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KBV-Kontroverse: Letzte Chance für die Selbstverwaltung?

BERLIN (ks). Zu Beginn des Jahres stand die Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen immer wieder in der Kritik. Die Bundesgesundheitsministerin war unzufrieden mit der Chroniker-Definition und der Fahrtkostenregelung des Bundesausschusses und mahnte Nachbesserungen an. Es war die Sprache von der "letzten Chance" für die Selbstverwaltung. Doch was ist die Alternative im Gesundheitswesen? Ein staatliches System oder ein freier Wettbewerb? Jedes System hat seine Stärken und Schwächen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) glaubt selbstverständlich an die gemeinsame Selbstverwaltung: Würde es sie nicht schon geben, müsste man sie erfinden. Auf einer Veranstaltung der KBV am 25. März in Berlin diskutierten die Beteiligten mit Politikern über die Zukunft der Selbstverwaltung

Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, sieht die Selbstverwaltung auf ein Mischsystem hinauslaufen: Die Rahmenbedingungen werden vom Staat und öffentlich-rechtlichen Körperschaften vorgegeben. Hinzukommend werden zunehmend wettbewerbliche Elemente das System ergänzen. "Die Schwächen der gemeinsamen Selbstverwaltung entstehen im wesentlichen daraus, dass im System keine Anreize oder Sanktionen vorgesehen sind", erklärte Schröder.

Im freien Markt würde der Umsatz zurück gehen, wenn die Leistung schlecht ist. Zudem bemängelte Schröder, dass zu wenig zwischen Medizin und Ökonomie getrennt werde. Daraus resultiere auch eine nicht ausreichende Transparenz. Die Einbindung von Patientenvertretern in den neuen Gemeinsamen Bundesausschuss begrüßte er ausdrücklich – allerdings würde sich der Staatssekretär noch weitere Schritte für mehr Transparenz wünschen.

Manfred Richter-Reichhelm, erster Vorsitzender der KBV, entgegnete dem, die gemeinsame Selbstverwaltung sei die "erfolgreiche Alternative zur Staatsmedizin". Sie sei allemal besser als Fremdverwaltung, welche die Ärzte weitaus schwerer akzeptieren würden. Das bestehende Prinzip hat sich Richter-Reichhelm zufolge bewährt: Der Staat setzt die Rahmenbedingungen, die Gremien der Selbstverwaltung füllen diese aus.

Die Selbstverwaltung sei viel besser in der Lage, die Feinsteuerung zu übernehmen als der Gesetzgeber und die Regierung. Der KBV-Chef verwehrte sich gegen zu viel staatliche Einmischung. Die Selbstverwaltung dürfe kein Sündenbock für eine Regierung sein, die von ihrer eigenen Verantwortung ablenken wolle. Richter-Reichhelm räumte ein, dass es in Sachen Transparenz noch Defizite gebe – doch die gemeinsame Selbstverwaltung gestalte sich dynamisch, sodass auch dieses Manko behoben werden könne.

Doch das Spiel mit dem Schwarzen Peter scheint noch kein Ende gefunden zu haben: So verteidigte Schröder erneut das Eingreifen der Politik bei der Chroniker- und Fahrtkostenregelung. Die im Dezember beschlossene Regelung sei nicht akzeptabel gewesen. Richter-Reichhelm erklärte hingegen, es wäre besser gewesen, die Regel zunächst als Basis zu akzeptieren und darauf aufbauend Änderungen vorzunehmen. So hätten Krankenkassen und Versicherte zu Jahresbeginn zumindest erste Anhaltspunkte gehabt.

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