Gesetzliche Krankenversicherung: Arbeitgeber legen radikales Konzept vor

Berlin (ks). Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat ein radikales Konzept zum Umbau der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorgelegt. BDA-Präsident Dieter Hundt präsentierte am 13. September in Berlin ein Finanzierungskonzept für ein Gesundheitsprämienmodell. Dieses sieht auch eine Ausweitung von Patientenzuzahlungen sowie die Streichung von Satzungsleistungen der Krankenkassen vor.

Hundt betonte bei der Vorstellung, dass man den "Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nie gewinnen" werde, wenn man nicht endlich anfange, die sozialen Sicherungssysteme vom Arbeitsverhältnis zu lösen. Mit einer Bürgerversicherung, wie sie Rot-Grün plant, werde dies jedoch nicht gelingen. Sie werde nichts am "fatalen Automatismus" ändern, dass jede Lohnerhöhung zu höheren Sozialbeiträgen und damit zu höheren Lasten für die Betriebe führe, sagte Hundt. Demgegenüber sei eine Gesundheitsprämie viel eher geeignet, die Krankheitskosten vollständig von den Arbeitskosten zu entkoppeln. Doch auch die bislang vorgelegten Pauschalen-Modelle haben den BDA nicht überzeugt. Die Arbeitgeber stellten daher nun ein eigenes Konzept vor, das einen "realistischen und einfach gangbaren Weg" zu einem Prämienmodell zeige.

Kinder umsonst

Konkret sieht das BDA-Konzept für Erwachsene eine Gesundheitsprämie in Höhe von durchschnittlich 163 Euro vor. Anders als in den Modellen der CDU oder der Gesundheitsökonomen Bert Rürup und Eberhard Wille wollen die Arbeitgeber Kinder beitragsfrei mitversichern. Damit erübrigt sich die Frage nach der Finanzierung des Familienlastenausgleichs. Der GKV-Leistungskatalog soll nach dem BDA-Konzept im Wesentlichen erhalten bleiben. Über die im GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vorgesehenen Maßnahmen hinaus sollen jedoch unter anderem die Zuzahlungen erhöht werden. So sieht das BDA-Modell eine Praxisgebühr für jeden Arztbesuch sowie die Anhebung der Belastungsobergrenze von zwei auf drei Prozent des Jahreseinkommens vor. Weiterhin sollen die versicherungsfremden Leistungen ausgegliedert, das Krankengeld in die Arbeitnehmerfinanzierung übertragen und bisherige Satzungs- und Mehrleistungen der Krankenkassen (z. B. Erstattung homöopathischer Arzneimittel) gestrichen werden.

Sozialausgleich für 20 Milliarden

Den sozialen Ausgleich für einkommensschwache Versicherte will der BDA in erster Linie durch das zusätzliche Einkommensteueraufkommen aus der Auszahlung des Arbeitgeberanteils zur Krankenversicherung als Bruttolohn finanzieren (13,3 Mrd. Euro). Hinzu kommen Steuermehreinnahmen durch die steuerpflichtige Auszahlung des Krankenversicherungs-Zuschusses der Rentenversicherung an die Rentner sowie durch die Verwendung der für die Krankenversicherung von Arbeitslosengeld II- und Sozialhilfeempfängern aufgebrachten Mittel.

Sozial schwache Versicherte können infolge dieser Mehreinnahmen eine Prämienverbilligung erhalten - die Berechtigung soll nach dem bereits praktizierten Verfahren bei der Zuzahlungsbefreiung geprüft werden. Das nach den BDA-Berechnungen auf 113 Mrd. Euro reduzierte Gesamtfinanzierungsvolumen soll sich dem Konzept zufolge aus einem Prämienaufkommen in Höhe von 93 Mrd. Euro und einem steuerfinanzierten Sozialausgleich in Höhe von 20 Mrd. Euro zusammensetzen.

Finanzreform ersetzt keine Strukturreform

Hundt betonte, dass das Prämienmodell keine Strukturreformen auf der Leistungsseite ersetzen könne. Hierfür bedürfe es anderer Maßnahmen: "Insbesondere müssen endlich die gesetzlichen Hemmnisse beseitigt werden, die heute den Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern und die Krankenkassen behindern".

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