Nichtraucherkampagne

P. LindingerWie wird man Nichtraucher?

Für Raucher in unterschiedlichen Stadien der Ausstiegsbereitschaft stehen zahlreiche Angebote zur Tabakentwöhnung zur Verfügung. Dieses vielfältige Angebot reicht von wissenschaftlich fundierten Therapien, die von ausgewiesenen Experten angeboten werden, bis zu ausgesprochen obskuren Praktiken, die von selbst ernannten "Experten" angepriesen werden. Viele dieser Tabakentwöhnungsverfahren entbehren einer soliden wissenschaftlichen Grundlage und verfügen nicht über einen Wirksamkeitsnachweis. Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Methoden und deren Wirksamkeit kurz vorgestellt werden.

Kurzinterventionen

Die Effektivität der ärztlichen Kurzintervention in der Tabakentwöhnung ist in vielen Studien überprüft worden und durch Metaanalysen gut belegt. Eine solche Kurz- oder Minimalintervention ist eine verbale Instruktion eines Arztes, Apothekers oder Therapeuten, das Rauchen aufzugeben, unabhängig davon, ob über die gesundheitsschädigende Wirkung des Rauchens informiert wurde. Der Effekt einer solchen Minimalintervention entspricht einem Anstieg der Erfolgsquoten um 2,5%.

Da eine starke Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Beratungsintensität und dem Entwöhnungserfolg besteht, sollten intensivere Entwöhnungsmaßnahmen zum Einsatz kommen, wann immer es möglich ist. Mehrere Kontakte sind effektiver als ein einzelner Kontakt, und die Verwendung mehrerer Beratungsformen (z. B. persönlicher Kontakt, telefonische Betreuung und Selbsthilfematerialien) ist günstiger als die Verwendung eines einzelnen Beratungsformates. Gerade bei einer Kurzintervention kann die Empfehlung eines konzeptionell ausgereiften Selbsthilfemanuals eine wirksame Zusatzunterstützung sein (s. u.).

Intensive Interventionen

Die effektivsten Interventionen sind Problemlöse-Training und Training von allgemeinem Bewältigungsverhalten, Unterstützung innerhalb der Behandlung und soziale Unterstützung außerhalb der Behandlung.

Intensive Tabakentwöhnungsprogramme werden meist in Gruppen durchgeführt. Dafür sprechen Kosteneffizienz und die motivierende Gruppendynamik. Denjenigen, die aus irgendwelchen Gründen nicht in Gruppen behandelt werden möchten oder nicht teilnehmen können, kann eine Einzelbehandlung angeboten werden. Ein Beratungskonzept für eine solche Individualberatung stellt die "Rauchersprechstunde" des Deutschen Krebsforschungszentrums dar, die kostenlos von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bezogen werden kann (Bestellnummer 31810 000).

Das am weitesten verbreitete abstinenzorientierte Gruppenprogramm ist das Programm "Rauchfrei in 10 Schritten" der BZgA (Ansprechpartner: IFT München), das auch von Krankenkassen und Volkhochschulen angeboten wird. Der Kurs wird in Kleingruppen von geschulten Kursleitern durchgeführt. Informationen zu Kursangeboten und zur Ausbildung zum Kursleiter erhalten Sie beim IFT München, Parzivalstraße 25, 80804 München. Die Telefonberatung zur Tabakentwöhnung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung kann unter der Nummer 0 18 05 / 31 31 31 (12 Cent/Min.) Adressen von Kursleitern vermitteln.

Ein anderes erprobtes Programm heißt "Nichtrauchen in 6 Wochen – ein verhaltentherapeutisches Programm" (Arbeitskreis Tabakentwöhnung, 1997). Es wird in Gruppen von sechs bis zehn Teilnehmern durchgeführt, wobei die einzelnen Termine zwischen 60 und 90 Minuten dauern. Informationen zu diesem Programm erhalten Sie bei Herrn PD Dr. Anil Batra, Universität Tübingen, Telefon 0 70 71 / 2 98 26 85, E-Mail: albatra@med.uni-tuebingen.de.

Die wichtigsten Therapiebausteine dieser Gruppenprogramme sind: Informationen zur Tabakabhängigkeit, Motivationsförderung, Selbstbeobachtung, Festlegen des Rauchstopps, Stimuluskontrolle, Einüben von Alternativen zum Rauchen, medikamentöse Therapien, operante Verstärkung, Ernährungsberatung, Einüben von Progressiver Muskelentspannung und Unterstützung beim Aufbau eines Selbstbildes als Nichtraucher.

