Erbkrankheiten: Massen-Gentest entfacht öffentliche Diskussion

Berlin (im). Der Vorsitzende der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", René Röspel, hat die Bundesregierung aufgefordert, noch im Herbst Eckpunkte für ein Gentestgesetz vorzulegen. Röspel sagte in der "Ärzte Zeitung" (Ausgabe vom 25. August), dass Tests auf Erbkrankheiten, bei denen es keine Therapie gibt, besonders problematisch seien.

Zuvor hatte eine Reihenuntersuchung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) große Aufmerksamkeit erregt. Die KKH hatte seit 2001 in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Hochschule Hannover 6000 ihrer Versicherten auf genetische Veranlagung zur Hämochromatose, einer vererbbaren Eisenspeicherkrankheit, in einem Modellvorhaben untersucht. Der inzwischen abgeschlossene Test ist laut "Spiegel" der erste Massen-Gentest durch eine deutsche Krankenkasse. Die Eisenspeicherkrankheit ist eine Stoffwechselerkrankung und kann zu schweren Organschäden an Herz und Leber und zu Impotenz führen. Obwohl unklar ist, inwieweit die genetische Veranlagung mit dem tatsächlichen Ausbruch der Krankheit zusammenhängt, hatte das Bundesgesundheitsministerium den Test genehmigt.

BÄK fordert "Recht auf Nichtwissen"

Der Präsident der Bundesärztekammer Jörg Hoppe forderte klare Regelungen zum Schutz der Bürger vor Missbrauch. Grundsätzlich hält Hoppe ein Gen-Screening für gerechtfertigt, wenn dadurch Heilung oder Linderung einer Krankheit möglich werden. Das sei bei der Eisenspeicherkrankheit der Fall gewesen. Der Bundesärztekammerpräsident forderte allerdings auch "ein Recht auf Nichtwissen". Keinesfalls dürften Versicherungsunternehmen oder Arbeitgeber Gentests verlangen dürfen.

EU-Kommissar: Keine weiteren Pläne

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sieht jetzt gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Schmidt kündigte an, noch in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Gesetz vorzulegen. Bereits im Juli dieses Jahres hatte eine Expertenkommission der EU-Kommission Empfehlungen veröffentlicht. Danach sollen die EU-Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Neugeborene systematisch im ersten Lebensmonat auf behandelbare Erbkrankheiten getestet werden. Gentests müssten jedoch der freien Entscheidung der Betroffenen vorbehalten bleiben, hieß es. EU-Forschungskommissar Philippe Busquin hat aber inzwischen entsprechende Presseberichte dementiert und klargestellt, dass keine Pflicht zu Gentests beabsichtigt sei und er keine EU-Richtlinie dazu plane.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.