DAZ aktuell

Präsident abgeordnet: Stühlerücken in Zulassungsbehörde

BONN (im). Die deutsche Zulassungsbehörde kommt nicht richtig zur Ruhe. Seit dem 15. März ist der bisherige Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Professor Harald G. Schweim, ins Bundesgesundheitsministerium "abgeordnet" worden. Wie die Deutsche Apotheker Zeitung erfuhr, soll Schweim dort für die Dauer von sechs Monaten als "Beauftragter" für internationale Fragen der Arzneimittelqualität fungieren. Seinen Platz auf dem Chefsessel im Bundesinstitut in Bonn nimmt bis auf weiteres Professor Tillmann Ott, der bisherige Vizepräsident, vertretungsweise wahr.

Wie die DAZ aus gut informierten Kreisen erfuhr, liegt Professor Schweim seit längerem im Clinch vor allem mit dem Staatssekretär des Bundesgesundheitsministeriums (BMGS), Dr. Klaus Theo Schröder. Schweim war erst im September 2000 offiziell ins Amt eingeführt worden. Den habilitierten Pharmazeuten, der als Privatdozent an den Universitäten Hamburg und Berlin sowie am damaligen Bundesgesundheitsamt in Berlin wirkte, holte die ehemalige grüne Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information in Köln, wo Schweim als Direktor tätig war.

BfArM in der Kritik ...

1999/2000 stand die Zulassungsbehörde unverändert in der Kritik, nachdem ihr in den Jahren zuvor Pharmahersteller wiederholt schleppendes Arbeiten an der Dauerbaustelle Nachzulassung vorgeworfen hatten. Allerdings musste das BfArM in der Zeit den Umzug von Berlin nach Bonn verkraften, was den Verlust leitender Angestellter, die nicht an den Rhein wechselten, mit sich brachte.

... und was Schweim dem entgegensetzte

Bereits zu seiner Amtseinführung machte Schweim deutlich, dass er den Umzugsbeschluss zusätzlich zur hohen Arbeitsbelastung mit der Nachzulassung unvernünftig fand. Gleichwohl ging der gebürtige Norddeutsche die neue Aufgabe offensiv an, setzte konsequent auf mehr Transparenz nach außen, lud die Fachwelt zu Dialogveranstaltungen ein und baute die elektronische Datenverarbeitung im BfArM aus.

Aber trotz des Erreichten – das Jahr 2003 war nach eigenen Angaben des BfArM mit 5223 abgeschlossenen Verfahren bisher das Beste gewesen und die Nachzulassung soll definitiv 2005 beendet sein – soll es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen BfArM-Präsident Schweim und BMGS-Staatssekretär Schröder gekommen sein.

"Uni als Verschiebebahnhof"

Eine weitere Facette liefert ein Bericht von "Spiegel Online" in diesen Tagen, der unverhohlen von einem "Abstellplatz" für einen hohen Beamten spricht, den das BMGS gesucht haben soll. Demnach soll das Rektorat der Universität Bonn von sich aus der Fachgruppe Pharmazie das Fach "Drug Regulatory Affairs" als neuen Lehrstuhl angeboten haben.

Schweim soll nach einer verdächtig kurzen Ausschreibungszeit mit vier weiteren Personen zum Probevortrag eingeladen worden sein, um womöglich den neuen Lehrstuhl für einen Weiterbildungsstudiengang für Berufspraktiker aus der pharmazeutischen Industrie und Gesundheitsbehörden zu leiten.

"Spiegel Online" verweist auf informierte Pharmakreise, deren Information zufolge den Mitgliedern der Berufungskommission in einem Vermerk verdeutlicht worden sei, dass die Stelle auf eine Anregung des BMGS zurückgehe. Zwar gehöre die Stelle haushaltsmäßig gesehen zum Landeswissenschaftsministerium, heißt es bei "Spiegel online" weiter.

Allerdings sei ein mögliches Zusammenspiel zwischen dem Landes- und dem Bundesministerium nicht überraschend, da die beiden Ministerinnen Hannelore Kraft (Landeswissenschaftsministerium) und Ulla Schmidt (BMGS) Parteifreundinnen aus demselben SPD-Landesverband seien.

Kolportiert wird demnach, dass das Landesministerium aus Düsseldorf das Bonner Rektorat auf ein wünschenswertes neues Arbeitsgebiet des BfArM-Präsidenten aufmerksam gemacht haben soll. Die Sprecherin des Landesministeriums dementierte die Einflussnahme auf die Uni Bonn offiziell, die Hochschule verfüge autonom über ihre 257 Professorenstellen.

Professor Schweim wollte laut "Spiegel Online" zum Berufungsverfahren keine Stellung nahmen. Der Leiter der Fachgruppe Pharmazie, Professor Bernd Wiedemann, wird mit den Worten zitiert "unsere Berufungskommission entscheidet nach eigenem wissenschaftlichen Urteil."

Der Bericht, der das Ganze als "Lehrstück über den rheinischen Klüngel" darstellt, schließt mit dem Hinweis auf das hohe Gehalt des bisherigen BfArM-Präsidenten, das bei rund 7000 Euro (Besoldungsgruppe B 6) monatlich liegen soll, "während ein normaler Universitätsprofessor (C 4) leicht für einen satten Tausender weniger zu haben" sei.

Kosten entstünden für die Uni insofern nicht, da das Ministerium in diesem Fall für das Professorengehalt aufkommen müsse. Im Bericht wird weiter spekuliert, ob die Hochschule in Bonn den Sachverstand von Professor Schweim nicht sogar "zum Nulltarif" erhalten könnte, da sie ihn zu unentgeltlichen Lehrveranstaltungen verpflichten könne, damit er seinen Titel als "außerplanmäßiger" Professor behalte.

Die deutsche Zulassungsbehörde kommt nicht richtig zur Ruhe. Seit dem 15. März ist der bisherige Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Professor Harald G. Schweim, ins Bundesgesundheitsministerium "abgeordnet" worden. Schweim soll dort für die Dauer von sechs Monaten als "Beauftragter" für internationale Fragen der Arzneimittelqualität fungieren. Seinen Platz auf dem Chefsessel im BfArM nimmt bis auf weiteres Professor Tillmann Ott, der bisherige Vizepräsident, wahr.

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