Gemeinsamer Bundesausschuss: Festbetragsgruppe für Statine beschlossen

Berlin (ks). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Bildung einer weiteren Festbetragsgruppe beschlossen: Nach den Sartanen, Triptanen und Protonenpumpenhemmern wurde am 20. Juni auch für HMG-CoA-Reduktasehemmer eine Festbetragsgruppe geschaffen. Die Gruppe umfasst sowohl patentgeschützte Präparate als auch Generika. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) kritisierte, dass sich der G-BA einem Dialog mit der Industrie verweigert habe.

Mit einem wirtschaftlichen Volumen von rund 900 Mio. Euro und jährlich etwa 10,5 Mio. Verordnungen sind die Statine die bislang größte Gruppe, über die der G-BA entschieden hat. Wie bereits bei den Protonenpumpenhemmern hat der Ausschuss patentgeschützte mit patentfreien Arzneimitteln in einer Gruppe zusammengefasst. Dies stelle "eine konsequente Umsetzung des Gesetzesauftrags zur Festsetzung von Festbeträgen durch die Selbstverwaltung dar", heißt es in der Pressemitteilung des G-BA.

Getrennte oder "Jumbo"-Gruppen?

Grundsätzlich gebe das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sowohl die Möglichkeit, patentgeschützte Präparate und Generika in eine Gruppe zu fassen, als auch jene, getrennte Gruppen zu beschließen, erläuterte der Vorsitzende des G-BA Rainer Hess im Vorfeld der Beschlussfassung in Berlin. Die forschenden Arzneimittelhersteller hatten darauf gedrungen, eine Trennung vorzunehmen, um den Patentschutz nicht auszuhöhlen. Nach Gesprächen im Kanzleramt und im Bundesgesundheitsministerium (BMGS) hatten sowohl die Spitzenverbände der Krankenkassen als auch der VFA Berechnungen vorgenommen, um zu prüfen, ob mit einer Gruppentrennung die gleichen Einspareffekte zu erreichen sind, wie mit der so genannten Jumbo-Gruppe. Die Krankenkassen kamen zu dem Ergebnis, dass das Einsparvolumen der Pharmaindustrie, das nach dem GMG bei einer Mrd. Euro angesetzt ist, um rund die Hälfte schrumpfen würde. Der VFA erklärte hingegen, belegen zu können, dass sich die Einsparpotenziale auch bei einer den Patentschutz achtenden Umsetzung der Vorgaben zur Bildung von Festbetragsgruppen wahren ließen.

G-BA: Nur Preiswettbewerb gesichert

Der G-BA blieb dabei, keine Trennung vorzunehmen. Die Zusammenfassung von Generika und patentgeschützten Arzneimitteln in eine Festbetragsgruppe ermögliche es, das übergeordnete Ziel der Festbetragsregelung zu realisieren, nämlich Preiswettbewerb auszulösen und damit Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, ließ der Ausschuss verlauten. Die von Seiten der Industrie geforderte Aufteilung in getrennte Festbetragsgruppen werde dieser Zielsetzung nicht gerecht. Hess betonte, dass die Entscheidungsgrundlagen des G-BA nach wie vor gewährleisten, dass echte Innovationen gefördert und geschützt werden. Neuentwicklungen würden durch Festbeträge nicht tangiert - das gleiche gelte für echte therapeutische Innovationen. Nachahmerpräparate müssten sich allerdings einer fundierten Prüfung auf wissenschaftlicher Basis stellen, ob es sich tatsächlich um eine therapierelevante Verbesserung handelt.

Hess: Keine Dialoglösung mit Industrie

Der G-BA hat die Entscheidung über die Gruppenbildung getroffen, obwohl es bereits eine neue Einladung des BMGS zu einem Gespräch mit der pharmazeutischen Industrie gibt. Schon am Vortag der Beschlussfassung hatte Hess die Kritik der Pharmaverbände zurückgewiesen, der G-BA habe bei der Bildung von Festbetragsgruppen die Einwände der Industrie nicht beachtet. Dass Industrievertreter gemeinsam mit Vertretern des G-BA ins BMGS eingeladen werden "heißt nicht, dass wir mit der Industrie etwas vereinbaren", sagte Hess. Der G-BA-Vorsitzende betonte, in dem Gespräch, das am 8. Juli im Ministerium gemeinsam mit Unternehmensvertretern stattfand, seien lediglich Rechtsgrundlagen abgeklärt worden. "Es gibt keine Dialoglösung", betonte Hess. Was die Festbeträge betreffe, so liege die Entscheidung beim G-BA.

VFA: G-BA verschließt sich dem Dialog

Der VFA forderte indessen das BMGS auf, den neuen Festbetragsgruppen-Beschluss des G-BA zu beanstanden. Der VFA-Vorstandsvorsitzende Andreas Barner beklagte, der Ausschuss habe bei seiner Entscheidung weder therapeutischen Fortschritt noch die Frage des Patentschutzes berücksichtigt. Er verwies auf die gemeinsame Erklärung von Vertretern der Bundesregierung und der forschenden pharmazeutischen Industrie vom 7. Juli: Hiernach sollten die Entscheidungsgrundlagen des G-BA und die Jumbogruppen als Mittel, Einsparungsziele im Gesundheitswesen zu erreichen, noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden. "Während Politik und Industrie seither in eine konstruktive und ergebnisoffene Diskussion eingetreten sind, hat der Gemeinsame Bundesausschuss schon nach dem ersten Gespräch eine Verweigerungshaltung angenommen", kritisierte Barner. Die Beschlüsse zu den Statinen zeigten, dass der G-BA nicht dialogwillig sei und sich medizinisch-wissenschaftlichen Argumenten weitestgehend verschließe.

Das Ministerium prüft

Das Ministerium kann den Beschluss des G-BA zur Gruppenbildung beanstanden. Soweit es ihn absegnet, können die Krankenkassen die Festbeträge festsetzen. Ein gerichtliches Vorgehen betroffener Pharmaunternehmen gegen den Beschluss der Krankenkassen würde diesen nicht aufheben. Beanstandet das BMGS den Beschluss des G-BA hingegen, so kann der Ausschuss selbst gegen diese Entscheidung klagen. Der bisher bestehende Zustand bliebe dann bestehen.

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