Drogen- und Suchtbericht: Weniger Drogentote - mehr exzessiver Alkoholkonsum

Berlin (ks). Die Zahl der Todesfälle aufgrund des Konsums illegaler Drogen ist auch im Jahr 2003 weiter zurückgegangen. Mit 1 477 Toten ist der niedrigste Stand seit 1989 erreicht. Dies geht aus dem Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung hervor, den die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk, am 22. April in Berlin vorgestellt hat. Sorgen bereitet der Drogenbeauftragten allerdings der Konsum legaler Drogen - insbesondere Jugendliche greifen immer früher und exzessiver zum Alkohol und zu Zigaretten.

Schwerpunkte des Drogen- und Suchtberichts sind die Prävention bei Kindern und Jugendlichen sowie die Reduzierung des Tabakkonsums. Während bei Erwachsenen im vergangenen Jahr ein leichter Rückgang beim Alkohol- und Zigarettenkonsum zu beobachten war, ist bei Kindern und Jugendlichen das Gegenteil der Fall. Erschreckend sei vor allem der steigende Konsum von Alkopops, erklärte Caspers-Merk. Vom Frühjahr 2001 bis zum Frühjahr 2002 ist der Absatz der hochprozentigen Mixgetränke um 325 Prozent gestiegen. Jungen wie Mädchen beginnen immer früher Alkohol zu trinken - und tun dies immer exzessiver (sog. "binge drinking" oder Komatrinken). So hat sich in den Jahren 2000 bis 2002 die Fallzahl wegen einer Alkoholvergiftung stationär behandelter Kinder und Jugendlicher um 26 Prozent erhöht. Dabei sind es mittlerweile zu gleichen Teilen Mädchen wie Jungen, die wegen übermäßigen Alkoholkonsums im Krankenhaus landen. Hier setzt z. B. das im vergangenen Jahr angelaufene Projekt "HaLT" der Bundesregierung ein. Dieses Hilfs- und Beratungsprojekt spricht speziell Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren an, die wegen einer Alkoholvergiftung stationär behandelt werden. Dem exzessiven Trinken entgegenwirken soll aber auch die von Rot-Grün geplante Sonderabgabe auf Alkopops. Ebenfalls sei es nötig, "eine Kultur des Hinguckens" zu entwickeln, führte Caspers-Merk aus. Schon jetzt dürften Alkopops erst an über 18-Jährige verkauft werden - doch offenbar versagt hier die Kontrolle. Bessere Kennzeichnungen auf den Flaschen sollen künftig deutlich auf die bestehende Gesetzeslage hinweisen.

Cannabis bleibt Nr. 1 unter den illegalen Drogen

Bei den illegalen Suchtmitteln sind Caspers-Merk zufolge durchweg Rückgänge im Konsum zu verzeichnen. Die am häufigsten konsumierte illegale Droge ist nach wie vor Cannabis. Caspers-Merk erklärte, man dürfe den Cannabiskonsum weder bagatellisieren noch dramatisieren. Rund 10 000 Jugendliche befänden sich wegen dieser Droge, die auch Psychosen auslösen kann, in Behandlung. Haschisch und Marihuana dürften nicht verharmlost werden - auch von diesen Substanzen könne man abhängig werden, so die Drogenbeauftragte. Sie hält es für falsch, zwischen harten und weichen Drogen zu differenzieren. Vielmehr gebe es "harte und weiche Konsummuster", so Caspers-Merk.

Dem Missbrauch von Medikamenten ist im aktuellen Drogen- und Suchtbericht nur wenig Raum gewidmet. "Im professionellen Suchthilfesystem wie auch in der Suchtselbsthilfe sind die 1,4 Millionen Medikamentenabhängigen - davon zwei Drittel Frauen - bisher unterrepräsentiert", stellt der Bericht fest. Es sei dringend erforderlich, das Thema stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Auch im Bereich der Forschung, Diagnostik und Behandlung bestehe im Vergleich zu den Themenkreisen Alkohol und illegalen Drogen ein deutlicher Nachholbedarf, so der Bericht. Weiterhin werden zwei Studien angesprochen, die sich mit der Behandlung von Kindern mit Methylphenidat beschäftigen. Auch Cannabis als Arzneimittel ist in einem Kapitel behandelt - denn die Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung sieht vor, dass die Verschreibungsmöglichkeiten von Cannabisarzneimitteln in wissenschaftlich anerkannten Fällen weiterentwickelt werden soll.

Einrichtung eines Drogen- und Suchtrats

Auch im laufenden Jahr will die Bundesregierung die Arbeitsschwerpunkte des vergangenen Jahres fortsetzen. Zudem soll - voraussichtlich im Sommer - ein Drogen- und Suchtrat einberufen werden. Dies ist ein Expertengremium, das die Umsetzung des 2003 verabschiedeten ""Aktionsplan Drogen und Sucht" begleiten soll, indem es für eine bessere Vernetzung sorgt und Lösungsvorschläge erarbeitet. Derzeit führe man noch Abstimmungsgespräche mit den Ländern, erklärte Caspers-Merk. Der Drogen- und Suchtbericht ist im Internet unter www.drogenbeauftragte.de zu finden.

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