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Sanacorp eG: Schwieriges Geschäft in Zeiten des GMG

DRESDEN (tmb). Am 19. Juni 2004 fand in Dresden die Vertreterversammlung der pharmazeutischen Großhandlung Sanacorp eG statt. Die starken Belastungen aus dem politischen Umfeld konnten im Geschäftsjahr 2003 weitgehend durch Rationalisierungsmaßnahmen ausgeglichen werden, doch bringt das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) neue Schwierigkeiten für die Branche. Als maßgebliches Ziel für die künftige Entwicklung der Sanacorp wird eine Umsatzrentabilität von mindestens 1% angestrebt. Doch kann das Ergebnis des Jahres 2004 bisher nur grob geschätzt werden.

Die Vertreterversammlung der Sanacorp bestand in diesem Jahr zu fast einem Drittel aus neu gewählten Mitgliedern und tagte erstmals in einem der neuen Bundesländer. Der Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Funke, Wiesbaden, betonte, wie bedeutsam der Genossenschaftsgedanke gerade angesichts der derzeitigen Entwicklungen auf dem Apothekenmarkt sei. So könnten viele kleine Unternehmen im Wettbewerb gegenüber Großen bestehen, von Synergien profitieren und ihre Selbstständigkeit bewahren. Allein die Tatsache, dass es genossenschaftliche Strukturen gibt, biete eine gewisse Beruhigung für die Zukunft der Apotheken.

2003: Ruinöser Wettbewerb ...

Der Vorstandsvorsitzende Manfred Renner beschrieb in seinem Bericht zunächst die Geschäftsentwicklung im Jahr 2003, die wesentlich durch das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) geprägt wurde und gegenüber der Vergangenheit "gravierende Veränderungen" brachte. Das Gesetz sei sehr schnell durch die Entscheidungsgremien "durchgeboxt" worden, was sein Verständnis der demokratischen Ordnung erheblich gestört habe. Doch seien die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gesunken.

Die Einsparforderung an den pharmazeutischen Großhandel in Höhe von 600 Mio. Euro sei angesichts eines Gesamtergebnisses der Branche von 237 Mio. Euro völlig unrealistisch gewesen und stellte letztlich eine Rabattabschöpfung dar. In der Folge sei die Wettbewerbsintensität im Pharmagroßhandel im Jahr 2003 auf ein nie da gewesenes Maß gestiegen. Dabei seien geringe Veränderungen der Marktanteile sehr teuer bezahlt worden. Doch habe die Sanacorp diese "Rabattschlacht" nicht in vollem Umfang mitgemacht, weil sie ihre Finanzmittel nicht kurzfristig verbrauchen wollte und die langfristige Rentabilität wichtiger sei.

Daher stieg der Bruttoumsatz der Sanacorp im Jahr 2003 um nur 4,09% im Vergleich zum Vorjahr. Um ein Absinken der Umsatzrentabilität unter 1% zu verhindern, wurden das Personal reduziert und weitere Kostensenkungsmaßnahmen durchgeführt. Weitere Rationalisierungen seien nun nicht mehr möglich, ohne die Qualität der Leistungen für die Mitglieder zu vermindern. Dies dürfe aber nicht das Ziel einer Genossenschaft sein.

... und doch befriedigendes Ergebnis

Erfreulich sei dagegen der Anstieg der Mitgliederzahl von 6867 auf 6939, insbesondere angesichts des Eintritts vieler junger Kollegen. Die Bilanz der Genossenschaft ist wesentlich durch den Anteil an der Sanacorp AG in Höhe von 83,6 Mio. Euro geprägt. In der Genossenschaft wurde ein Jahresüberschuss von 7,547 Mio. Euro erzielt. Da das operative Großhandelsgeschäft von der Sanacorp AG durchgeführt wird, ist der Abschluss des Gesamtkonzerns für die wirtschaftlichen Verhältnisse aussagekräftiger. Dort sank die Bilanzsumme auf 575,9 Mio. Euro (im Vorjahr: 609,6 Mio. Euro), was insbesondere auf dem Rückgang des Warenlagers beruhte. Die Eigenkapitalquote von 45% spreche für eine solide Vermögenslage.

Es wurde ein Nettoumsatz von 2404,7 Mio. Euro erzielt. Durch die verminderte Zahl der Beschäftigten sank der Personalaufwand auf 84,4 Mio. Euro. Der Zinsaufwand betrug 3,0 Mio. Euro. Es wurde ein Jahresüberschuss von 14,8 Mio. Euro erzielt, der deutlich unter dem Vorjahreswert von 19,0 Mio. Euro liegt. Der bereinigte Cash flow der Aktiengesellschaft betrug 22,3 Mio. Euro, das sind 0,93% vom Umsatz. Diese Zahl zeigt nach Einschätzung von Renner die Ergebnisverschlechterung aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen.

