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Italien verschärft Drogengesetze: "Schluss mit der Rauschkultur"

ROM (kk). Der italienische Vizepremier Fini hatte es angekündigt, aber niemand hatte wohl mit einer derartigen Verschärfung des Drogengesetzes gerechnet. Den von ihm unlängst präsentierten Gesetzentwurf sehen einige als zu restriktiv an.

Die Hauptänderung gegenüber dem zurzeit geltenden Drogengesetz ist, dass sämtliche Substanzen Teil einer einzigen Tabelle sein werden und folglich bei der Strafgebung hinsichtlich des Drogenkonsums oder Drogenhandels nicht mehr zwischen so genannten weichen und harten Drogen unterschieden wird.

Teile des Gesetzesinhaltes wurden bereits am 12. November 2003 von der italienischen Tageszeitung La Repubblica veröffentlicht. Danach fällt die bisherige einmalige "Verwarnung", die bei aufgedecktem Besitz einer geringen, als Eigenkonsum deklarierten, Drogenmenge erfolgte, weg.

Laut neuem Gesetz können nun schon bei geringsten Mengen höchste Strafen erlassen werden: Es genügen beispielsweise der Besitz von 150 mg (Mindestmenge für einen Joint) Haschisch oder Marihuana, von mehr als 500 mg Cocain, mehr als 300 mg MDMA (Ecstasy) oder mehr als 50 mg Amphetaminen, um als strafwürdig zu gelten. Weiter wurden das temporäre Maximum des Führerscheinentzugs sowie das des Personalausweises von vier Monaten auf ein Jahr angehoben.

Vom Hausarrest zur Therapie

Ferner sieht der Vorschlag Finis einige von der Staatsanwaltschaft zu erlassende und als "Sicherheitsmaßnahmen" deklarierte Sanktionen gegen Personen vor, die wegen Vermögens-, Personen-, Drogen- oder Straßenverkehrsordnungsdelikten vor Gericht stehen, sofern eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nachgewiesen werden kann.

Dazu gehören die Meldepflicht bei Polizei oder örtlichen Carabinieri im Zweiwochenturnus, das Verbot, die eigene Wohnung vor einer festgelegten Uhrzeit zu verlassen und in dieselbe nach einer bestimmten Uhrzeit zurückzukehren, Besuchsverbot bestimmter öffentlicher Lokalitäten, Verbot sich vom Wohnort zu entfernen oder Führungsverbot jeglicher motorisierten Fahrzeuge.

Allein die Nichteinhaltung einer dieser Anordnungen reicht aus, um für drei bis 18 Monate ins Gefängnis eingewiesen zu werden. Eine Aufhebung dieser Sanktionen durch die Staatsanwaltschaft kann nur durch die erfolgreiche Absolvierung einer Therapie erreicht werden. Diese Therapien können nunmehr nicht nur in den staatlichen Hilfsstellen durchgeführt werden, sondern auch in privaten Einrichtungen, was allerdings mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden ist.

Prohibition in Italien befürchtet

Das Gesetzesprojekt, das schon seit zwei Jahren läuft, hat bereits eine Reihe von Polemiken provoziert. Die Tageszeitung La Repubblica zitiert in ihrem Artikel den Präsidenten des "Drogen-Forums" Franco Corleone mit folgenden Worten: "Die schlimmsten Erwartungen werden bestätigt [...]. Wir stehen vor einer Strafverdreifachung [...] – absurde und schädliche Prohibition."

Aber nicht nur die Verschärfung der Strafen an sich gibt Anlass zur Polemik, sondern auch der Wegfall einer Unterscheidung des Strafmaßes zwischen weichen und harten Drogen. Denn damit wird es nunmehr (strafrechtlich gesehen) theoretisch "egal" sein, ob man mit Marihuana oder Heroin handelt, und selbst wer nur einen Joint geraucht hat, kann bei der nicht präzisen Einhaltung der auferlegten Sicherheitsmaßnahmen bis zu 18 Monate ins Gefängnis wandern – für einen nur geringen Konsum einer Droge, deren Abhängigkeitspotenzial offenkundig in keinem Verhältnis zu dem von Heroin oder Kokain besteht.

Aber der Vizepremier beruft sich auf Aussagen eines vom italienischen Gesundheitsministeriums gebildeten Spezialausschusses, dessen Leiter, der Gesundheitsminister Girolamo Sirchia, öffentlich erklärte, dass Cannabis keine weiche Droge, sondern sogar überaus schädlich sei.

Die von der Regierung konsultierten Experten sagen weiter, dass selbst der Konsum von Marihuana in minimalen Mengen Abhängigkeit, schwere psychische Störungen (die Experten zitieren sogar Fälle von Schizophrenie), Lungenerkrankungen etc. erzeugt.

Deswegen hat der Vizepremier Fini, in Sorge um die Gesundheit vieler Jugendlicher, erklärt: "Schluss mit der Rauschkultur." Wenn es also nun um die Gesundheit geht und wenn es folglich richtig ist, Marihuana in solch geringen Mengen aus Abhängigkeits- und Krankheitsgründen zu verbieten, dann, so fragen sich nicht wenige, warum nicht auch gleich den Verkauf von Zigaretten und Alkohol verbieten?

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