Arzneimittel und Therapie

Akupunkturstudie: Nadeln helfen Allergikern und Schmerzpatienten

Die Akupunktur wird heute von den Versicherten stark nachgefragt und ist eine häufige alternative Behandlungsmethode in der ambulanten Routineversorgung. Die Akupunktur-Methode gibt es seit Jahrtausenden. Der Streit um den wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit für die Akupunktur ist ebenso uralt. Wissenschaftler der Charité Berlin (Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie) forschen gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse seit drei Jahren in einem Modellvorhaben, um wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit zu finden. Es handelt sich dabei um die weltweit größte randomisierte Studie.

Die teilnehmenden Männer (35%) und Frauen (65%) hatten ein Mindestalter von 18 Jahren. Sie wurden randomisiert zwei Gruppen zugeordnet: eine Gruppe erhielt zusätzlich zur herkömmlichen Therapie durchschnittlich 10 Akupunkturbehandlungen innerhalb von drei Monaten, die Kontrollgruppe blieb ohne Akupunktur. Ärzte und Patienten hielten die Behandlungsergebnisse in standardisierten Fragebogen fest, die anschließend von der Charité ausgewertet wurden. Das Studienkonzept besteht aus drei, sich ergänzenden Studienteilen, an denen bisher 196 581 Patienten bei ca. 10 000 Ärzten teilnahmen.

  • Studienteil A – Wirksamkeit in der Routinebehandlung
  • Studienteil B – Therapiesicherheit und Wirtschaftlichkeit
  • Studienteil C – Wirksamkeit an spezifischen Akupunkturpunkten

Akupunktur wirkt sicher und dauerhaft

Im Studienteil A (Routineversorgung plus Akupunktur versus Routineversorgung allein) wurde eine erhebliche Besserung der Beschwerden nur bei der Akupunkturgruppe beobachtet. Dort betrug die Besserung durchschnittlich 80%. Neun von zehn Allergikern ging es auch sechs Monate nach der Behandlung noch deutlich besser, drei von vier Patienten mit Kopf- oder Lendenwirbelsäulenschmerzen zeigten ebenfalls nach diesem Zeitraum noch Besserung.

Noch höher lag die Rate bei Arthroseschmerzen (85%), Asthma (82%) und Dysmenorrhö (85%). Das Ergebnis ist auch deshalb so bedeutsam, weil es unter Bedingungen der Routineversorgung gewonnen wurde. Die Effekte waren nachhaltig. Noch sechs Monate nach Beendigung der Akupunkturbehandlung hielten sie an.

Besserung der Beschwerden:

  • LWS-Schmerzen 75%
  • Kopfschmerzen 73%
  • Arthroseschmerzen 85%
  • HWS-Schmerzen 88%
  • Asthma 82%
  • allergische Rhinitis 90%
  • Dysmenorrhö 85%

Sicherheit und Wirtschaftlichkeit

Der zweite Teil zur Sicherheit und Wirtschaftlichkeit ist der größte Studienteil und untersucht mögliche Nebenwirkungen der Akupunktur. Nur 8% der Patienten berichteten über Nebenwirkungen, meist kleine Blutungen oder Blutergüsse an der Einstichstelle. Schwere Nebenwirkungen waren bisher extrem selten (ein Pneumothorax – durch ein versehentliches Anstechen der Lunge – bei insgesamt 1 Millionen Behandlungen). Über Ergebnisse zur Wirtschaftlichkeit soll zu einem späteren Zeitpunkt berichtet werden.

Spezifische Akupunkturpunkte nadeln

Teil C der Studie – durchgeführt in Kooperation mit dem Zentrum für naturheilkundliche Forschung der TU München – ist wissenschaftlich besonders interessant. Dabei wurden Patienten entweder an spezifischen Akupunkturpunkten oder an Punkten irgendwo am Körper gestochen, die nach der Lehre unwirksam sein sollen. 300 Patienten mit Migräne, LWS-Schmerzen und Arthroseschmerzen waren in diesen Studienteil einbezogen.

Auch hier wurde eine bessere Wirksamkeit in der Akupunkturgruppe im Vergleich zur Gruppe ohne Akupunktur beobachtet. Dabei gab es einen signifikanten Unterschied in der Wirkung zwischen Akupunktur und Nadelung an Nicht-Akupunkturpunkten nur bei Arthroseschmerzen. Das heißt, bei Lendenwirbelsäulenschmerzen und Migräne kann eine Akupunktur auch wirken, wenn an den "falschen" Stellen gestochen wird.

Aufnahmen in den Leistungskatalog der Kassen gefordert

Akupunktur ist in der Routineversorgung eine wirksame und sichere Behandlung. Sie sollte in den regulären Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden. Für eine umfassende Bewertung sind auch Aussagen zur Wirtschaftlichkeit nötig, die im laufenden Modellvorhaben noch erbracht werden. Die Wirkmechanismen müssen weiter geklärt werden. Das Ende der Studie ist für Oktober 2008 vorgesehen oder früher, wenn Akupunktur vorher zur Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen wird.

Indikationen für die Akupunktur

Eine Empfehlungsliste der WHO enthält 54 Indikationen für Akupunktur. Die vorliegende Studie beschränkt sich auf einige besonders plausible Indikationen. Verteilung der Patienten über die Diagnose:

  • chronische Schmerzen in der Lendenwirbelsäule (45%)
  • chronische Kopfschmerzen (34%)
  • Schmerzen bei Arthrose (8%)
  • Schmerzen in der Halswirbelsäule (9%)
  • Asthma/allergische Rhinitis (4%)
  • Dysmenorrhö (0,3%)

Plazebo-Akupunkturnadeln

Um die Frage wissenschaftlich zu beantworten, ob die Akupunktur eine wirksame Therapie oder lediglich ein fernöstliches Plazebo sei, wird in neueren Studien mit einer so genannten Scheinakupunktur gearbeitet. Sie soll für Patienten von einer "richtigen" Nadelakupunktur nicht zu unterscheiden sein.

Möglich ist es, die Nadeln weniger tief und neben die klassischen chinesischen Akupunkturpunkte zu setzen, oder die Scheinakupunktur mit einem Lasergerät durchzuführen, dessen Leistung auf Null reduziert wird. Auch eine spezielle Nadel wurde entwickelt.

Durch sie wird der Eindruck erweckt, dass die Nadel nach einem realistischen Einstich in die Haut in den Körper eindringt, während sie sich in Wirklichkeit wie ein Teleskop zusammenschiebt. In einer Studie, die die Inzidenz von postoperativer Übelkeit und Erbrechen untersuchte, erhielt die eine Gruppe zusätzlich perioperativ eine Standardakupunktur.

Die Kontrollgruppe wurde mit der Scheinakupunkturnadel behandelt. Hinsichtlich der Parameter postoperative Übelkeit und Erbrechen zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Die Wirkung der Akupunktur scheint bei dieser Indikation mehr auf einem Plazeboeffekt als auf einer spezifischen Heilwirkung zu beruhen.

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