Arzneimittel und Therapie

Diabetische Neuropathie: Antiepileptikum auch bei neuropathischem Schmerz

Die Ergebnisse einer randomisierten, plazebokontrollierten und multizentrischen Phase-II-Studie zum Nachweis von Sicherheit und Wirksamkeit des Antiepileptikums Harkoseride bei der Behandlung neuropathischer Schmerzen wurden auf dem Kongress der American Academy of Neurology in San Francisco (USA), vorgestellt, wie Schwarz Pharma mitteilte.

In einer doppelblinden, plazebokontrollierten Studie zur Behandlung des durch die diabetische Neuropathie verursachten chronischen Schmerzes konnte eine signifikante Reduzierung der Schmerzsymptome bei guter Verträglichkeit gezeigt werden.

Diabetische Polyneuropathie

Neuropathische Schmerzen sind Nervenschmerzen, die im Rahmen einer Neuropathie, einer Funktionsstörung oder krankhaften Veränderung einer oder vieler peripherer Nerven, auftreten. Wird ein Nerv verletzt oder einem länger dauernden Reiz ausgesetzt, kann ein so genanntes neuropathisches Schmerzbild ausgelöst werden. Dabei wird der Nerv überempfindlich und reagiert schon beim geringstem Anlass – zum Beispiel durch einfache Berührung – mit einer Schmerzempfindung. Diese Überempfindlichkeit kann auch auf benachbarte Nerven übergreifen, so dass ein großes empfindliches Areal entsteht.

Bei den neuropathischen Schmerzen hat der Schmerz als Warnsignal keine Funktion mehr. Er hat sich verselbstständigt. Oft können Stoffwechselkrankheiten neuropathische Schmerzen auslösen. Bei diesen Erkrankungen ist im Allgemeinen nicht nur ein einzelner Nerv betroffen, sondern es sind viele Nerven geschädigt. Polyneuropathien infolge eines Diabetes mellitus zählen zu den häufigsten Neuropathien in den westlichen Ländern.

Oberstes Behandlungsziel bei neuropathischen Schmerzen ist immer die Vermeidung einer Chronifizierung des Schmerzes. Verwendet werden neben Opioiden oder Antidepressiva hierfür auch Antikonvulsiva, die zentral krampflösend wirken: Als eine Art Nebenwirkung konnten auch bei dem antikonvulsiv wirkenden Harkoseride antinozeptive Eigenschaften beobachtet werden.

Harkoseride ([R]-2-acetamido-N-benzyl-3-methoxypropionamide, SPM 927) fand bisher bei der Indikation Epilepsie Anwendung: Ergebnisse von Phase-II-Studien zur Behandlung der Epilepsie mit dem Wirkstoff zeigen bei über einem Drittel der Patienten einen Rückgang der epileptischen Anfälle um mehr als 50%.

Wirkungsmechanismus noch ungeklärt

In der nun vorgestellten Studie zur Behandlung neuropathischer Schmerzen zeigte sich, dass Harkoseride den durch die diabetische Neuropathie verursachten Schmerz effektiv und nachhaltig reduziert sowie die Schlafqualität und die Fähigkeit der Probanden, aktiv am täglichen Leben teilzunehmen, verbessert.

Der beobachtete Therapieeffekt gegenüber Plazebo war statistisch signifikant und klinisch relevant. Harkoseride wurde gut vertragen. In dieser doppelblinden Studie mit ansteigender Dosierung wurden 119 Diabetes-Patienten mit klinisch diagnostiziertem neuropathischen Schmerz randomisiert. Die Dosis wurde bis zu einer Tagesdosis von 400 mg sukzessive gesteigert.

Auf die vierwöchige Behandlungsphase folgte eine einwöchige Ausschleichungsphase. Primärvariable war die Reduzierung von neuropathischem Schmerz bei Harkoseride im Vergleich zu Plazebo. Harkoseride ist ein Antiepileptikum, dessen Wirkungsweise noch nicht eindeutig geklärt sei, so Schwarz Pharma. Ein Phase-III-Studienprogramm, bei dem Patienten über eine Dauer von insgesamt 18 Wochen behandelt werden, soll im vierten Quartal 2003 starten, erste Ergebnisse werden für das dritte Quartal 2005 erwartet. ck

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