Berichte

Spiritualität als Lebensqualität

Am 11. Februar 2003 sprach der Benediktiner und Zen-Meister Willigis Jäger auf einer "Fortbildungsveranstaltung der etwas anderen Art" in Darmstadt vor über 400 Zuhörern über "Spiritualität als Lebensqualität".

Wie Dr. Detlef Eichberg, Zweigstellenleiter der Landesapothekerkammer Hessen in Darmstadt, in seiner Einführung sagte, sei es das Gebot der Stunde, sich auch über den "pharmazeutischen Tellerrand" hinaus Impulsen zu öffnen, die nicht nur "Kochrezepte" wie Marketing-Strategien anbieten, sondern die Ganzheit des Menschen im Focus haben.

Die Welt ist transrational

Der mit achtundsiebzig Jahren noch ausgesprochen jugendlich wirkende Willigis Jäger stieg mit einer immer wieder von suchenden Menschen gestellten Frage in seinen Vortrag ein, nämlich der Frage nach dem "Sinn des Lebens". In der Philosophie und Theologie werde zwar versucht, darauf Antwort zu geben, es stehen aber immer rationale Aspekte dabei im Vordergrund.

Der Erfahrung weiser Menschen nach sei jedoch der Sinn des Lebens kein rationaler Sinn. Die Welt sei arational bzw. transrational organisiert. Durch die modernen Naturwissenschaften werde dies in immer umfassenderer Weise bestätigt.

Jäger zitierte Aussagen von bahnbrechenden Forschern und Nobelpreisträgern, so zum Beispiel Max Planck, der sagte: "Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte. Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms: Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie."

Hier knüpfen die morphogenetischen Felder des Zellbiologen Rupert Sheldrake an, die aus dem feinstofflichen Bereich heraus nach Jäger die Entwicklungen in der Welt mehr beeinflussen als Kriege und Revolutionen. Der Nobelpreisträger Gary Zukav sei sicher, dass im Vorlesungsverzeichnis der Physik des 21. Jahrhunderts auch Vorlesungen über Meditation angeboten werden.

Durch spirituelle Erfahrung der Menschheit nützen

Dieses Weltbild der modernen Naturwissenschaft entspreche den spirituellen Erfahrungen der Mystik, so Jäger. Mystik begnüge sich nicht mit einem "gedachten Glauben", sondern suche in einer Art "experimenteller Gotteserfahrung" (z. B. Kontemplation) die Bestätigung der Transrationalität der Wirklichkeit. Mystik führe zu der Erfahrung: "Ich bin göttliches Leben, in mir inkarniert sich Gott." Gott werde als Offenbarung des evolutionären Geschehens "geschaut".

Die konzentrierte, gebannte Stille im Saal ließ keinen Zweifel an der charismatischen Ausstrahlung Jägers, als er versicherte: "Wer eine spirituelle Erfahrung gemacht hat, kann in der Erkenntnis, dass er selbst Vollzug des göttlichen Lebens ist, nicht mehr unethisch handeln. Ein erleuchteter Mensch ist von Liebe durchdrungen und von jeglicher Egozentrik befreit." Die Mystik sei dabei nichts "Abgehobenes", sondern habe mit Alltag zu tun, in dem die Früchte der spirituellen Erfahrung der gesamten Menschheit zugute kommen.

Am Ende der über zweistündigen Veranstaltung hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Keine Proteste – obwohl Jäger dazu ermuntert hatte. Die Rückmeldungen aus dem kollegialen Bereich bewegten sich von Dankbarkeit und Betroffensein bis hin zu der Überzeugung, dass durch die Einladung von Gästen eine effektive PR-Arbeit in der nicht pharmazeutischen Öffentlichkeit geleistet wurde. So lobten die Mitglieder einer Hospiz-Bewegung diese Initiative der Landesapothekerkammer Hessen.

Das Interesse und die positive Resonanz auf den Vortrag bestätigen nicht zuletzt, dass es durchaus Sinn macht, auch einmal über den "pharmazeutischen Tellerrand" hinauszuschauen.

Kasten Zitat

Wenn wir sterben, geht keine Tür zu. Da geht ein Tor auf! Willigis Jäger

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.