Finanzen und Gesundheit: Streit um Verzicht auf Tabaksteuererhöhung

Berlin (ks). Da die erhofften Mehreinnahmen aus der Steuererhöhung für Zigaretten ausbleiben, hatten namhafte Finanzexperten von Regierung und Opposition einen Verzicht auf die geplanten weiteren Steuererhöhungen gefordert. Dieser Vorschlag ist inzwischen auf massive Kritik gestoßen: So wertete die Ärzteschaft den Rückgang des Tabakkonsums als Erfolg. Da offenbar viele Raucher auf Selbstgedrehte umgestiegen sind, erwägen SPD- und Grünen-Politiker nun, stattdessen auch die Steuer auf Tabak-Feinschnitt zu erhöhen.

Die Debatte um die Tabaksteuer brannte auch in der vergangenen Woche weiter: Die Einnahmen sind rückläufig, obwohl die Steuer bereits in einem ersten Schritt um 1,2 Cent pro Zigarette angehoben wurde. Zwei weitere Erhöhungen sollen im Dezember dieses Jahres und im September 2005 erfolgen. Mit den Mehreinnahmen sollen die versicherungsfremden Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Doch Haushaltspolitiker der Opposition wie auch der Regierung haben Bedenken, ob die Steuererhöhung tatsächlich zielführend ist und forderten einen Verzicht auf weitere Erhöhungen (siehe auch DAZ Nr. 37/2004, S. 19).

Auch für Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ist diese Sachlage problematisch. Er warnte allerdings vor "hektischen Änderungen des geltenden Gesetzes". Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und der CSU-Gesundheitsexperte Horst Seehofer sprachen sich ebenfalls dafür aus, es bei den Regelungen der Gesundheitsreform zu belassen. Sie wollen die vorgesehenen Bundeszuschüsse für die gesetzlichen Kassen nicht von sprudelnden Steuerquellen abhängig machen.

Jugendliche steigen auf Selbstgedrehte um

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Krista Sager machte inzwischen deutlich, dass sie an der Steuererhöhung festhalten wolle: "Jeder Versuch von Seiten der Tabakindustrie, auf die beschlossenen Erhöhungen der Tabaksteuer einzuwirken, wird auf den massiven Widerstand der grünen Fraktionsspitze treffen". Sie betonte, dass es gesundheitspolitisch ein großer Erfolg wäre, wenn die Steuerausfälle tatsächlich darauf beruhen, dass weniger Menschen rauchen. Doch zum Teil liege die Ursache in Ausweichreaktionen auf selbstgedrehte Zigaretten, deren Steuersatz deutlich niedriger liegt.

"Etwa jeder vierte Zigaretten rauchende Jugendliche ist nach der Steuererhöhung im März auf Feinschnitt umgestiegen", so Sager. Um diese Besserstellung zu beenden, müsse man über eine Angleichung der Steuern für Feinschnitt nachdenken. Unterstützung erhält Sager aus der SPD-Bundestagsfraktion: Der Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses Klaus Kirschner verlangte, die Steuer auf Feinschnitt sollte "auf jeden Fall" erhöht werden, wenn es zutreffe, dass gerade Jugendliche wegen der Tabaksteuererhöhung auf selbstgedrehte Zigaretten umsteigen.

Ärzte erfreut

Der Präsident der Bundesärztekammer Jörg-Dietrich Hoppe warnte davor, die Tabaksteuer allein unter fiskalischen Gesichtspunkten zu betrachten. Der Rückgang der Einnahmen sei ein Indiz, dass durch höhere Preise viele Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, vom Rauchen abgehalten werden. Hoppe: "Über diesen präventiven Effekt sollten wir uns freuen und nicht gleich wieder in Schwarzmalerei verfallen".

Der Hauptgeschäftsführer des Hartmannbundes, Hans-Jürgen Thomas, zeigte sich ebenfalls irritiert über die Idee, auf weitere Tabaksteuererhöhungen zu verzichten: Kaum würden "echte Präventionserfolge erzielt" gebe man "dem Primat der Wirtschaft wieder einmal nach". Der Ärzteverband forderte die Gesundheitsministerin auf, "ihren Kollegen aus dem Wirtschaftsressort zu verdeutlichen, dass durch die Reduzierung der Raucher erhebliche Einsparungen im Gesundheitswesen erreicht würden, die mittelfristig auch der Finanzierung versicherungsfremder Leistungen zu Gute kämen".

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