Kassenärztliche Bundesvereinigung: Ärzte beklagen ein Mehr an Bürokratie

Berlin (kbv/diz). "Die Gesundheitsreform hat zu einem enormen Zuwachs an Bürokratie geführt." Dies kritisierte Dr. Manfred Richter-Reichhelm, Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf der Vertreterversammlung der Vertragsärzteorganisation am 17. Mai in Bremen. "Was mit den Disease-Management-Programmen an Bürokratiewahn begann, soll wohl jetzt auch in der Regelversorgung erfolgen."

Besonders unerfreulich sei die Entwicklung deswegen, weil der Gesetzgeber in der Einleitung und der Begründung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) das Gegenteil von dem anstrebte, was er letztlich bewirkt habe. Ein Grund für den Anstieg der Papierflut ist nach Ansicht des KBV-Chefs die Einführung der Praxisgebühr am 1. Januar. Die Patienten wüssten zwar, dass die Gebühr nicht dem Arzt, sondern den Krankenkassen zugute komme, und zeigten sich zahlungswillig, doch sei der Verwaltungsaufwand hoch. Er müsse eigentlich gesondert vergütet werden. Angemessen sei eine Pauschale von einem Euro pro Gebühreneinzug meinte Richter-Reichhelm.

"Die Praxisgebühr bringt auch noch zwei weitere Probleme mit sich", so der Ärztefunktionär weiter. "Erstens: Wir können noch nicht sagen, ob sie zu einem Rückgang der Arztbesuche geführt hat. Im ersten Quartal 2004 registrierten wir zehn Prozent weniger Konsultationen als im Vorquartal. Doch das können Vorzieheffekte sein. Zweitens: Wir müssen noch analysieren, ob sozial Schwache nun besonders selten zum Arzt gehen." Eine Studie der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin legt dies nahe. Im wenig begüterten Neukölln seien die Fallzahlen weit stärker gesunken als im vergleichsweise wohlhabenden Charlottenburg/Wilmersdorf.

Der KBV-Chef mahnte seine Kollegen, die mittelfristig auf die Ärzte zukommenden Veränderungen im Auge zu haben. "Die Politik will immer mehr Zugriff auf größere, zentrale Strukturen schaffen. Die Krankenhäuser fahren jetzt mit schweren Geschützen auf, mit dem Ziel, in die ambulante Versorgung einzubrechen", warnte er. Beides sei ein Angriff auf die Freiberuflichkeit zunächst der fachärztlich tätigen, später dann der übrigen niedergelassenen Ärzte.

Dennoch böten die vom Gesetzgeber angestrebten neuen Versorgungsformen nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Die KBV habe sich schon seit langem dafür eingesetzt, dass Vertragsärzte auch fachübergreifend immer enger kooperieren. Insofern sei eine gut funktionierende fachübergreifende Gemeinschaftspraxis ein guter Ausgangspunkt zur Bildung eines Medizinischen Versorgungszentrums.

Alarmiert hat die Ärzteschaft, so machte der KBV-Chef deutlich, das von der Apothekerschaft und der Barmer Ersatzkasse initiierte Hausapothekenmodell. Dieses sieht diverse Check-up-Leistungen vor, also Leistungen, die von Ärzten zu erbringen seien. Ein Gespräch mit der Barmer und dem Deutschen Apothekerverband habe mittlerweile dazu geführt, dass die Apotheker sich künftig auf ihre Aufgaben beschränkten und Versicherte immer auf eine gegebenenfalls notwendige ärztliche Untersuchung und Behandlung hinwiesen, so Richter-Reichhelm.

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