Niederlage für Frensemeyer: Verwaltungsgericht Stuttgart: Kammer muss nicht aus

Stuttgart (cr). Weitere rechtliche Niederlage für den streitbaren und umstrittenen Acherner Apotheker Dietmar Frensemeyer: Wie die mündliche Verhandlung am Donnerstag vergangener Woche zeigte, wird das Verwaltungsgericht Stuttgart seine Klage gegen die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg auf Austritt aus der ABDA abweisen. Damit widersprechen die Richter einer jüngst ergangenen gegenteiligen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin, mit dem die dortige Berufsvertretung zum Austritt aus der ABDA verurteilt worden war (vgl. DAZ Nr. 28/2004, S. 16).

Nach Auffassung der Stuttgarter Richter bewegt sich die baden-württembergische Landesapothekerkammer mit ihrer Mitgliedschaft in der ABDA auf rechtlich sicherem Fundament. In der knapp zweistündigen Verhandlung, zu der auch die ABDA beigeladen war, standen insbesondere folgende Fragenkomplexe zur rechtlichen Debatte:

  • Bewegt sich die Landesapothekerkammer mit ihrer Mitgliedschaft in der privatrechtlich ausgestalteten ABDA im Rahmen des baden-württembergischen Heilberufe-Kammergesetzes (HeilbKG) oder liegt eine illegale "Aufgabenüberschreitung" vor?
  • Besteht aufgrund der "strukturellen Mehrheit" der selbstständigen Apothekenleiter innerhalb der ABDA ein verfassungswidriges Demokratiedefizit zu Lasten angestellter Apotheker, wie dies das Verwaltungsgericht Berlin angenommen hatte?
  • Nimmt die ABDA mit ihrer Pharmazeutischen Zeitung ein rechtswidriges allgemeinpolitisches Mandat wahr? Und:
  • Betätigt sich die ABDA mithilfe ihrer "wirtschaftenden Töchter" (u. a. Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker mbH, Govi-Verlag GmbH, IfA GmbH) auf unzulässige Art und Weise erwerbswirtschaftlich?

    Während im Berliner Verfahren vorrangig verbands- und binnendemokratische Aspekte der Beteiligungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten einzelner Kammermitglieder im Vordergrund standen, konzentrierte sich der Kläger im Stuttgarter Verfahren auf die in seinen Augen unzulässige erwerbswirtschaftliche Betätigung der ABDA-Tochterunternehmen: Diese konzernartigen Aktivitäten, so Frensemeyer, bildeten heute den kammerrechtswidrigen Schwerpunkt der Tätigkeit der ABDA und stellten deshalb eine Verletzung des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) der Kammerzwangsmitglieder dar.

    ABDA-Töchter im grünen Bereich

    Dieser in dickleibigen Schriftsatzkonvoluten vorgetragenen Einschätzung Frensemeyers widersprach nicht nur Lutz Tisch (ABDA), der die "dienende Funktion" der "wirtschaftenden ABDA-Töchter" betonte - auch das Gericht mochte den klägerischen Ausführungen nicht folgen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung gesteht öffentlichen Berufsvertretungen im Rahmen der (gesetzlich durchaus vage formulierten) Aufgabenzuteilung nämlich einen beachtlichen Beurteilungsspielraum zu, der einer gerichtlichen Kontrolle entzogen ist ("Prärogative der Kammern").

    Gewinnorientierung bedingt zulässig

    Legitimer Bestandteil dieser Kammeraufgaben kann, so das Gericht, auch eine wirtschaftliche Betätigung "mit gewisser Gewinnorientierung zur Bildung von Rücklagen" sein. Im Einzelnen sei es dabei nicht immer einfach, die Grenzlinie zwischen zulässiger und unzulässiger Erwerbstätigkeit zu ziehen. Insgesamt und soweit ersichtlich bewege sich die ABDA mit ihren wirtschaftlichen Tochterunternehmen auf rechtmäßigem Terrain (Zweifel äußerte das Gericht in diesem Zusammenhang lediglich an der standeseigenen Versandbuchhandlung, in der nicht nur pharmazeutische Fachliteratur, sondern, wie der Rechtsvertreter Frensemeyers süffisant aus dem Internet zitierte, auch Golfausrüstungen angeboten werden ...). Im Übrigen begründe nicht jeder einzelne Verstoß gegen eine kammerrechtliche Aufgabenzuweisung per se ein "Recht auf Kammeraustritt". Vielmehr bestehe in diesen Einzelfällen lediglich ein Anspruch auf Einhaltung der kammergesetzlichen Vorgaben.

    Stuttgart widerspricht Berlin

    Offen brachte das Gericht in der mündlichen Verhandlung auch zum Ausdruck, dass es die verbandsdemokratischen Erwägungen des Verwaltungsgerichts Berlin - ungeachtet unterschiedlicher landesrechtlicher Regelungen in Baden-Württemberg und Berlin - nicht teilt. Nach Auffassung der Stuttgarter Richter ist es rechtlich unbedenklich, wenn sich Kammern mit freiwilligen Vereinigungen von Angehörigen desselben Berufs verbinden - selbst dann, wenn diesen Vereinigungen nur Selbstständige angehören. Bestätigt sehen sich die Stuttgarter Richter in ihrer Rechtsauffassung durch § 4 Abs. 1 Satz 3 des Heilberufe-Kammergesetzes Baden-Württemberg. Danach sind (Apotheker)Kammern berechtigt, mit (Apotheker)Verbänden eine Arbeitsgemeinschaft (wie sie die ABDA darstellt) zu bilden.

    LAK erleichtert, Frensemeyer hofft weiter

    Nach der mündlichen Verhandlung zeigten sich der Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, Baldur Kohm, und der in Stuttgart anwesende ABDA-Vertreter Lutz Tisch erleichtert und zuversichtlich. Bestätigt fühlte sich auch der Prozessbevollmächtigte der LAK, Rechtsanwalt Dr. Christofer Lenz: "Unsere Strategie, auf die flächendeckenden und wortgewaltigen Vorwürfe des Klägers gelassen und nur dann zu reagieren, wenn sie entscheidungserheblich sind, hat sich bewährt." Dagegen zeigten sich Frensemeyer und sein Rechtsanwalt Dr. Nicolas Günzler ernüchtert: "Wir setzen auf die zweite Instanz."

    § 4 Abs. 1 Satz 3 Heilberufe-Kammergesetz Baden-Württemberg

    "Zur Wahrung von Berufs- und Standesinteressen sind die Kammern berechtigt, mit Kammern des gleichen Berufs oder anderer Heilberufe, mit Verbänden, die gesetzliche Aufgaben in der Sozialversicherung erfüllen oder sonstige berufsbezogene Belange ... wahrnehmen, Arbeitsgemeinschaften zu bilden."

  • 0 Kommentare

    Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.