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Homöopathie - seit 180 Jahren klinisch geprüft

Die Methode der modernen klinischen Prüfung von Arzneimitteln, die insbesondere die Randomisierung der Patientengruppen, die doppelte Verblindung der Prüfmedikamente und Plazebos und die statistische Auswertung nach einem vorgegebenen Studiendesign einschließt, wurde im Wesentlichen in den 1950er-Jahren etabliert. Sie ist heute als "randomized controlled trial" (kurz: RCT) bekannt. Doch schon hundert Jahre vorher wurden klinische Prüfungen durchgeführt, die teilweise ein erstaunlich hohes Niveau hatten. Noch erstaunlicher ist es, dass mit solchen Studien insbesondere die Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel geprüft wurde. Einen Überblick über sämtliche klinischen Versuche zur Homöopathie in Europa und Nordamerika, soweit sie publiziert oder anderweitig dokumentiert wurden, gibt ein soeben erschienenes Buch, das die Karl und Veronica Carstens-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Robert Bosch Stiftung herausgegeben hat.

Der Autor M. E. Dean, Mitarbeiter am Centre for Reviews and Dissemination in York, England, legt dar, dass Homöopathika seit den 1820er-Jahren zunächst in Form von klinischen Anwendungsbeobachtungen geprüft wurden. Ab 1844 folgten dann systematische Vergleichsstudien mit Allopathika. Teils wurden dabei ganze Krankenhäuser in zwei Abteilungen gegliedert und die Patienten, unabhängig von ihrem jeweiligen Leiden, wahllos der einen oder anderen Abteilung zugewiesen und entsprechend behandelt, teils wurden Patienten mit denselben Erkrankungen wie Lungenentzündung, Cholera oder Scharlach entweder homöopathisch oder allopathisch behandelt.

Die Dokumentation und Auswertung dieser Studien darf als zuverlässig gelten, weil sowohl die Krankenhausträger als auch die Gesundheitsbehörden an objektiven Ergebnissen interessiert waren. In den meisten Studien erwies sich die Homöopathie als überlegen, in anderen als gleichwertig, doch gelang es der allopathischen Ärzteschaft immer wieder, die Ergebnisse dieser Studien zu diskreditieren oder ihre Publikation zu verhindern.

Mit der Wirksamkeit von Plazebos hatte sich schon Samuel Hahnemann persönlich befasst, und zwar besonders intensiv zu jener Zeit, als er das Potenzierungsprinzip aufstellte (1810). Während einer Typhus-Epidemie 1813 in Leipzig hatte er Plazebos in größerem Stil getestet. Somit dürfte bewiesen sein, dass die Schulmedizin die plazebokontrollierte Arzneimittelprüfung von der Homöopathie übernommen hat.

Nach diesen akribisch belegten medizinhistorischen Ausführungen fasst Dean die klinischen Studien mit Homöopathika zusammen, die ab etwa 1970 in größerer Anzahl durchgeführt wurden und zu durchaus divergierenden Ergebnissen geführt haben. Dabei spricht Dean auch die methodischen Probleme an. Er stellt in Frage, dass die RCT die ultima ratio der Wirksamkeitsprüfung ist; auch andere Modelle seien geeignet, den praktischen Nutzen einer Therapie für den Patienten zu belegen und ihre gesundheitsökonomischen Vorteile aufzuzeigen. Übrigens hat Dean im Jahr 2003 den Hans-Walz-Preis erhalten, mit dem die Robert Bosch Stiftung hervorragende Arbeiten zur Homöopathiegeschichte würdigt.

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