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Kühn-Mengel kritisiert Aufklärungsverhalten von Ärzten und Krankenkassen

Berlin (ks). Knapp 100 Tage nach der Aufnahme ihres Amtes als Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten zog Helga Kühn-Mengel (SPD) eine erste Bilanz: "Dieses Amt war überfällig" erklärte sie am 5. April in Berlin.

Zu Jahresbeginn ging es ohne Schonfrist in die Vollen: Rund 100 E-Mails erreichen die Patientenbeauftragte und ihre sieben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen täglich – dazu kommen eine Vielzahl von Anrufen sowie insgesamt rund 6000 Briefe, die in den ersten drei Monaten eingegangen sind. Viele Fragen hätten auch Ärzte und Krankenkassen beantworten können, kritisierte die Patientenbeauftragte.

Die meisten Fragen, die in Kühn-Mengels Dienststelle eingehen, ranken sich um die Umsetzung der Gesundheitsreform. Vor allem die Praxisgebühr und Zuzahlungen beschäftigen die Patienten – bis zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss zur Chronikerregelung war dieses Thema ebenfalls Dauerbrenner.

Verunsicherung in Arztpraxen

Auch nach drei Monaten lässt die Anzahl der Anfragen nicht spürbar nach, erklärte Kühn-Mengel. Es sei lediglich zu beobachten, dass die Fragen "komplexer" würden. Die Patientenbeauftragte zeigte sich zufrieden mit der Arbeit ihres mit der Gesundheitsreform neu geschaffenen Amtes. Eine Vielzahl der Fragen könne schnell beantwortet werden, andere bedürften der Recherche. Erstaunlich sei jedoch, dass die Anfragen zu Jahresbeginn sofort "von Null auf Hundert" gegangen seien – als sei das Reformgesetz "aus heiterem Himmel gefallen".

Viele Fragen, so Kühn-Mengel, hätten auch an Ärzte und Krankenkassen gerichtet werden können. Daraus folgert die Patientenbeauftragte: "Nicht immer kommen die Krankenkassen und Ärzte ihren Aufklärungspflichten angemessen nach." Was Kassen-Chefs mit der Bundesgesundheitsministerin ausgehandelt haben, komme oft nicht schnell genug in den Filialen vor Ort an, sagte Kühn-Mengel.

Und in Arztpraxen würden Patienten häufig zusätzlich verunsichert, indem man Umsetzungsprobleme auf ihrem Rücken austrage: "Das haben Sie der Ministerin zu verdanken", sei ein Satz, den viele in den Praxen zu hören bekämen. Die Patientenbeauftragte kritisierte zudem erneut, dass nur wenige Ärzte im ersten Quartal 2004 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, weiterhin nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verordnen.

Patientenfreundliche Strukturen schaffen

Kühn-Mengel betonte, sie werde bei Krankenkassen und Ärzten mehr Information und Transparenz einfordern. Sie sei zwar "Sorgentelefon und Kummerkasten" für die Patienten, wolle sich aber nicht als solche verschleißen lassen. Ihr gehe es darum "patientenfreundliche Strukturen" zu schaffen und die entsprechenden Vorgaben der Gesundheitsreform umzusetzen. Die Patienten sollen selbstbewusster bei der Informationsbeschaffung werden. Kühn-Mengel: "Wissen ist immer der erste Schritt zur Veränderung."

Umsetzung der Reform verbesserungswürdig

Die Patientenbeauftragte machte auch deutlich, dass sie an den Erfolg des GKV-Modernisierungsgesetzes glaubt: "Ich gehe davon aus, dass es die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen stabilisieren kann." Sie räumte allerdings ein, dass es bei der Umsetzung der Reform – insbesondere im Zusammenspiel mit Krankenkassen, Sozialämtern und Versicherten – zuweilen nicht gut funktioniere. Hier gebe es zu viel "Verschleiß an den Schnittstellen". So sei es beispielsweise für Angehörige und Heimpersonal oft schwierig, Belege für Multimorbide oder Demenz-Kranke zu sammeln. Hier sollte man "untergesetzliche Lösungen" finden, erklärte die Patientenbeauftragte. In diesem Punkt bestehe auch Einigkeit mit Bundesministerin Ulla Schmidt.

Die Patientenbeauftragte

Anfragen an die Patientenbeauftragte können per E-Mail an info@die-patientenbeauftragte.de gerichtet werden.

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