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DAZ-Blitzumfrage: Keine Fans von unbegrenzten Öffnungszeiten

BONN (im). Sollen Patienten ihre Tabletten, Suppositorien oder Lösungen rund um die Uhr Ų nicht nur in der Notdienstapotheke Ų abholen können? Sollen sie in allen Apotheken auch nachts apothekenübliche Waren kaufen können? Wir haben uns unter Kolleginnen und Kollegen umgehört, was sie vom Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement (SPD) halten, die Ladenöffnungszeiten zu lockern, so dass die Geschäfte an Werktagen rund im die Uhr offen halten dürfen. Gar nichts, war die einhellige Meinung.

  • "Ich halte das nicht für sinnvoll", sagt Frauke Klein, angestellte Apothekerin in der Alten Apotheke in Recklinghausen, Nordrhein-Westfalen. Gerade die Pharmazeuten seien schließlich durch den Notdienst rund im die Uhr für die Patienten da.

    Dadurch sei die Versorgung der Bevölkerung bereits "gut abgedeckt", findet die Kollegin. Ihrer Ansicht nach spielt allerdings die Lage der Apotheke eine Rolle. Sie kann sich vorstellen, dass in den Innenstädten durch die Laufkundschaft womöglich eine solche Leistung angenommen würde, in reinen Wohngebieten jedoch werde das nicht nachgefragt.

  • "Ungerecht" bezeichnet Apotheker Georg Schug von der Adler Apotheke im rheinland-pfälzischen Prüm den Plan des Wirtschaftsministers. "Ich halte nichts davon, das für den Handel einzuführen – unabhängig davon, ob für Apotheken oder andere.

    Wenn, dann sollten auch alle Ämter offen haben, sämtliche Organisationen, mit denen man als Berufstätiger zu tun hat, das wäre gerecht. Da das nicht angedacht wird, halte ich von dem Vorschlag nichts", sagt Schug, der als angestellter Apotheker in der Adler Apotheke tätig ist.

  • "Das wäre ein wesentlicher Mehraufwand für mich, den ich versuchen müsste, über mehr Teilzeit meiner approbierten Mitarbeiter auszugleichen", meint Edmund Kühlenthal. Der Leiter der Central-Apotheke im bayerischen Neu-Ulm ist sich sicher, dass sich die permanente Öffnung wirtschaftlich nicht rechnet. "Das hängt sehr von der Ärzte-Situation ab."

    So habe in Ulm ein Kollege unterhalb der Woche bereits heute durchgehend bis 20 Uhr geöffnet (Samstags bis 16 Uhr), da die Mediziner in der Umgebung für Berufstätige Abend-Sprechstunden anböten. Nur wenn umsatzträchtige Ärzte in seiner Nähe abends tätig würden, würde Kühlenthal über entsprechende Angleichungen der Öffnungszeiten nachdenken.

    Grundsätzlich ist die Diskussion über die Rund-um-die-Uhr-Öffnung "für Apotheken nicht relevant, weil es den Notdienst gibt". Wegen des flächendeckenden Angebots sei das kein großer Aufwand für die Versicherten.

  • "Das ist kompletter Unsinn," so Ingrid Blass, Inhaberin der Burgapotheke in Ludwigsburg, Baden-Württemberg. "Das Geld, das die Leute zur Verfügung haben, wird nicht mehr dadurch, dass die Geschäfte rund um die Uhr geöffnet sind."

    Blass unterscheidet bei dieser Frage nicht zwischen Apotheke und Handel und wenn, dann wäre die Non-stop-Öffnung für die Offizinen "noch weniger brauchbar" als für die Geschäfte, denn in die Apotheke kämen die Patienten, wenn sie krank wären oder ein Rezept in der Hand hielten. Da Arzneimittel eine besondere Ware seien, gälten andere Regeln als zum Beispiel beim Kauf von Bluse oder Rock. Daher lehnt sie eine solche Neuregelung ab.

  • "Wir leben doch schon damit, da ist kein Bollwerk einzureißen". Das meint Kollegin Renate Fuchs. Die von ihr geleitete Apotheke am Fuchsbau liegt im brandenburgischen Kleinmachnow vor den Toren der Hauptstadt. Gerade in Berlin, so Fuchs, seien Geschäftszeiten "fast rund um die Uhr gang und gäbe".

    Da ist ihrer Meinung nach nichts mehr zu liberalisieren. Einer ihrer Kollegen vor Ort habe bereits zwischen acht und 20 Uhr geöffnet, und die Apothekenleiterin fragt sich, wie er das mit seinen Mitarbeitern schafft. Da sich eine 24-Stunden-Öffnung für Offizinen "nie rechnet", meint Fuchs, dass sie sich das nicht leisten könnte.

    Sie halte ihre Offizin bereits über Mittag offen. Käme die völlige Freigabe, würde sie die Neuregelung nicht mitmachen. Grundsätzlich stelle sich die Frage aber nicht, meint die Apothekenleiterin, da in Berlin die großen Geschäfte bereits sehr flexibel reagierten, das sei allerdings wohl nur in Großstädten der Fall.

