Arzneimittel und Therapie

Pulmonale Hypertonie: Neuer Therapieansatz für Sildenafil

Für Studien mit dem Wirkstoff Sildenafil bei pulmonaler Hypertonie hat die Paul-Martini-Stiftung in Berlin ihren diesjährigen Preis verliehen. Geehrt wurde der Internist Dr. med. Hossein Ardeschir Ghofrani, Oberarzt am Universitätsklinikum Gießen, am 19. April während der Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden, wie die Stiftung mitteilte. Sildenafil (Viagra®) wurde ursprünglich gegen erektile Dysfunktion entwickelt, der Phosphodiesterase-5-Hemmer erweiterte in Studien an Lungenfibrosepatienten mit schwerem pulmonalem Hochdruck auch selektiv die Lungengefäße und verbesserte den Gasaustausch.

Untersucht wird, ob die biochemische Ähnlichkeit anatomisch verschiedener Organe den Einsatz von Sildenafil ermöglichen kann. In seiner Laudatio würdigte der Münchner Internist Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Scriba die hervorragende Qualität der vorgelegten vier klinischen Studien, die – ausgehend von einzelnen Hinweisen in der Literatur – das Potenzial von Sildenafil für die Herzentlastung und die Leistungssteigerung bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie unterschiedlicher Genese gezeigt hätten. Mittlerweile wird Sildenafil bei pulmonaler Hypertonie in einer vom Hersteller Pfizer initiierten Phase-III-Studie mit dem Ziel einer baldigen Zulassung geprüft, heißt es darin weiter.

Lungenhochdruck

Chronische pulmonale Hypertonie führt zu einer fortschreitenden Belastung der rechten Herzhälfte und erheblichen Leistungseinschränkungen sowie einer geminderten Lebenserwartung bei den Patienten. In vielen Fällen, in denen nicht Lungenfibrose, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder rezidivierende Embolien als Ursache identifiziert werden können, ist die Pathophysiologie noch weitgehend ungeklärt.

Spezifische Therapeutika der pulmonalen Hypertonie, wie ein oraler Endothelinrezeptor-Antagonist sowie parenterale und inhalative Prostacyclinanaloga sind nach Angaben der Stiftung erst seit den 1990er Jahren etabliert worden.

Ghofrani und sein Gießener Team konnten demnach zeigen, dass orales Sildenafil – insbesondere in Kombination mit dem inhalativ verabreichten Prostacyclinanalogon Iloprost – nicht nur die pulmonale Hypertonie reduzieren, sondern auch den pulmonalen Gasaustausch verbessern kann, was der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Patienten zugute kommt. Die Wirksamkeit dieses Therapieansatzes wurde in Patienten-Studien sowie auch an gesunden Probanden in der sauerstoffarmen Luft am Mount Everest untersucht.

Sildenafil steigert das Relaxationsvermögen der Lungengefäße

Hintergrund ist die biochemische Verwandtschaft zwischen der glatten Muskulatur sowie Endothelzellen in Penis und Lungenarterien: In beiden Geweben – und fast nur dort – ist das Enzym Phosphodiesterase 5 lokalisiert, das die cGMP-vermittelte Muskelrelaxation begrenzt. Wichtigster Stimulator der cGMP-Bildung ist das überwiegend von Endothelzellen gebildete Stickstoffmonoxid (NO).

Während NO im Schwellkörper nur auf einen sexuellen Stimulus hin gebildet wird, wird es in der Lunge permanent in großen Mengen synthetisiert. Sildenafil als selektiver Phosphodiesterase-5-Inhibitor steigert das Relaxationsvermögen der Gefäße und entfaltet so seine Wirkung im Genitalbereich (nur bei sexueller Stimulation) und seine nun genauer untersuchte Wirkung bei pulmonaler Hypertonie (permanent). im

Paul-Martini-Stiftung Die gemeinnützige Paul-Martini-Stiftung, Berlin, fördert die Arzneimittelforschung sowie die Forschung über Arzneimitteltherapie und intensiviert den Dialog zu Fragen der Arzneimittelforschung und -entwicklung zwischen medizinischen Wissenschaftlern in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden pharmazeutischen Industrie und anderen Forschungseinrichtungen sowie Behörden.

1966 von den in der medizinisch-pharmazeutischen Studiengesellschaft zusammengeschlossenen sieben deutschen Pharmaunternehmen gegründet, übernahm der Verband Forschender Arzneimittelhersteller 1994 die Trägerschaft. Der mit 25 000 Euro dotierte Paul-Martini-Preis wird jährlich für herausragende Leistungen in der klinisch-therapeutischen Arzneimittelforschung verliehen

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