Kommentar: Wettbewerb auf schmalem Grat

Die Politiker wollten mit dem GMG neue Formen des Wettbewerbs im Gesundheitswesen anregen. Zum Wettbewerb gehört, neue Wege auszuprobieren, von denen niemand weiß, wohin sie führen werden. Einer dieser Wege ist das Shop-in-Shop-Konzept für Apotheken. Dies kann ein eigenständiger Bereich für die Kosmetik oder bestimmte Gesundheitsthemen sein - oder für die Produkte eines bestimmten Herstellers. Doch wohin wird dieser Weg führen? ę

Kurzfristig ist es sicher eine hervorragende Marketingidee, einen finanziell gut ausgestatteten Hersteller die teure Fernsehwerbung bezahlen zu lassen, sich mit der eigenen Apotheke an dieses Marketing anzuhängen und dann die Früchte des geballten Werbeeinsatzes zu ernten. Dafür lohnt sich dann auch ein beträchtliches eigenes Engagement. Doch ist der Shop-in-Shop auch eine Gratwanderung. Denn der Weg vom Shop innerhalb der Apotheke bis zum eigenständigen Shop eines Herstellers ist für den Kunden nicht weit. Die Trennung zwischen dem "normalen" Teil der Apotheke mit den teuren innovativen Originalpräparaten und dem Shop mit den preiswerten Generika soll den Kunden bewusst gemacht werden.

Doch gerade darin liegt die Gefahr, eine ganz neue Art von Apotheke aufzubauen, die ohne Innovationen und klassische Marken auskäme. Der Weg für die herstellerabhängige Kette wäre dann zumindest beim Kunden frei. Kein Hersteller hat bisher von sich aus ein solches Angebot gemacht, das manche als Angriff auf die Unabhängigkeit der Apotheker verstehen könnten. Vielleicht halten die Hersteller die Zeit noch nicht für gekommen oder sie fürchten die Reaktion der Apothekerschaft. Nun haben Apotheker die Idee von sich aus in den Wettbewerb geschickt. Die Frage bleibt, wie lange sich auf diesem schmalen Grat balancieren lässt, ohne die Kontrolle über das eigene Gleichgewicht zu verlieren. Der Absturz könnte sehr tief sein.

Thomas Müller-Bohn

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