  • "Schrecklich" ist die Vorstellung der stets geöffneten Apotheke für den Kollegen Wolfgang Waßmus, der die Löwen-Apotheke im ostfriesischen Aurich führt. "Die Qualität des Angebots wird leiden", davon ist er überzeugt, denn dann würde es schwierig, gute Beschäftigte für den gesamten Tag und die Nacht zu haben.

    "Die Kundenbindung an die Mitarbeiter wird schlechter", meint Waßmus, denn bereits der Wegfall der zweistündigen Mittagspause sei eine Verschlechterung zu früher gewesen. Wenn der Patient käme, sei immer der von ihm favorisierte Mitarbeiter gerade nicht da. Wie bei jedem anderen Fachgeschäft gelinge es bei der 24-Stunden-Öffnung nicht, gleichbleibend gut besetzt zu sein, da seien die Apotheken keine Ausnahme.

    Er würde eine solche Regelung nicht mitmachen. Negative Folgen gäb's auch für den Notdienst. "Dann kommt keiner mehr in die Notdienstapotheke." "Wann sollen die Mitarbeiter Zeit für Familie haben?" fragt er, wo bliebe Gelegenheit zum Abschalten wie bei Kinobesuchen, wenn nur noch gearbeitet würde. Er lehnt die generelle Öffnung der Geschäfte auch deswegen ab, weil die Läden in der Stadt heute um 18.30 Uhr "gähnend leer" sind.

    Andererseits müssen seine Kunden früh morgens etliche Lücken überbrücken, denn nach dem Besuch der Löwen-Apotheke (acht Uhr) machten die anderen Geschäfte erst nach und nach zum Beispiel um neun oder zehn Uhr auf. Im übrigen sieht Waßmus Gefahren durch die Mehrausweitung der Öffnungszeiten zu Gunsten der großen Center und zu Lasten der kleinen Fachgeschäfte.

    Durch noch mehr Zentralisierung würden kleine Ortschaften oder Vor-Ort-Geschäfte in Randlagen ausbluten. Daher müssten vor allem die Geschäftsleute kleiner Unternehmen bei dieser Frage zusammenarbeiten, "sonst geht's den Bach runter".

  • Sibylle Schaffert, angestellte Approbierte in der Apotheke am Markt im baden-württembergischen Weissach, sähe für sich zunächst einen Vorteil. "Wenn Arbeitszeiten flexibler gestaltet werden, käme mir das entgegen", sagt die Apothekerin, die an sechs Tagen in der Woche bei zwei freien Mittagen (und einem freien Samstag monatlich) in der Apotheke am HV-Tisch steht.

    Das "Aber" folgt prompt. Käme die Neuregelung, wären mehr Mitarbeiter in der Apotheke nötig. Wegen der dann höheren Personalkosten käme es womöglich zu geringeren Tarifabschlüssen, "denn irgendwo muss das Geld herkommen". Sibylle Schaffert glaubt nicht, dass die Umsätze entsprechend klettern, sie hält freie Öffnungszeiten nicht für machbar.

    Ihre Apotheke liegt in einem ländlichen Gebiet. Abends gingen die Leute der Umgebung nicht unbedingt einkaufen, sondern fingen an zu kochen und blieben zu Haus. Grundsätzlich könnten die Leute schließlich nur das ausgeben, was sie im Portemonnaie haben.

  • Sollen Patienten ihre Tabletten oder Lösungen rund um die Uhr - nicht nur in der Notdienstapotheke – abholen können? Sollen sie nachts in allen Apotheken auch apothekenübliche Waren kaufen können? Wir haben uns unter Kolleginnen und Kollegen umgehört, was sie vom Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement (SPD) halten, die Ladenöffnungszeiten zu lockern, sodass die Geschäfte an Werktagen rund im die Uhr offen halten dürfen. Gar nichts, war die einhellige Meinung. 

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    Wie ist Ihre Meinung zur Lockerung der Ladenöffnungszeiten? Sind Sie dafür, dagegen oder ist es Ihnen egal? Bei der DAZonline können Sie Ihre Meinung dazu abgeben. Machen Sie mit bei unserer Online-Umfrage zum Thema "Ladenöffnungszeiten" oder sagen Sie uns im Online-Forum, was Sie von Öffnungszeiten rund um die Uhr halten.

    Unsere letzte Umfrage drehte sich übrigens um das Thema "Pseudo-Customer-Projekt" der ABDA. Das Ergebnis: 178 Kolleginnen und Kollegen haben an der Umfrage teilgenommen. 50 Prozent davon fanden das Pseudo-Customer-Projekt eine sinnvolle Maßnahme, 36 Prozent lehnten es ab und 14 Prozent gaben an, sich nicht dafür zu interessieren.

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