Arzneimittel und Therapie

Gesundheitsreform: Rezeptpflichtiges Medizinprodukt statt Arzneimittel?

Seit bekannt ist, dass rezeptfreie Arzneimittel ab Januar 2004 nur noch in Ausnahmefällen von den Kassen erstattet werden, suchen die Arzneimittelhersteller nach Möglichkeiten, ihre bisher gut eingeführten, verträglichen und nebenwirkungsarmen Ų und daher rezeptfreien Ų Arzneimittel wieder der Rezeptpflicht zu unterstellen oder rezeptpflichtige Ų und damit erstattungsfähige Ų Alternativen anzubieten. Die Hersteller solcher Arzneimittel beantragen seit einigen Monaten die Neuzulassung oder bringen ihre Arzneimittel als Medizinprodukt auf den Markt, wenn dies möglich ist.

Tetra-Gelomyrtol® mit dem Zusatz von Oxytetracyclin ist ein Beispiel für ein veraltetes rezeptpflichtiges Präparat, das jetzt wieder Aufwind bekommt. Mit einem anderen "Trick" arbeitet die Firma Merckle: Dolobene® pur als erstattungsfähige Alternative für die Verordnung soll Dolobene® Gel für die Selbstmedikation ergänzen.

Physikalische Wirkung im Vordergrund

Dolobene® pur enthält 20% Dimethylsulfoxid (DMSO) und ist damit automatisch verschreibungspflichtig. Die Merckle GmbH bringt das Mittel als Medizinprodukt auf den Markt, wobei sie das langwierige Zulassungsverfahren für Arzneimittel umgeht. Bei Medizinprodukten wird die "Zulassung" durch ein vergleichbares Verfahren über Benannte Stellen nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) erlangt.

Anders als bei Arzneimitteln wird bei Medizinprodukten die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung hauptsächlich auf physikalischem Wege erlangt. Überwiegt die pharmakologische oder immunologische Wirkung oder wird sie durch Metabolismus erreicht, handelt es sich um ein Arzneimittel. Die Abgrenzung kann sich im Einzelfall schwierig gestalten.

Beispiele für Medizinprodukte, die als Arzneimittel eingesetzt werden, sind zahlreiche so genannte "Schlankheitsmittel", z. B. CM3 oder Formoline.

CE-Kennzeichnung als Qualitätsmerkmal

Zunächst gibt der Hersteller mit der Zweckbestimmung vor, ob es sich um ein Medizinprodukt handelt. Der Hersteller führt dann zur Erlangung der CE-Kennzeichnung ein Konformitätsbewertungsverfahren, in der Regel unter Mitwirkung einer Benannten Stelle (Zertifizierstelle), durch.

Die CE-Kennzeichnung ist das äußere Zeichen für die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen des Medizinproduktes. Dies schließt eine Risikoanalyse ein und eine klinische Bewertung des Produktes, die dem Nachweis dient, dass das Medizinprodukt im Rahmen seiner Zweckbestimmung leistungsfähig ist und unter Berücksichtigung der vorgegebenen Leistung keine unvertretbaren Risiken hat.

Die CE-Kennzeichnung ist nicht rechtlich, aber faktisch (auf Grund der Vielzahl der zu erfüllenden gesetzlichen Anforderungen) ein Gütezeichen für die Sicherheit und technische Funktionstauglichkeit des Medizinproduktes: Die CE-Kennzeichnung nach den Vorgaben des MPG steht für umfassende Sicherheit, Leistungsfähigkeit und somit auch für die Qualität des Produktes.

Für den Hersteller bietet die CE-Kennzeichnung zwei entscheidende Vorteile gegenüber dem Arzneimittel:

  • Mit der CE-Kennzeichnung ist das Medizinprodukt im gesamten europäischen Wirtschaftsraum verkehrsfähig (freier Warenverkehr).
  • Das Konformitätsbewertungsverfahren mit der Benannten Stelle ersetzt das bei Arzneimitteln übliche längere bzw. kompliziertere staatliche Zulassungsverfahren ohne Abstriche bei der Sicherheit.

Im Einzellfall schwer zu beurteilen

Dazu Manfred Beeres vom Bundesverband der Medizinproduktehersteller (BVMed): "Der Einzelfall Doloben® Gel 20% kann von uns im Detail nicht beurteilt werden. Es handelt sich wohl um ein ,arzneimittelähnliches Medizinprodukt' nach § 31 SGB V.

Zuständig für die Abgrenzungsfrage zum Arzneimittel wäre hier die örtlich zuständige Behörde, vermutlich das Regierungspräsidium Freiburg oder Tübingen. Die Behörde wird sich im Zweifelsfall an das Landessozialministerium oder das BfArM wenden." hel

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