Kommentar

Sprengstoff im Blister

Für den Fall, dass Importarzneimittel doch nicht mehr so hoch im Kurs stehen, baut Kohl-Pharmas Töchterchen Assist-Pharma schon mal ein neues Geschäftsfeld auf: das Stellen von Arzneimitteln für Altenheime, sprich das portionsgerechte Verblistern von Tabletten, Kapseln und Dragees für die Patienten in Altenpflegeheimen (siehe DAZ 37, S. 32). Alles so bequem, zuverlässig und effizient - im Auftrag der Apotheke. Die nämlich gibt die Verordnung an Assist-Pharma, dort werden die Arzneien (die Verarbeitung von nur 400 Präparaten ist möglich) individuell für Patient und Verordnung in Blister eingeschweißt. Das soll Compliance und Sicherheit erhöhen.

Soweit die Vorstellungen zum zunächst bis 2007 laufenden Pilotprojekt, das im Übrigen vom Adlatus der Bundesgesundheitsministerin, dem Ökonomen Professor Lauterbach, evaluiert wird. Denn: vom Auseinzeln und zentralen Verblistern erwartet man sich auch Einsparungen für das System. Spätestens jetzt knistert der Sprengstoff. Ganz abgesehen von rechtlichen Problemen, die sich dem kritischen Betrachter dieses Projekts sofort auftun - denn hier lässt die Apotheke wohl eine "Rezeptur" (Verblisterung) von Dritten herstellen, außerdem liefert die Apotheke nicht die verordnete Packung, sondern einzelt aus. Und schließlich dürfte dies alles weder der Aut-idem-Regelung noch der Importquote gerecht werden, und: wer haftet eigentlich, falls ein falsches Dragee in den Blister rutscht?

So richtig Sprengstoff zeigt sich auf der gesundheitspolitischen Ebene: Wenn dies alles so toll ist, warum beliefert Assist-Pharma nicht gleich die Rezepte für Altenheime? Sie könnten mit Importen oder aus dem Angebot der 400 Pillen, die Assist-Pharma in seinem Verblisterungsautomaten hat, beliefert, eingeblistert und an das Altenheim zurückgeschickt werden. Der Assist-Pharma-Mutter und Deutschlands größtem Arzneiimporteur Kohl ist es ernst mit diesem Projekt, man will 50 Millionen Euro investieren. Das macht man nicht, wenn man sich nichts oder nur wenig davon verspricht. Noch verkauft man sich als Helfer für die Apotheke (Unterstützung beim Verblistern), doch schon bald kann daraus ein ernster Versandhandelskonkurrent für die Apotheke werden. Für Altenheimbewohner bald nur Eingeblistertes von Kohl?

Peter Ditzel

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