Praxis

C. GlöklerNahrungsergänzungsmittel – welche

Die Kunden sind zunehmend bereit, zur Optimierung ihrer Ernährung auch teurere Produkte beispielsweise im Versand oder in der Apotheke zu kaufen. Nahrungsergänzungsmittel haben daher gegenüber den Arzneimitteln in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Die äußere Aufmachung ist für den Kunden oft kaum mehr von einem Arzneimittel zu unterscheiden: Nahrungsergänzungsmittel werden Ų wie Medikamente Ų in Dragee-, Kapsel- oder Tablettenform angeboten, oft in höchst wissenschaftlich anmutender Aufmachung. Wesentliche Unterschiede bestehen jedoch bei den Werbemöglichkeiten, insbesondere hinsichtlich der zulässigen Wirkversprechen.

Der Bundesrat hat am 14. Mai der "Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel" vom 30. März 2004 seine Zustimmung erteilt. Mit dieser Verordnung wird die seit Mitte 2002 auf EU-Ebene existierende so genannte "Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie" (Richtlinie 2002/46/EG) in deutsches Recht umgesetzt. Damit werden auch die Nahrungsergänzungsmittel – neben den Arzneimitteln und Lebensmitteln – als eigene regelungsbedürftige Produktkategorie aufgegriffen, was deren zunehmender Bedeutung Rechnung trägt. Als Begriff waren die Nahrungsergänzungsmittel bereits früher Bestandteil deutscher Normen, beispielsweise als "apothekenübliche Waren" in der Apothekenbetriebsordnung – sie haben diese Qualifikation auch nach der Straffung des § 25 ApBetrO und dem Wegfall ihrer ausdrücklichen Nennung nicht verloren.

Zur Ergänzung der Ernährung

Nahrungsergänzungsmittel sind grundsätzlich Lebensmittel, so dass auf sie die lebensmittelrechtlichen Vorschriften anzuwenden sind. Im Gegensatz zu traditionellen Lebensmitteln sind sie jedoch nicht vorrangig dazu bestimmt, zur normalen Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Vielmehr sind sie nach den einschlägigen Definitionen dazu bestimmt, "die normale Ernährung zu ergänzen". Zwei weitere Kriterien hat der Gesetzgeber zur Definition des Nahrungsergänzungsmittels festgehalten: So müssen diese Produkte einerseits ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung darstellen und andererseits in dosierter Form in Verkehr gebracht werden.

Was ist geregelt?

Die Nahrungsergänzungsmittelverordnung sieht in der derzeit vorliegenden Fassung zahlreiche Anforderungen vor: Beispielsweise dürfen Nahrungsergänzungsmittel nur in Fertigpackungen an den Verbraucher abgegeben werden. In Deutschland ist das erste Inverkehrbringen dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter Vorlage eines Etikettmusters anzuzeigen. Auf der Packung muss der Hersteller die empfohlene tägliche Verzehrsmenge angeben, verbunden mit dem Hinweis, dass diese nicht überschritten werden darf.

Auch darauf, dass das Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden soll, muss hingewiesen werden. Darüber hinaus werden die in Nahrungsergänzungsmitteln zugelassenen Stoffe definiert. Der deutsche Verordnungsgeber hat Positivlisten für Nährstoffe – d. h. Vitamine und Mineralstoffe einschließlich Spurenelemente – sowie für Zusatzstoffe erarbeitet.

Für die Hersteller ist die Möglichkeit vorgesehen, noch bis ins Jahr 2005 ihre Produkte nach der bisherigen Rechtslage zu produzieren und in Verkehr zu bringen, hinsichtlich der Zusatzstoffe sind noch großzügigere Übergangsregelungen vorgesehen.

Anwendungsgebiete und Wirkversprechen

Bei Produkten, die der Ergänzung, d. h. der Optimierung der Ernährung dienen, liegt es nahe, gesundheitsbezogene Werbeaussagen zu verwenden. Das Spektrum solcher Werbeaussagen ist weit: Es beginnt bei dem Versprechen der Verbesserung des allgemeinen gesundheitlichen Befindens, geht über Aussagen, wonach das Präparat bestimmte Körperfunktionen oder Organe unterstützt oder schützt und endet schließlich bei Hinweisen, dass das Mittel Krankheiten verhüte oder dass damit sogar eine Behandlung möglich sei. Nicht alle dieser Aussagen sind rechtlich zulässig.

In der Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie sind die Werbemöglichkeiten für Nahrungsergänzungsmittel deutlich eingeschränkt worden. So sieht Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie Folgendes vor: "Die Kennzeichnung, die Aufmachung und die Werbung dürfen Nahrungsergänzungsmitteln keine Eigenschaften zuschreiben, die der Verhütung, Behandlung oder Heilung einer Humanerkrankung dienen, und dürfen auch nicht auf solche Eigenschaften hinweisen." Bei der Umsetzung der Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie in nationales Recht wurde diese Bestimmung nicht in die Nahrungsergänzungsmittelverordnung übernommen. Dies war auch nicht nötig – Grund: Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel, auf die neben den Spezialnormen auch die allgemeinen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen anzuwenden sind.