Medikamentöse Tabakentwöhnung

  • Nikotinersatztherapien sind wirksam, um die Tabakentwöhnung zu unterstützen.
  • Alle verfügbaren Nikotinersatzprodukte (Nikotinpflaster, -kaugummi, und -lutschtablette) zeigen eine vergleichbar gute Wirksamkeit in der Entwöhnungsbehandlung, und die Auswahl des Produktes kann auf der Grundlage der zu erwartenden Nebenwirkungen, persönlichen Vorlieben des Patienten und Verfügbarkeit geschehen.
  • Stark abhängige Raucher sind mit dem 4-mg-Kaugummi erfolgreicher als mit dem 2-mg-Kaugummi.
  • Die Effektivität der Nikotinersatztherapie ist weitgehend unabhängig von der Intensität der persönlichen verhaltentherapeutischen Unterstützung.
  • Die Kombination von Nikotinersatztherapie und Verhaltenstherapie verbessert die Erfolgsquoten im Vergleich zu einer rein verhaltentherapeutischen oder reinen Nikotinersatztherapie und gilt als effektivste Behandlungsform in der Tabakentwöhnung.
  • Es gibt nur wenige Studien zur Kombination verschiedener Produkte der Nikotinersatztherapie. Es liegen jedoch Befunde vor, die zeigen, dass die Verwendung eines anderen Nikotinersatzproduktes zusätzlich zum Nikotinpflaster die Erfolgsquoten verbessert.
  • Bupropion (Handelsname Zyban) ist eine wirksame medikamentöse Therapie für Tabakentwöhnung. Bupropion ist verschreibungspflichtig – eine Risiko-Nutzen-Abwägung durch den Arzt ist erforderlich. Aus einer Studie liegen beschränkte Hinweise vor, dass Bupropion wirksamer ist als Nikotinpflaster alleine und dass eine Kombination von Bupropion und Nikotinpflaster wirksamer ist als Nikotinpflaster alleine.

Andere Methoden

Viele der "alternativen" Entwöhnungsmethoden werden kommerziell angeboten und beworben. Zu einigen Verfahren liegen Wirksamkeitsnachweise vor, die nur wenig über einem Plazeboeffekt liegen. Aber auch ein Plazeboeffekt kann sehr wertvoll sein. Unzureichende Wirksamkeitsnachweise liegen zu folgenden Methoden vor: Zu Hypnose liegen keine aussagekräftigen Studien vor. Akupunktur hat einen bloßen Plazeboeffekt; oftmals kommt es zu hohen Initialabstinenzquoten, aber es gibt keine Beweise für dauerhafte Erfolge.

Bei Hypnose und Akupunktur ist kritisch anzumerken, dass der Raucher Fremdeinflüssen unterliegt und selber keine Fähigkeiten entwickelt, rückfallkritischen Situationen angemessen zu begegnen. Entspannungsmethoden wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung sind als Bestandteil von Tabakentwöhnung sinnvoll, aber ihre alleinige Wirksamkeit ist nicht ausreichend.

Gewarnt werden muss vor den Zigarettenimitaten wie Kräuterzigaretten; diese sind gänzlich ungeeignet, da ähnlich hochgiftige Verbrennungsprodukte inhaliert werden wie beim Inhalieren einer nikotinhaltigen Zigarette.

Publikationen des Autors

Peter Lindinger Nichtrauchen und trotzdem schlank! Die Methode mit Köpfchen Fischer Taschenbuch Verlag 124 Seiten. Preis 6,90 Euro. ISBN 3-596-14631-3 Ab Februar 2004 erhältlich: Lust und Last des Rauchens Fischer Taschenbuch Verlag 180 Seiten. Preis und ISBN stehen noch nicht fest

Literaturtipp: Genuss statt Sucht

Sie möchten einem Raucher freundlich nahe legen, sich im kommenden Jahr mehr um seine Gesundheit zu kümmern? Dann ist "Slow Rauchen" der richtige Buchtipp. "Slow Rauchen" bedeutet, die Nikotinabhängigkeit durch das Lernen von Verhaltensalternativen zu überwinden und das maßlose Konsumverhalten zu reduzieren. Ziel ist, dass das Rauchen wieder zu einem normalen Genussmittel unter vielen Annehmlichkeiten des Lebens wird. Der Autor des Buches, ein Diplom-Psychologe, führt den Leser zunächst dahin, die eigene Abhängigkeit zu erkennen und das persönliche Rauchverhalten bewusst anzuschauen. Später geht es darum, Alternativtechniken zu erlernen und im Alltag regelmäßig einzusetzen. Die Erfolge der im Buch vorgestellten Methode sind eindrucksvoll! Geben Sie Suchtrauchern eine Chance, "Genuss statt Sucht" zu praktizieren. Slow Rauchen. Von Marc Rainer Favre. Reihe Erlebnis Gesundheit. Hirzel Verlag 2003. 112 Seiten. 18,– Euro. ISBN 3-7776-1234-0.

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