BVA-Info

Stellungnahme des BVA: Eckpunkte der Gesundheitsreform

Am 6. Februar 2003 hat Ministerin Ulla Schmidt der Öffentlichkeit Eckpunkte zur Modernisierung des Gesundheitswesens vorgestellt. Sie betreffen einzelne Maßnahmen für Qualität und Wirtschaftlichkeit. Nicht berücksichtigt ist dagegen die Einnahmenseite, die durch die "Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme" (Rürup-Kommission) erfasst werden soll. Eine endgültige Bewertung der Vorschläge ist jedoch erst möglich, wenn beide Bereiche, Einnahmen und Ausgaben, gemeinsam betrachtet werden können.

In der folgenden Stellungnahme bewertet der Bundesverband der Angestellten in Apotheken überwiegend die apotheken- und arzneimittelrelevanten Punkte. Viele Eckpunkte lassen sich noch nicht bewerten, da Detailinformationen fehlen. Dies betrifft z. B. Punkt 2 "Verbesserung der Patientenversorgung" unter dem Stichwort "Verbesserung der Arzneimittelsicherheit". An welcher Stelle soll hier die Arzneimittelsicherheit verbessert werden? Bereits bei der Zulassung und Herstellung eines Arzneimittels? Oder bei der Verordnung? Oder bei der Abgabe in der Apotheke?

Pharmazeutische Kompetenzen nicht einbezogen

Eine verstärkte Einbeziehung pharmazeutischer Kompetenzen ist zur Kostenreduktion im Gesundheitswesen unumgänglich, dies geht jedoch aus den derzeitigen Eckpunkten nicht hervor. Zukunftsweisende Modelle wie das Hausapothekermodell in Niedersachsen oder die pharmazeutische Betreuung haben in ihnen keinen Niederschlag gefunden.

Die Punkte, die den Arzneimittelmarkt betreffen, tun dies ausschließlich unter logistisch/wirtschaftlichen Gesichtspunkten, nicht jedoch unter pharmazeutischen. Hier wird eine Chance vertan, die Apotheke mit all ihren Kompetenzen ins Gesundheitswesen einzubinden. Solange die Apotheke weiterhin nur als Logistikunternehmen für die Verteilung der Arzneimittel gesehen wird, werden sich die Kosten im Arzneimittelbereich nicht dauerhaft und tiefgreifend reduzieren lassen.

Für mehr Patientenrechte

Grundsätzlich begrüßt der BVA eine Verbesserung der Transparenz und die Stärkung der Patientenrechte, da das Gesundheitssystem unter anderem auch daran krankt, dass Patienten keine eigene Stimme haben, sondern im Gesundheitswesen zum "Objekt" degradiert werden.

Der vielbeschworene "mündige" Bürger benötigt Informationen, um etwa den geforderten Qualitätswettbewerb der Krankenkassen und Leistungserbringer beurteilen zu können. Mit informierten Patienten, die über ihre Behandlung und deren Kosten genau Bescheid wissen, ließen sich auch die immer wieder aufgedeckten Betrugs- und Abrechnungsfälle endlich eindämmen.

Punkt 4: "Entscheidungsfreiheit für Versicherte"

Hier sollen die Zuzahlungsmodalitäten verändert werden, ausschlaggebend soll nicht mehr die Größe einer Packung oder das Einkommen sein, sondern wirtschaftliches und gesundheitsbewusstes Verhalten.

Dies korreliert mit einem Vorschlag des BVA, ein dreistufiges Zuzahlungsmodell einzuführen:

  • Lebenswichtige Arzneimittel sind von der Zuzahlung befreit,
  • in einer mittleren Stufe sind anteilige Zuzahlungen zu leisten,
  • Arzneimittel für Bagatellerkrankungen sind vom Patienten komplett selbst zu bezahlen.

Punkt 7: "Verbesserung der Arzneimittelversorgung"

  • Liberalisierung der Preisgestaltung bei Arzneimitteln (Novellierung der Arzneimittelpreisverordnung).

Dieser Punkt ist wenig konkret. Vorstellbar ist in den Augen des BVA, mit einer Novellierung nicht nur einzelne Stellschrauben der AMpreisV zu verändern, sondern eine vom Arzneimittelpreis unabhängige Honorierung der Leistungen in der Apotheke zu schaffen. Dies würde die Abhängigkeit ausschließlich vom Preis des Arzneimittels auflösen und die Honorierung der Leistung in der Apotheke auf eine andere Grundlage stellen. Eine Freigabe der Arzneimittelpreise im OTC-Bereich ist denkbar und ein Anreiz für Wettbewerbsorientierung in der Apotheke.

  • Aufhebung des Mehrbesitzverbots bei gleichzeitiger Gewährleistung wohnortnaher Versorgung.

Auch hier besteht noch Informationsbedarf, was die "wohnortnahe Versorgung" betrifft. Soll eine Zulassungsbeschränkung wie bei den Kassenärzten 1993 eingeführt werden, um die Niederlassung von Apothekern zu steuern? Dies wird juristisch kaum möglich sein. Ohne gesetzliche flankierende Maßnahmen kann es jedoch zur Konzentration von Apotheken an attraktiven Standorten (Innenstadtbereich, Unterzentren) kommen, während in dünner besiedelte Gebieten (Land) die Apothekendichte möglicherweise zu stark abnimmt – das kann gesundheitspolitisch nicht gewollt sein. Entscheidend ist, ob das Fremdbesitzverbot bestehen bleibt.

Grundsätzlich sind für Angestellte in Apotheken auch andere Modelle als die derzeitige Form der Apotheke vorstellbar. Die jetzige Einzelapotheke bietet nämlich nicht nur Vorteile, was die Position der Angestellten in der Apotheke betrifft, sondern auch Nachteile. So ist derzeit in der Apotheke die Gründung eines Betriebsrates oder die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nicht immer möglich. In wettbewerbsorientierten, größeren Einheiten von Apotheken sind, wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, Berufs- und Aufstiegschancen für Angestellte in der Regel besser.

  • Zulassung von Versandapotheken.

Hier liegen seit Ende letzten Jahres bereits Eckpunkte der Gesundheitsministerin vor, die sich von den Vorstellungen des BVA nur in einem Punkt wesentlich unterscheiden: Der BVA fordert aus Gründen der Arzneimittelsicherheit die Zustellung durch pharmazeutisches Personal. Die freie Apothekenwahl und die Entscheidung für oder gegen den Bezug über Versand muss dem Patienten überlassen werden. Oberstes Gebot ist die Arzneimittelsicherheit.

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