Im deutschen Lebensmittelrecht findet sich jedoch bereits eine Vorschrift, die für Lebensmittel allgemein – damit also auch für Nahrungsergänzungsmittel – ein Verbot gesundheitsbezogener Werbung vorsieht. Es handelt sich um § 18 LMBG (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz), wonach es unter anderem verboten ist, für Lebensmittel mit Aussagen zu werben, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG).

Durch das grundsätzliche Verbot krankheitsbezogener Werbung soll der Verbraucher davor bewahrt werden, das Lebensmittel für einen geeigneten Arzneimittelersatz zu halten, möglicherweise unzureichende Selbstbehandlungsversuche zu unternehmen und ärztliche Behandlung fälschlicherweise für entbehrlich zu halten. Insofern sind die Möglichkeiten weiter eingeschränkt als beispielsweise bei kosmetischen Mitteln, bei denen auch krankheitsbezogene Aussagen möglich sind, so lange der Pflegezweck des Produktes überwiegt. Die bisher vor allem in Bezug auf traditionelle Lebensmittel geführte Diskussion, wann verbotene krankheitsbezogenen Aussagen vorliegen, ist also auch bei Nahrungsergänzungsmitteln einschlägig.

"Gesundheitsbezogene" oder "krankheitsbezogene" Werbung?

Das Marketing für traditionelle Lebensmittel ist weit weniger auf gesundheitsbezogene Werbeaussagen angewiesen – in der Regel steht der Genusswert, zumindest aber die Tauglichkeit zur täglichen Ernährung im Vordergrund, so dass nicht auf spezielle Ernährungszwecke zurückgegriffen werden muss. Anders ist dies bei Nahrungsergänzungsmitteln: Diese sind zur täglichen Ernährung nicht geeignet, ihr Zweck besteht gerade darin, diese in bestimmter Weise zu ergänzen. Um Fehlgebrauch zu vermeiden, muss der Hersteller dem Verbraucher Informationen geben, wann der Verzehr eines bestimmten Nahrungsergänzungsmittels sinnvoll ist und wann dies nicht angezeigt ist. Hierbei ist es besonders schwierig, die Trennungslinie zu ziehen zwischen erlaubter gesundheitsbezogener Werbung und verbotener Werbung mit Krankheitsbezug.

Man ist sich einig darüber, dass Aussagen, die sich auf die allgemeine Verbesserung des Gesundheitszustandes beziehen – vorausgesetzt natürlich sie sind richtig und nicht irreführend – auf jeden Fall zur erlaubten gesundheitsbezogenen Werbung zu zählen sind. So wurden von Gerichten folgende Aussagen als zulässig eingestuft: "gesund", "gesundheitsfördernd", "sorgt für gesundes und jugendfrisches Aussehen", "bekömmlich". Keiner dieser Werbesprüche lässt Assoziationen zu Krankheiten aufkommen.

Es liegt jedoch auf der Hand, dass eine gezielte Information über die sinnvolle Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln über derart unspezifische Aussagen kaum möglich ist. Es bietet sich daher an, die positive Wirkung nicht auf den allgemeinen Gesundheitszustand, sondern auch auf bestimmte Organe oder Körperfunktionen zu beziehen – immer noch ohne Nennung einer Krankheit.

In diese Kategorie gehören beispielsweise folgende Claims: "Zur Stärkung des Immunsystems", "kreislauffördernd", "verdauungsanregend", "stärkt die Nerven", "schützt die Zellen" und ähnliche Formulierungen. Vereinzelt werden solche Aussagen von Gerichten noch als unzulässig eingestuft, insbesondere dann, wenn vom "Schutz" bestimmter Organe oder Funktionen die Rede ist – angeführt wird meist das Argument, dass der Hinweis auf den Schutz eines Organs auch die Schutzbedürftigkeit und damit eine drohende Krankheit impliziere.

Eine solche restriktive Auslegung des Gesetzes würde jedoch eine sinnvolle Information des Kunden verhindern. Höhere Gerichte heben daher solche Entscheidungen oft auf, zumindest dann, wenn nicht gleichzeitig vom Werbenden der Eindruck erweckt wird, ein ausreichender Schutz sei durch normale Ernährung nicht gewährleistet und nur durch den Konsum des betreffenden Lebensmittels zu erreichen.

Einen Schritt weiter von der gesundheits- zur krankheitsbezogenen Werbung gehen Angaben, die zwar nicht die Krankheit selbst, aber deren Symptome nennen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte beispielsweise über folgende Aussage zu urteilen: "Wenn es in den Gelenken knackt und knirscht ...". Die Richter entschieden, dass die Angabe "bloßer Symptome" zumindest dann zur Unzulässigkeit führt, wenn diese entweder für sich betrachtet einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen, oder wenn sie so deutlich sind, dass zumindest ein erheblicher Teil der Verbraucher sie ohne Weiteres mit einer bestimmten Erkrankung verbindet. Im genannten Fall sah der BGH es als wahrscheinlich an, dass zumindest Arthrose-Betroffene die geschilderte Symptomatik ihrer Krankheit zuordnen. Symptombezogene Claims sollten also zumindest dann, wenn es sich nicht um völlig unspezifische Merkmale handelt, im Rahmen der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel vermieden werden.