Trotz Belastungen durch die politische Entwicklung konnte die Vertreterversammlung für das Geschäftsjahr 2003 eine unveränderte Dividende in Höhe von 7% zuzüglich 2,5% Bonus auf die Pflichtanteile und 5% plus 2,5% Bonus auf die freiwilligen Anteile beschließen. Der Gewinnvortrag von 1,9 Mio. Euro auf neue Rechnung soll die Dividendenkontinuität für die Zukunft sicherstellen.

Entscheidung über Anzag-Beteiligung steht bevor

Die größte Investition im Berichtsjahr 2003 war der abgeschlossene Neubau der Niederlassung in Offenburg mit einem Volumen von 8 Mio. Euro. Der alte Bau hatte nicht mehr den Anforderungen entsprochen. Die Tochtergesellschaft Sanalog Logistik GmbH habe planmäßig die Gewinnschwelle erreicht. Dieses Unternehmen nimmt eine Zentrallagerfunktion wahr und konnte die Sanacorp erheblich entlasten. Der weitere Ausbau der Sanalog sei auf europäischer Ebene zu sehen.

In dem jahrelangen Rechtsstreit um die Wahrnehmung der Kaufoption der Sanacorp auf 25% der Aktien der Anzag AG, die ehemals von der DZ-Bank gehalten wurden, steht ein Ergebnis kurz bevor. Am 13. Juli wird das Urteil des BGH erwartet, der über eine Beschwerde des Bundeskartellamtes gegen ein Urteil des OLG Düsseldorf zu entscheiden hat. Am 11. Mai hatte die letzte Anhörung stattgefunden. Falls der BGH im Sinne der Sanacorp entscheiden sollte, werde sie die Option wahrnehmen und damit die Mehrheit an der Anzag übernehmen. Sie ist dann verpflichtet, ein Übernahmeangebot an die übrigen Anzag-Aktionäre zu machen.

Die angestrebte Verbindung sei für die Sanacorp eine "Aufholfusion", um mit den international tätigen Pharmagroßhändlern hinsichtlich Größe und Marktanteil konkurrieren zu können. Dies würde den Wettbewerb in Deutschland verstärken. Die Zwei-Marken-Strategie mit Sanacorp und Anzag solle dann aber weitergeführt werden. Zu weiteren Äußerungen hinsichtlich der Übernahmepläne war der Vorstand mit Rücksicht auf das schwebende Gerichtsverfahren nicht bereit.

2004: Folgen des GMG

Im Verlauf des Berichtsjahres 2003 zeichnete sich die Verabschiedung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) ab. Dabei kündigte der Gesetzgeber zunächst an, das Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken vollständig aufzuheben. Um den erwarteten Apothekenketten wirksame Strukturen entgegenzusetzen, wurde das Konzept "meine apotheke" vorbereitet. Dies war ursprünglich als Dachmarke für den gemeinsamen Außenauftritt geplant und wurde später an die veränderten GMG-Pläne angepasst. Es verbindet Einkaufsvorteile, insbesondere im OTC-Bereich, mit Beratungsbausteinen. Insgesamt biete sich ein Potenzial von bis zu 2100 teilnehmenden Apotheken.

Das 2004 in Kraft getretene GMG schöpfe wie viele vorherige Gesetze wieder einmal Erträge vom Arzneimittelmarkt ab. Damit müssten Apotheken, Großhandel und Pharmaindustrie für die Defizite bei den Kassen herhalten, obwohl die Probleme der Kassen auf den Einnahmeausfällen und dem medizinischen Fortschritt beruhen. Die binnenwirtschaftliche Nachfrage springe aber nicht an, weil die Bürger das Vertrauen in den Staat verloren hätten. Daher drohten weitere Sparmaßnahmen.

Das GMG wird nach Einschätzung von Renner die Geschäftsentwicklung des Pharmagroßhandels im Jahr 2004 bestimmen. Durch die Halbierung der Spanne bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und die freien OTC-Preise haben sich grundlegend neue Konditionen ergeben. Die konventionellen Rabatte sind weggefallen. Der Umsatz der Sanacorp ging im ersten Quartal 2004 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 9,3% auf 535,5 Mio. Euro (zum Vergleich: 590,7 Mio. Euro im 1. Quartal 2003) zurück.

