Kommentar

Eine Karikatur von Wettbewerb

Das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) zielt auf die Schwächung, manche sagen auf die Zerstörung, der freien Berufe im Gesundheitswesen. Das geht nicht nur die Betroffenen an: Freie Berufe sind wichtig nicht nur für unsere Wirtschaftsverfassung, sie sind es auch für unsere Demokratie, für ein Gesellschaftsbild, dass auf Freiheit setzt, das dem Einzelnen etwas zutraut und etwas zumutet. Mit dem GMG soll insbesondere Fachärzten in freier Praxis erkennbar der Garaus gemacht werden - durch Gesundheitszentren, durch das Eindringen von Krankenhausketten in die ambulante Versorgung.

Aber auch die öffentlichen Apotheken sehen sich durch das GMG einer von Privilegien gepolsterten Konkurrenz in- und ausländischer Versandapotheken ausgesetzt. Diese können liefern, was bequem ist. Sie dürfen sich - komfortabel und kostengünstig - zwei Tage oder mehr Zeit lassen, bevor sie eine Lieferung auf den Weg bringen. Die Versandapotheken bleiben - ohne dass ihnen irgendein Äquivalent zugemutet wird - freigestellt von Notdiensten in ihrem gesamten Liefergebiet. Weitere Kostenvorteile erhalten sie, weil sie faktisch nicht an der Versorgung mit individuell herzustellenden Arzneimitteln beteiligt sind, natürlich auch nicht an der Akutversorgung, der schnellen und deshalb aufwändigen Beschaffung dringend benötigter Medikamente, der Erklärung und Demonstration komplexerer Arzneiformen wie Asthmasprays, der aufwändigen Lieferung von sensiblen Arzneimitteln (z. B. Betäubungsmitteln).

Das ist die Karikatur eines Wettbewerbs mit "gleich langen Spießen", wie ihn die Ministerin am Runden Tisch versprochen hatte. Durch die unfairen Bedingungen erhalten Versandapotheken Spielräume für den Preiswettbewerb, die normale öffentliche Apotheken nicht haben. Das ist unfair. Denn normale öffentliche Apotheken arbeiten nicht grundsätzlich unwirtschaftlicher, sie erbringen aber teure Leistungen, von denen Versandapotheken verschont bleiben. Hinzu kommt, dass sich ausländische Versandapotheken nur selektiv (wo es ihnen nützt) an die Spielregeln des deutschen Sozial-, Arzneimittel- und Apothekenrechtes halten - Spielregeln, denen sich deutsche Apotheken selbstverständlich unterwerfen müssen, die aber im Ausland faktisch nicht kontrollierbar und schon gar nicht durchsetzbar sind. Es ist und bleibt unerträglich, dass hiesigem Recht verpflichtete Krankenkassen dieses böse Spiel mitspielen dürfen.

Klaus G. Brauer

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