Aus Kammern und Verbänden

Christen in der Pharmazie: Sterben ist ein Teil des Lebens

Auf der 12. Fachtagung der Gruppe Christen in der Pharmazie, einer Fachgruppe der Akademiker-SMD, die am 19. bis 21. März 2004 in Marburg stattfand, hielt Prof. Dr. Ulrich Eibach das Hauptreferat unter der Fragestellung: "Tod Ų Schmerzliches Ende oder Lebensvollendung?"

Leid und Tod werden in unserer Wohlstandsgesellschaft vielfach ausgeblendet. 90% aller Menschen sterben nicht in häuslicher Umgebung, sondern in Institutionen, wie Krankenhaus oder Pflegeheim. Eine Hauptursache dafür sieht Eibach, außerordentlicher Professor für Sozialethik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn und Krankenhausseelsorger an der dortigen Universitätsklinik, in der Unfähigkeit, das Gefühl der Ohnmacht angesichts des Todes auszuhalten. Diese Unfähigkeit sei typisch für die weithin mechanistische Medizin.

Ahnung und Verdrängung des Todes

Viele Menschen ahnen wohl ihr Lebensende oder bekommen Ankündigungen durch ihr Unterbewusstsein auf der Traumebene, aber sehr oft wird dies wieder verdrängt, so Eibach. Ein häufig wiederkehrendes Symbol ist ein zerstörtes Haus, was er als Bild für das Lebenshaus des Menschen deutet.

Teilweise wandelt sich dies in der Begleitung in ein Zelt, ein Symbol der Wanderschaft, das auch für die bewusste oder unbewusste Einwilligung des Menschen in sein Sterben stehen kann. Sterben erlebt der Betreffende dann als ein Fallenlassen in die Hand Gottes.

Anhand von konkreten Dialogen mit Betroffenen illustrierte Eibach die Verdrängungsmuster der Todeskranken. Oftmals ist es die Ungewissheit vor dem, was kommt, die ihre Angst vor dem Sterben auslöst. Eine große Sprachlosigkeit vor dem Tod sieht Eibach bei den Heilberuflern; er erklärt sie als ein Erbe der Aufklärung.

Der Arzt in der Tradition Hufelands durfte nur Leben verbreiten. Der Tod wurde als Niederlage angesehen und verschwiegen. Eine noch stärkere Negation des Todes findet man in atheistisch geprägten Gesellschaften, häufig verstärkt durch massive Gabe von Psychopharmaka an Sterbende.

Eibach empfahl die bewusste und rechtzeitige Auseinandersetzung mit dem Tod. Nirgendwo sonst wird der Mensch so ehrlich wie im Sterben. Hierbei ist Begleitung nötig. Ein plötzlicher Tod ohne Klärung der Beziehungen und Verhältnisse ist für die Angehörigen oft schwer zu verarbeiten und kann zu abnormen Trauerreaktionen führen.

Anhand der Trauerphasen erläuterte Eibach den Umgang mit Betroffenen und ermutigte zur Kommunikation, die auch nonverbal sein kann. Es gibt keinen echten Grund, Trauernden oder Schwerkranken aus dem Weg zu gehen.

Pharmazeutische Seelsorge

Werner Schmidt, langjähriger Offizinapotheker aus Ganderkesee, riet in seinem Referat zum verständnisvollen Umgang mit Trauernden. Er sieht Trauerbeistand als Teil der pharmazeutischen Seelsorge, einer Weiterentwicklung von Pharmaceutical Care, die den Menschen ganzheitlich begleitet (Souls Care). Aktives Zuhören(können), basierend auf Echtheit, Akzeptanz und Empathie, ist dafür wesentliche Voraussetzung.

Dabei sollte nicht versucht werden, die Probleme des Patienten zu lösen. Vielmehr können Probleme, Zwischenziele oder eigentliche Fragestellungen erfragt oder benannt werden. Bei frischen Trauerfällen ist schweigende Anteilnahme besser als gescheites Geschwätz, so Schmidt.

Trauer selbst ist keine Krankheit. Von pharmazeutischer Relevanz sind aber Symptome, wie ein geschwächtes Immunsystem, Schlaflosigkeit oder Depressionen bei Trauernden. Gleichzeitig ist es wichtig, zum bewussten Trauern zu ermutigen. Verdrängte und unterdrückte Trauer kann zu unerklärlichen seelischen und körperlichen Krankheiten führen. Dabei muss jeder Mensch seinen individuellen Weg finden und gehen. Dafür braucht es Zeit.

Über den Tod hinaus

Die christliche Hoffnung war Thema des Gottesdienstes am Sonntag. Der christliche Glaube gibt Hoffnung über den Tod hinaus. Tod, Schmerz, Leid und Geschrei werden in der neuen Welt Gottes nicht mehr sein. Dennoch hat die Lebensgeschichte des Einzelnen mit allen ihren Katastrophen Relevanz, wird ernst genommen, erfährt Trost und kommt mit der gesamten Schöpfung zur Vollendung. Zum Vormerken: Die 13. Fachtagung der "Christen in der Pharmazie" wird vom 15. bis 17. April 2005 stattfinden. Informationen zu vorangegangenen Tagungen unter www.pharmazie.smd.org

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