Gesundheitskarte: Selbstverwaltung feilt an neuer Projektorganisation

BERLIN (ks). Die Arbeiten an der elektronischen Gesundheitskarte schreiten weiter voran. Eine Ersatzvornahme des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) konnte die Selbstverwaltung vorerst abwenden. Sie hat sich in der vergangenen Woche auf Eckpunkte verständigt, die die Grundzüge für die Errichtung einer neuen Betriebsorganisation vorgeben.

Bereits am 28. Oktober hatten Vertreter der Krankenkassen und Leistungserbringer bei einem Gespräch im BMGS grundsätzliche Vereinbarungen getroffen, um die angedrohte Ersatzvornahme zu verhindern. Dabei kam man überein, zur Definition der Lösungsarchitektur einen Forschungs- und Entwicklungsauftrag an das Fraunhofer-Konsortium zu erteilen. Dort sollen die Details der Lösungsarchitektur verfeinert werden, erläuterte ABDA-Geschäftsführer Dr. Frank Diener gegenüber der AZ. Zudem wurde vereinbart, dass das derzeitige Projektbüro Protego umgebaut und professionalisiert werden soll. Ab 2005 soll das Büro als dauerhafte GmbH stehen. Statt Delegierten aus der Selbstverwaltung sollen in dem Projektbüro künftig Vollzeitmitarbeiter tätig sein. Die Einzelheiten dieser neuen Projektstruktur waren auch in der vergangenen Woche noch nicht abschließend ausgearbeitet. Bis zum 1. Dezember will die Selbstverwaltung weiter gekommen sein.

Diener zeigte sich verhalten optimistisch, dass dieser Zeitplan eingehalten werden könne. Er versicherte aber, es werde "ganz zügig daran gearbeitet". Klar ist bereits, dass das BMGS in der neuen Organisation einen Sitz haben wird, aber keine Stimme. Industrieorganisationen, Bundesländer und Patientenorganisationen werden in Form eines Fachbeirates eingebunden werden, erläuterte Diener weiter. "Aber wie die neuen Strukturen genau aussehen werden - daran arbeiten wir derzeit".

Streitpunkt Kosten

Unterdessen kamen in der vergangenen Woche wiederum Zweifel an den veranschlagten Kosten für das Telematik-Projekt auf. Pressemeldungen, wonach die Einführung der Gesundheitskarte weitaus mehr als 1,3 Mrd. Euro kosten sollen, wies das BMGS zurück. Die "Financial Times Deutschland" (Ausgabe vom 2. November) hatte von Mehrausgaben für die Aufrüstung der EDV-Systeme in Arztpraxen, Kliniken und Apotheken berichtet - auf 3,4 Mrd. Euro sollten sich die Kosten demnach belaufen. Allerdings hatte die Zeitung in die Berechnung auch Neuanschaffungen miteinbezogen, die nötig werden, wenn Leistungserbringer mit veralteter EDV arbeiten. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt machte deutlich, dass diese notwendigen Modernisierungen der Karte nicht zugeschlagen werden könnten.

Doch IT-Experten rechnen weiterhin mit höheren Aufwendungen und einem verzögerten Start der elektronischen Gesundheitskarte. "Dass die Gesundheitskarte mehr kosten wird, als 1,0 oder 1,4 Mrd. Euro, ist klar", sagte etwa Michael Ihringer vom Darmstädter Softwareanbieter Intersystems der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 3. November).

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