jahr; etwa 80 bis 100 pro 100 000 Frauen [Berger, D.P., Engelhardt, R., und Mertelsmann, R. (Hrsg.): Das rote Buch. Hämatologische und internistische Onkologie. Verlag ecomed Landsberg (1998)].

CIN-System Das CIN-System (zervikale intraepitheliale Neoplasie) dient zur Klassifizierung des Schweregrades beim Gebärmutterhalskrebs.

Viren und Krebs Eine reine Tumorinduktion durch onkogene Viren ist sehr selten, aber bei rund 15% aller Tumoren beim Menschen sind Viren an der Karzinogenese beteiligt. Zu den bekanntesten onkogenen Viren zählen Papillom-, Hepatitis-C- sowie Epstein-Barr-Viren.

Virus und damit assoziierte Erkrankung Epstein-Barr-Virus: - Nasentumor (vor allem in Südostasien vorkommend) - Burkitt-Lymphom (vor allem in Afrika auftretendes B-Zell-Lymphom) Hepatitis-B-Viren: Leberzellkrebs Hepatitis-C-Viren: Leberzellkrebs Papillom-Viren: Gebärmutterhalskrebs, Tumore an (vor allem Typ 16 und 18)Penis, After, in der Mundhöhle und an der Haut

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