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In Frankreich ist die "Pille danach" seit Juli 1999, in Schweden seit April 2001 rezeptfrei ohne Altersbegrenzung erhältlich. In vielen (mindestens 28) anderen europäischen und außereuropäischen Ländern ist ein Präparat mit dem Wirkstoff Levonorgestrel (landläufig als "Pille danach" bezeichnet) zur Notfallkontrazeption bereits seit einigen Jahren ohne ärztliche Verordnung in der Apotheke, zum Teil aber auch von anderen Ausgabestellen erhältlich, in Frankreich beispielsweise von Schulkrankenschwestern.

Deutschland prüft derzeit das Bundesgesundheitsministerium, ob solche Präparate in Zukunft aus der Verschreibungspflicht entlassen werden sollen. Diese Prüfung geschieht auf Veranlassung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht, der wiederum dem Antrag eines pharmazeutischen Unternehmens für die Freistellung von der Rezeptpflicht zugestimmt hatte. Die Bundesregierung bat daraufhin die Bundesländer um deren Stellungnahme. Ein Ergebnis sollte noch in diesem Frühjahr vorliegen.

Dass die Überprüfung noch auf sich warten lässt, hat natürlich mit der besonderen Indikation dieses Präparats zu tun. Es ist ein hochdosiertes Hormonpräparat, das bisher Gynäkologen verordnen, wenn eine Frau nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr eine Empfängnis ausschließen möchte oder sich nicht sicher ist, ob die eingesetzten kontrazeptiven Maßnahmen zuverlässig wirkten. Ein Kondom kann reißen, ein Diaphragma verrutschen oder die Pille kann frau vergessen. Die Pille danach kann eingesetzt werden bei Teenagern, für die "das erste Mal" überraschend und unvorbereitet kam.

Bisher mussten Frauen eine gynäkologische Praxis aufsuchen, um sich ein Rezept für dieses Präparat abzuholen. Ein umständlicher und Zeit vergeudender Weg – insbesondere an Wochenenden: eine gynäkologische Notfallpraxis ist nicht immer leicht erreichbar, man wartet bis zum nächsten Werktag, wertvolle Zeit vergeht. Zwar kann die Pille danach bis zu 72 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr angewendet werden, aber am sichersten und effektivsten ist die Wirkung, wenn das Präparat so früh wie möglich eingenommen wird. Deshalb soll es in Kürze auch in Deutschland einen "niedrigschwelligen" Zugang zu Levonorgestrel als Notfallkontrazeptivum geben, nämlich über die Apotheke. Das Präparat hat Experten zufolge kaum Kontraindikationen und nur wenige Nebenwirkungen, eine gynäkologische Voruntersuchung vor Einnahme des Präparats ist nicht notwendig.

Notfallkontrazeption – das mag für einige nicht nachvollziehbar sein nach dem Motto, "wenn man vorher richtig aufgepasst hätte..." bis hin zu den nicht mehr zeitgemäßen Moralvorstellungen, Geschlechtsverkehr sollte nur der Zeugung von Nachkommen dienen. Ethische und moralische Gründe werden von Bedenkenträgern gerne gegen die Freigabe der "Pille danach" angeführt, manche scheuen auch die Verantwortung, die sie glauben, mit der Abgabe auf sich nehmen zu müssen. Auch in Frankreich verhielten sich unsere Kolleginnen und Kollegen anfangs zögerlich, doch mittlerweile, nach über fünf Jahren, wird die Regelung gut akzeptiert. Sinn der Freigabe von Levonorgestrel ist, den betroffenen Frauen, die (noch) kein Kind wollen, zu helfen, nicht zuletzt, um eine Abtreibung zu verhindern. In Frankreich ist bereits seit 2000 ein Rückgang der Abtreibungen festzustellen.

Ich könnte mir eine geregelte Abgabe durch die Apotheke durchaus vorstellen, verbunden mit einem vorgeschriebenen Informationsgespräch, das zum Beispiel anhand eines ausgefüllten Fragebogens dokumentiert wird. So kann der Apotheker sicher sein, dass er alle notwendigen Hinweise gegeben hat, dass er die Abgabe nicht mit moralisierenden Worten verbindet, die Betroffene über Wirkung und Nebenwirkungen aufgeklärt hat und auch darüber, dass ein solches Präparat nur als Notfallkontrazeptivum zur Verfügung steht und nicht zur regelmäßigen Verhütung eingesetzt werden darf. Die Apotheke, ein niedrigschwelliger Zugang zu fachkundiger und schneller Hilfe – dieser Verantwortung müssen wir uns stellen.

Peter Ditzel

Pille danach – bald vom Apotheker?

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