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Gesundheitsreform: Gemeinsamkeiten bei Grünen und Union

BERLIN (ks). Auch wenn die Sozialdemokraten derzeit offen von einem zweiten Lahnstein träumen, wo Union und SPD 1992 ohne Beteiligung der kleinen Parteien eine gemeinsame Gesundheitsreform beschlossen, glauben die Grünen fest daran, dass sie 2003 ein Wörtchen mitzusprechen haben. Selbst zwischen CDU/CSU und Grünen könnte es Berührungspunkte geben. So erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Biggi Bender, diese Woche: "Union und Grüne eint das Ziel, die Lohnnebenkosten zu senken".

Die Reform-Eckpunkte von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sehen die Grünen auch als eine Fortführung der Politik der früheren Ministerin Andrea Fischer (Grüne). Viele der Maßnahmen – etwa die Stärkung der Hausärzte, mehr Wettbewerb unter den Leistungserbringern, mehr Transparenz und Patientenrechte – seien bereits von Fischer geplant worden, letztlich jedoch im Bundesrat gescheitert, erklärten sowohl Bender als auch die grüne Fraktionschefin Krista Sager. Dies will man dieses Jahr verhindern.

In einem Interview mit der "tageszeitung" (Ausgabe vom 10. Februar) sagte Bender, sie wolle mit der Union über die Gesundheitsreform reden, noch bevor das parlamentarische Verfahren starte. Dabei gehe es allerdings vornehmlich darum, das vorhandene Geld effizienter auszugeben und versicherungsfremde Leistungen durch Steuern zu finanzieren.

Die Idee der Union, Versicherten mehr Eigenbeteiligung aufzuerlegen, könne im Gesamtpaket auch enthalten sein, stehe aber "nicht als Nummer 1 auf der Liste". Einigkeit zwischen Union und Grünen bestehe insoweit, als dass Versicherte mehr Entscheidungsfreiheit über Versorgungsangebote erhalten sollen. Zudem müsse man darüber verhandeln, wie das gemeinsame Ziel, die Lohnnebenkosten zu senken, erreicht werden könne. Die vorhandenen Gemeinsamkeiten werden erleichtern, dass das Gesetz nach der erforderlichen Einigung im Vermittlungsausschuss "keine reine rot-grüne Handschrift" tragen wird, so Bender.

Für eine bessere Verständigung

Sager ist ebenfalls davon überzeugt, dass man den kleinen Koalitionspartner bei einer parteiübergreifenden Reform nicht übergehen könne. In einem Interview mit der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 8. Februar) sagte sie, der "Aufschlag bei jeder Reform" komme von Rot-Grün. Die Koalitionspartner müssten sich gemeinsam mit der Union verständigen.

Gegenüber den großen Volksparteien sieht die Fraktionschefin ihre Partei insoweit im Vorteil, als dass sie weniger Rücksicht auf Lobbygruppen nehmen müsse. Einige Reform-Eckpunkte Schmidts seien allerdings noch sehr vage und müssten genauer betrachtet werden. So etwa die Einrichtung des Instituts für Qualität in der Medizin – hier müsse Schmidt noch Genaueres zum Nutzen erklären und ob dieser in einem sinnvollen Verhältnis zu den Kosten stehe.

Von der Rürup-Kommission erwartet Sager Vorschläge, welche Leistungen aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gestrichen und welche steuerfinanziert werden können. Zudem sollte die Kommission Anregungen geben, wie der Versichertenkreis erweitert und die Lohnnebenkosten gesenkt werden können. "Es darf keine Tabus geben", so Sager gegenüber der Berliner Zeitung.

Eine Absage erteilte die grüne Politikerin der Idee, Unfälle künftig privat abzusichern – dies gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei. Der Unions-Vorschlag, Zahnbehandlungen aus der GKV auszunehmen, werde bei den Grünen zwar derzeit diskutiert, sie selbst stehe dem jedoch skeptisch gegenüber.

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