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Case Management in der Apotheke: Lotse durch das Dickicht des Gesundheitswesens

MÜNCHEN (bf). Laut Staatsministerin Christa Stewens war es ein Grund zum Feiern: Das innovative Modellprojekt "Case Management in Apotheken" wurde abgeschlossen und gleichzeitig der offizielle Startschuss für spezielle Case-Management-Fortbildungen für Apotheker gegeben. Auf einer Pressekonferenz am 24. März stellte die Bayerische Landesapothekerkammer in München die Studie vor, die gezeigt hat: Case Management in Apotheken nützt allen Beteiligten.

Die Zahl der Singlehaushalte wächst, die traditionellen sozialen Netze brechen weg, die Menschen werden immer älter und der Gesundheitssektor immer komplizierter. Viele Gründe sprechen dafür, dass eine intensive medizinische und soziale Betreuung insbesondere älterer multimorbider Menschen immer wichtiger wird. Hier kann die Apotheke als flächendeckende, wohnortnahe Informationsquelle mit niedrigschwelligem Zugang und breiter sozialer und kommunikativer Kompetenz konkret Unterstützung leisten. "Apotheken haben beste Voraussetzungen, den wachsenden Bedürfnissen dieser Patienten gerecht zu werden", so Johannes Metzger, Präsident der Bundesapothekerkammer mit Verweis auf das hohe Vertrauen, das Apotheker bei den Patienten genießen. Dabei geht es vor allem darum, "Patienten möglichst rechtzeitig und zielgerichtet an eine kompetente Stelle zu verweisen, um die Risikofaktoren zu reduzieren."

Verbessert die Lebensqualität der Patienten

Dass dies möglich ist, darauf weist eine Studie* zur Machbarkeit von Case Management in der Apotheke hin, sprich zur Koordination psychosozialer und medizinisch-pflegerischer Dienstleistungen für bedürftige Personen. Beteiligt waren 59 Betreuer in 22 Apotheken aus den Bereichen Augsburg und Weiden, die insgesamt 120 Patienten betreuten. 60 Prozent der Patienten waren über 60 Jahre alt, 73 Prozent wurden als multimorbide eingestuft. Die wichtigsten Ergebnisse, die Apothekerin und Studienleiterin Doris Schmid-Sroka präsentierte: Für Case Management in der Apotheke besteht durchaus Bedarf; es lässt sich dort umsetzen und verbessert die körperliche und psychische Lebensqualität der Patienten. Ermittelt wurde dies anhand von Patientenbefragungen vor, unmittelbar nach und sechs Monate nach der Betreuung. Die psychische Befindlichkeit stieg deutlicher an als die körperliche Befindlichkeit. Der Zugewinn an körperlicher und psychischer Lebensqualität blieb aber über sechs Monate erhalten.

Wie werde ich Case Manager?

Die teilnehmenden Apotheker wurden in einer speziellen sechstägigen Case-Management-Fortbildung geschult. Gelehrt werden unter anderem die Methode des Case Managements mit ihrem strukturierten Vorgehen, sozialrechtliches Grundwissen und wirkungsvolle Kommunikationsstrategien mit belasteten Patienten. Diese Fortbildung kann mittlerweile auch unabhängig von der Studie wahrgenommen werden. Zudem wurde eine vierstündige Schulung für soziale Beratung entwickelt, die bereits 600 Teilnehmer in Bayern absolviert haben. Sie wird ab Sommer 2004 auch in Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt angeboten.

Wettbewerbsvorteil und Kundenbindung

Case Management bringt auch der beratenden Apotheke Vorteile. Sie kann sich im zunehmenden Wettbewerb positionieren und Kunden an die Apotheke binden. Nun muss laut Prof. Dr. Marion Schaefer, Berlin, darüber diskutiert werden, welche Elemente des Case Managements in die Regelversorgung der Apotheke integrierbar sind, welcher zusätzliche Aufwand und welche Kosten sich daraus ableiten und welchen Nutzen die Patienten, aber auch die Apotheken haben. "Darauf werden sich auch berufspolitische Entscheidungen gründen müssen, in welche Richtung sich das Leistungsangebot der Apotheker unter den Bedingungen einer integrierten Versorgung bzw. im Rahmen eines Hausapothekenmodells entwickeln soll." Lob kam von der Bayerischen Sozialministerin Stewens: "Während andere Berufsgruppen noch mit den Auswirkungen des Gesundheitsreform hadern, nehmen Apotheker damit zukunftsorientiert das Heft selbst in die Hand und gestalten in wandelndem Umfeld aktiv ihre Zukunft."

* Durchgeführt wurde die Studie in Zusammenarbeit des beta Instituts für sozialmedizinische Forschung und Entwicklung, Augsburg, dem Institut für Klinische Pharmakologie der Universität Berlin, der Bayerischen Landesapothekerkammer, den Qualitätszirkeln Pharmazeutische Betreuung Augsburg und Weiden sowie der betapharm Arzneimittel GmbH, Augsburg, mit Unterstützung des Bayerischen Sozialministeriums.

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