OTC-Erstattung: Bundesausschuss beschließt Ausnahmeliste

Bonn (im). Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat am 16. März in Bonn die Ausnahmeliste von nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten beschlossen, die die Kassen künftig weiter erstatten dürfen. Entgegen ursprünglicher Entwürfe dürfen Ärzte auch homöopathische und anthroposophische Präparate bei bestimmten Indikationen auf Kassenrezept verordnen. Die Neubildung von Festbeträgen wurde dagegen vertagt.

Das Gremium musste die Vorgabe des Gesetzes umsetzen, wonach definiert werden muss, welche Arzneimittel bei schwerwiegenden Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Die Liste, die zum 1. April in Kraft tritt, enthält zum Beispiel Acetylsalicylsäure zur Nachsorge von Herzinfarkt und Schlaganfall sowie nach arteriellen Eingriffen oder Jodid gegen Schilddrüsenerkrankungen. Entgegen der Ursprungsfassung sind nun vier pflanzliche Präparate enthalten:

  • Flohsamenschalen (gegen Morbus Crohn),
  • Ginkgo-biloba-Blätter-Extrakt (gegen Demenz),
  • Hypericum perforatum-Extrakt (gegen mittelschwere Depressionen) sowie
  • Mistel-Präparate (palliative Therapie maligner Tumore). Der erste Entwurf hatte lediglich ein Phytopharmakon aufgeführt. Zuletzt sind darüber hinaus Antimykotika (gegen Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum) dazu gekommen.

    In Bonn hob der Vorsitzende des Bundesausschusses, Dr. Rainer Hess, die nun geltende Klarheit für Ärzte und Patienten hervor, welche rezeptfreien Arzneimittel (OTC) bei welchen Indikationen von den Kassen noch erstattet werden. Hess erinnerte daran, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Patienten grundsätzlich OTC-Präparate seit Jahresbeginn selbst zahlen sollen mit Ausnahme von Kindern bis zu zwölf Jahre. Aufgabe des Gremiums sei lediglich die Definition der Ausnahmen gewesen.

    Homöopathisches auf Rezept

    Der Ausschuss habe sich veranlasst gesehen, auch homöopathische und anthroposophische Arzneimittel zur Kassenerstattung zuzulassen, um so den Willen des Gesetzgebers nach Therapievielfalt umzusetzen. GBA-Vorsitzender Hess wies nachdrücklich darauf hin, dass deren Aufnahme nicht nach fachlichen Kriterien des wissenschaftlichen Wirkungsnachweises erfolgt sei. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte sich im Vorfeld für die Berücksichtigung dieser Präparate in der Liste ausgesprochen. Für die in den neuen, ab April geltenden Arzneimittelrichtlinien aufgeführten Indikationen dürfen Mediziner bei schwerwiegenden Erkrankungen diese Arzneimittel verordnen, wenn diese in den Indikationsgebieten Therapiestandard innerhalb ihrer jeweiligen Therapierichtung sind (Standard beispielsweise innerhalb der Homöopathie).

    Liste für Life-Style-Arzneimittel

    Am 16. März beschloss der Bundesausschuss (von Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäusern) darüber hinaus eine Liste von "Life-Style-Präparaten". Per Gesetz vorgegeben werden Arzneimittel zur Potenzsteigerung, Raucherentwöhnung, Verbesserung des Haarwuchses oder Abmagerungsmittel von der Erstattung durch die Krankenkassen ausgeschlossen. Der GBA listete sämtliche Medikamente wie zum Beispiel Viagra, Cialis, Reductil oder Xenical einzeln auf.

    Festbeträge verschoben

    Wegen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der deutschen Festbetragsfestsetzung mit europäischem Wettbewerbs- und Kartellrecht, das ebenfalls am 16. März bekannt wurde, vertagte der Bundesausschuss seinen geplanten Beschluss zur Neubildung von Festbetragsgruppen.

    Ungeklärt: Sondennahrung

    Zur Sondennahrung soll eine zusätzliche Anhörung stattfinden. Zwar sei das Gremium nicht dazu verpflichtet, im Interesse der Patienten wolle man jedoch auf eine gerichtliche Auseinandersetzung verzichten. Die Vorlage des GBA hierzu hatte das Bundesgesundheitsministerium beanstandet.

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