Höchst problematisch sind Aussagen, die bereits eine konkrete Erkrankung nennen, dies aber durch Betonung des Ernährungszweckes relativieren. Als Beispiel mag der typische Einleitungssatz gelten "geeignet zur Ernährung bei ...", gefolgt von einem Krankheitsbild. Zwar wird klargestellt, dass der Ernährungszweck und nicht etwa ein Heilzweck im Vordergrund steht. Ob dies den Verbraucher jedoch wirksam davon abhalten kann, zunächst einmal in der Selbstbehandlung mit einem Lebensmittel sein "Glück zu versuchen" anstatt den Arzt rechtzeitig zu kontaktieren, ist eher ungewiss.

Entsprechende Formulierungen sollten daher den diätetischen Lebensmitteln vorbehalten bleiben. Welche konkreten Ausnahmen vom allgemeinen Verbot der krankheitsbezogenen Werbung die diätetischen Lebensmittel für sich beanspruchen können, ist in § 3 der Diätverordnung geregelt.

Die Grenze zum Arzneimittel

Bei der Marketingplanung für Nahrungsergänzungsmittel sollte sorgfältig darauf geachtet werden, dass keine unzulässige krankheitsbezogene Werbung betrieben wird. Man läuft hier nicht nur Gefahr, dass man beispielsweise durch Abmahnung eines Wettbewerbers zur Unterlassung der unzulässigen Marketingelemente verpflichtet wird – wesentlich unangenehmer kann es werden, wenn beispielsweise die Ordnungsbehörde aufgrund der krankheitsbezogenen Aussagen zu der Ansicht kommt, bei dem entsprechenden Produkt handele es sich nicht um ein Nahrungsergänzungsmittel, sondern um ein Arzneimittel.

Dies ist möglich, da die deutsche Definition des Arzneimittelbegriffes unter anderem darauf abstellt, ob das entsprechende Produkt dazu "bestimmt ist", Krankheiten zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Überzogene krankheitsbezogene Werbeaussagen können daher dazu führen, dass das Produkt, auch wenn es tatsächlich über entsprechende Eigenschaften nicht verfügt, trotzdem wie ein Arzneimittel behandelt wird. Dies hat dann regelmäßig zur Folge, dass sich diese "unverhofft" zum Arzneimittel gewordenen Produkte ohne die entsprechende Arzneimittelzulassung im Verkehr befinden – die Sanktionen des Arzneimittelrechtes sind in diesem Fall beachtlich.

Fazit

Insgesamt ist festzustellen, dass es durchaus zahlreiche Möglichkeiten gibt, Verbraucher über die Eigenschaften von Nahrungsergänzungsmitteln zu informieren. Konkrete Formulierungen sollten durch eine Rechtsprechungsrecherche abgesichert werden. Aktuelle Informationen können sich dabei lohnen, da die Rechtsprechung dazu tendiert, hinsichtlich der möglichen Werbeaussagen eher liberaler zu werden. Nicht zuletzt sind die Wirkversprechen oft das zentrale Produktmerkmal, um sich aus dem Meer der ähnlich aussehenden Pillen und Dragees hervorzuheben.

Dies wird in der aktuellen Situation sogar noch wichtiger werden, da sich das Interesse des Verbrauchers an Nahrungsergänzungsmitteln mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes noch erhöhen könnte – Grund: Bislang waren Nahrungsergänzungsmittel von Arzneimitteln auch in finanzieller Hinsicht deutlich abgegrenzt: Während Arzneimittel im rezeptpflichtigen wie im OTC-Bereich von den Krankenkassen erstattet wurde, musste der Kunde die Nahrungsergänzungsmittel aus eigener Tasche bezahlen.

Mit dem Wegfall der Erstattungsfähigkeit der OTC-Präparate stehen diese – zumindest in finanzieller Hinsicht – weitgehend auf der gleichen Stufe wie Nahrungsergänzungsmittel. Es wird abzuwarten sein, ob es hier zu einer Nachfrageverschiebung kommt. Dem Marketing mit Wirkversprechen wird jedenfalls eine nicht zu unterschätzende Rolle zukommen.

Nahrungsergänzungsmittel haben in den letzten Jahren in der Apotheke gegenüber den Arzneimitteln stetig an Bedeutung gewonnen. Rechtlich existierte hier eine Grauzone: Die Aufmachung war für den Kunden oft kaum mehr von einem Arzneimittel zu unterscheiden, trotzdem wurde auf sie vielfach das Lebensmittelrecht angewandt. Seit Mitte Mai gilt deshalb eine neue Verordnung, die definiert, was ein Nahrungsergänzungsmittel enthalten darf und wie dafür geworben werden kann. Alles über Wirkversprechen, die Abgrenzung zum Arzneimittel und die neue Verordnung lesen Sie ab Seite 50.

Weitere Artikel zum Arzneimittelrecht finden Sie im Internet unter www.arzneimittel.de

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