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Offener Brief an die Arbeitgeber: Aktuelle wirtschaftliche Lage und Tarifsituati

Der Bundesvorstand des BVA hat an den Vorsitzenden des Arbeitgeberverbands Deutscher Apotheken (ADA) sowie an alle Apothekenleiter einen offenen Brief zu den aktuellen Wirtschaftsbedingungen in der öffentlichen Apotheke geschrieben. Er fordert die Arbeitgeber auf, ihre Bilanz nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer zu verbessern, sondern zusammen mit den Arbeitnehmern die aktuellen Herausforderungen zu meistern.

Sehr geehrter Herr Dr. Zindler, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Apothekenleiter ohne Funktion im Arbeitgeberverband,

wir schreiben diesen Brief als "offenen Brief" nicht nur für die breite Öffentlichkeit, sondern auch für die überwiegende Mehrheit der deutschen Apothekenleiter und -leiterinnen, die nicht ständig mit Verbandspolitik zu tun haben. Was die wirtschaftliche Lage der Apotheken angeht, haben sich folgende Fakten herausgestellt:

1. Die Jahreszahlen 2003 sind veröffentlicht. Sie zeigen eindeutig, dass die Einbußen durch das BSSichG nicht so eingetroffen sind, wie von ADA und ABDA prognostiziert. So ist bei der "typischen" Apotheke das Vorsteuereinkommen gegenüber 2002 gleich geblieben, gleichzeitig aber sind die Personalkosten gesunken. Damit sind die Verschiebungen durch das BSSichG ausschließlich auf dem Rücken der Angestellten ausgetragen worden, zudem haben sich ABDA und ADA gegenüber der Politik und dem Tarifpartner mit ihren Prognosen vollends unglaubwürdig gemacht.

2. Die Zahlen der bisher veröffentlichten Einzelmonate 2004 lassen keinen Schluss auf das tatsächliche betriebswirtschaftliche Ergebnis der Apotheken zu.

3. Ein Umsatzrückgang kann auch nach der neuen Arzneimittelpreisverordnung nicht mit Gewinnverlusten gleichgesetzt werden.

Bei einem niedrigen Rezeptschnitt ist der Umsatzrückgang nicht gleichbedeutend mit einem Gewinnverlust. Dies liegt daran, dass durch die neue AMpreisV die Kostenstruktur bei AM mit einem VK bis ca. 40,– Euro günstiger geworden ist. Auch eine – unterstellte – Einbuße beim Rezeptdurchschnitt von ca. 30% ist für sich nicht aussagekräftig; berücksichtigt werden muss dabei, dass der Baranteil in den Apotheken durch den Wegfall der Befreiungsbescheide und die damit erhöhten Zuzahlungen pro Rezept gestiegen ist, was durch eine Aussage über den Rezeptdurchschnitt nicht erfasst wird.

Aus Sicht der Angestellten in Apotheken mehrt sich die Auffassung: "Wir müssen bluten, weil die Apothekenleiter nicht richtig interpretieren oder nicht darstellen können." Dies in einer Zeit, in der die Neuerungen wie z. B. das Hausapothekenmodell vor allem von den Angestellten in Apotheken umgesetzt und mit Leben gefüllt werden. Wer Beratungsoffensiven – die wir grundsätzlich befürworten und für dringend notwendig halten – starten will, kann dies nur mit motivierten Mitarbeitern leisten.

Wir müssen daher in aller Öffentlichkeit eine Warnung an die Verbandspolitik aussprechen:

Durch die Nichtwahrnehmung Ihres tarifpolitischen Mandats stellen Sie sich nicht nur als Verhandlungspartner in Frage, Sie verabschieden sich außerdem leise von der Tarifpolitik. Die Gefahr besteht, dass diese Lücke schon bald durch große Kettenbesitzer oder Versandhändler geschlossen wird. Dies will der BVA nicht, und bisher hatten wir den Eindruck, dass auch der ADA eine solche Entwicklung nicht gutheißt – zumindest bis zum heutigen Zeitpunkt.

Wir fordern Sie hiermit dringend auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, bevor das bisher altbewährte Modell von Schnelleren überrollt wird. Wir müssen jetzt die Zukunft aktiv gestalten und uns den Herausforderungen stellen, sonst tun es andere!

BVA Der Bundesvorstand Hamburg, 10. Mai 2004

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