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Zahl der HIV-Erstdiagnosen in Deutschland steigt

Berlin (ks). Die Gesamtzahl der in Deutschland neu diagnostizierten HIV-Infektionen ist 2003 im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen: 1950 Erstdiagnosen wurden gemeldet. Vor allem bei Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten ist seit zwei Jahren eine Zunahme der Infektionen zu beobachten. Die neuesten Zahlen präsentierte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) Reinhard Kurth am 24. März in Berlin. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), stellte bei dieser Gelegenheit die Ergebnisse einer Wiederholungsbefragung zu AIDS vor. "Wir haben Sorgen", erklärte Kurth, "denn wir sehen eine Trendwende bei der HIV-Infektion".

Rund 43 000 Menschen mit HIV leben in Deutschland. Der neue RKI-Halbjahresbericht zu HIV/AIDS in Deutschland zeigt, dass Männer, die Sex mit Männern (MSM) haben, mit 41 Prozent weiterhin die größte Gruppe der Neuinfektionen stellen. Gegenüber dem Jahr zuvor erhöhte sich hier die Zahl der Neuinfektionen um 20 Prozent.

Neben den HIV-Infektionen steigt in dieser Gruppe auch die Zahl der Syphilisinfektionen deutlich an. Die Zunahme der Meldungen von neudiagnostizierten HIV-Infektionen bei MSM konzentriert sich im wesentlichen auf die Großstädte Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt. Bei Frauen bleibt die Zahl der Infektionen hingegen seit Jahren konstant.

"Offenbar ist das Risikobewusstsein im Schwinden begriffen" erklärt sich Kurth diesen Trend. Es bestehe wohl die Fehlvorstellung, dass es Arzneimittel gebe, die die Krankheit heilen könnten – doch noch habe kein Medikament je einen Menschen von AIDS befreien können.

Scharf kritisierte der RKI-Präsident in diesem Zusammenhang die Werbung pharmazeutischer Unternehmen, die AIDS-Medikamente herstellen. Insbesondere in Magazinen, die sich an homosexuelle Männer richten, finde man immer wieder Anzeigen, die HIV-Infektion "verniedlichen". Kurth: "Es muss klar gemacht werden: es handelt sich nicht um einen Schnupfen".

Aber auch außerhalb der MSM-Gruppe mehren sich Zeichen eines nachlassenden Schutzverhaltens. Dies bestätigt die seit 1987 jährlich durchgeführte Repräsentativerhebung "AIDS im Öffentlichen Bewusstsein" der BZgA. Pott berichtete, dass der aktuellen Befragung 2003 zufolge bei den unter 45-jährigen Alleinlebenden die Kondomnutzung vor allem in riskanten Situationen sinke.

2003 gaben nur noch 78 Prozent der Befragten mit mehreren Sexualpartnern an, Kondome zu benutzen, 2001 waren es noch 83 Prozent. Zu Beginn neuer Sexualbeziehungen verwenden lediglich noch 73 Prozent der Alleinlebenden unter 45 Jahren Kondome – 2000 waren es noch 78 Prozent. Bei Urlaubsbekanntschaften sank der Anteil jener, die immer Kondome benutzen auf 73 Prozent (2001: 79 Prozent).

Diese Veränderungen vollziehen sich vor dem Hintergrund eines immer noch sehr hohen Informationsstandes der Bevölkerung über AIDS und einer ausgeprägten Bereitschaft, sich bei Sexualkontakten mit Kondomen vor einer HIV-Infektion zu schützen. Die BZgA wird ihre nationale AIDS-Präventionskampagne auch in Zukunft fortsetzen, erklärte Pott.

Junge Erwachsene, die sich in riskante Situationen begeben, sollen nun verstärkt angesprochen werden. "Insbesondere das Internet ist noch kein ausgereiztes Medium", sagte Pott. Und gerade hier suchen homosexuelle Männer häufig Kontakte.

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