Für den Cash flow des Jahres 2004 könne nur ein breiter Korridor der Erwartungen von 18 bis 25 Mio. Euro angegeben werden, dessen obere Grenze gerade einer Umsatzrendite von 1% entspricht. Eine solche Umsatzrendite sei erforderlich, um die nötigen Investitionen zu finanzieren. Das absolute Ergebnis für 2004 werde unter dem Vorjahreswert liegen, was nicht befriedigen könne.

Als nächste größere Investition plane der Vorstand der Sanacorp, im Jahr 2005 eine neue Niederlassung in Chemnitz zu eröffnen. Die Räume der bisherigen dortigen Niederlassung seien veraltet und ungünstig zur neuen Autobahn gelegen. Die Sanacorp hat bereits ein Gelände für einen Neubau erworben, der durch seine verkehrsgünstige Lage schnelle Lieferungen ermöglichen und neue Kundenkreise eröffnen würde. Das Investitionsvolumen dürfte 12 bis 15 Mio. Euro betragen.

Zusammenarbeit für die Apotheken

Zum Abschluss des Vorstandsberichts appellierte Renner an die diversen Wirtschaftsunternehmen im Umfeld der deutschen Apotheken, das Geld der Apotheker nicht zweimal auszugeben. Die verschiedenen von den Apothekern geschaffenen Unternehmen hätten lange Zeit untereinander keine Konfliktfelder gehabt, doch würden nun einzelne Unternehmen zunehmend an Geschäftsfeldern arbeiten, für die bereits Lösungen in anderen Unternehmen der Apothekerschaft existieren. Stattdessen sollten die Kompetenzen gebündelt werden, um die Herausforderungen zu meistern.

Dachmarken – pro und contra

Herausragende Themen bei der anschließenden Diskussion waren das Konzept "meine apotheke" und der Schutz vor einer weiteren Verschärfung der Marktlage der Apotheken. Einzelne Delegierte bezweifelten die Wirksamkeit des Konzeptes, die meisten diesbezüglichen Äußerungen ermutigten den Vorstand aber, dies weiterzuführen oder sogar zu einem gemeinsamen Außenauftritt auszubauen. Vorstand Dr. Herbert Lang beschrieb die Sichtwahloptimierung und die Absatzaktionen als die wesentlichen Elemente des Konzeptes. Seit die Zahl von 1000 teilnehmenden Apotheken überschritten wurde, konnten nach Einschätzung von Renner bei der Industrie deutlich verbesserte Einkaufskonditionen erzielt werden.

BAK-Präsident Dr. Johannes Metzger appellierte nachdrücklich, keine Dachmarkenkonzepte für Apotheken einzusetzen. Wenn die Apotheker selbst das "Surrogat" der Ketten, d. h. die Dachmarken, schaffen würden, würde die Bundesregierung bald das "Original" erlauben. Die Apotheker sollten sich nicht innerlich einer Sache zuwenden, die sie nicht wollen könnten. Stattdessen sollten sie jede Anstrengung unternehmen, um die Zulassung von Apothekenketten abzuwenden.

Ein weiteres Diskussionsthema war das Direktgeschäft, das der Vorstand mit Sorge betrachte. Es habe für lange Zeit 7 bis 8% des Marktes betragen, sei zum Jahreswechsel bis auf 20% gestiegen und nun wieder auf etwa 13% zurückgegangen. Offenbar würden die Hersteller jetzt die hohen Kosten des Direktgeschäftes erkennen. Auf die Frage eines Delegierten nach der in Kürze anstehenden Eröffnung einer Noweda-Niederlassung im Großraum Berlin meinte Renner, die Sanacorp werde sich mit ihrer Niederlassung in Potsdam dem Wettbewerb stellen und hoffe auf die Treue ihrer Kunden.

Aufsichtsratswahlen

Im weiteren Verlauf der Vertreterversammlung wurden Vorstand und Aufsichtsrat einstimmig entlastet. Die Aufsichtsratsmitglieder Norbert Bartetzko, Berlin, und Ernst Buck, Bad Saulgau, deren Amtszeit turnusmäßig endete, wurden mit großer Mehrheit von der Vertreterversammlung wiedergewählt. Als neues zweites Ersatzmitglied für den Aufsichtsrat setzte sich Christiane Fahrmbacher-Lutz, Augsburg, in einer Abstimmung deutlich gegen zwei andere Kandidatinnen durch. Ursula Bockhorni-Imhoff, Garmisch-Partenkirchen, wurde neu in den Wahlausschuss gewählt.

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